Rechtsmittel ist zugelassen.
Entscheidungsstichwort (Thema)
Versetzungsbegriff i.S.d. BetrVG. sonstiges
Leitsatz (amtlich)
Von der Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs i.S.d. § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG und damit von einer Versetzung i.S.d. BetrVG kann nicht ausgegangen werden, wenn sich die Beziehung des konkreten Arbeitsplatzes zum betrieblichen Umfeld nicht ändert, weil der Betrieb oder ein Betriebsteil selbst räumlich verlegt wird.
Normenkette
BetrVG § 95 Abs. 3 S. 1, § 99
Verfahrensgang
ArbG Bamberg (Beschluss vom 18.02.2004; Aktenzeichen 3 BV 13/03 C) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bamberg/Kammer Coburg vom 18.02.2004, Aktenzeichen: 3 BV 13/03 C, wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Frage, ob der Antragsgegner Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Antragstellers nach § 99 Abs. 1 BetrVG verletzt hat, indem er 174 in der B…-Straße Beschäftigte mit ihren Arbeitsplätzen in das drei Kilometer hiervon entfernte Betriebsgebäude in der C…-Straße verlegt hat und ob diese Maßnahmen rückgängig zu machen sind.
Der Antragsgegner beschäftigt in D… insgesamt 3.600 Mitarbeiter; er unterhält in D… mehrere Betriebsgebäude, unter anderem in der B…-Straße und in der C…-Straße. Im Rahmen einer Betriebsänderung, die die Zusammenfassung verschiedener Tätigkeiten zu „Kundenbetreuungszentren” vorsieht, sind Umbaumaßnahmen in der B…-Straße und – hiermit verbunden – die vollständige Räumung des Gebäudes notwendig geworden. Deshalb hat der Antragsgegner das dort beschäftigte Personal im Juli 2003 in die C…-Straße verlegt. Diese Auslagerung sollte zunächst für einen Zeitraum von neun Monaten erfolgen. Die Arbeitsinhalte der Beschäftigten, die nach wie vor für die gleichen Vorgänge in der Kfz-Haftpflichtversicherung zuständig sind, haben sich hierdurch nicht geändert. Die Gruppen haben ihre bisherige Struktur beibehalten, die Vorgesetzten der Mitarbeiter sind dieselben geblieben. Insgesamt sollen im Bundesgebiet sieben „Kundenbetreuungscenter” des Antragsgegners entstehen. Am 13.11.2003 ist deswegen ein Interessenausgleich zwischen dem Antragsgegner und dem Gesamtbetriebsrat zustande gekommen.
Der Antragsteller sieht in der Verlegung von 174 Mitarbeitern in die C…-Straße mitbestimmungspflichtige Versetzungen, die rückgängig zu machen seien. Zudem sei diese Maßnahme auch eine Betriebsänderung, die ohne zureichende Beteiligung des Antragstellers durchgeführt worden sei.
Das Arbeitsgericht hat die auf Unterlassung von Versetzungen und Arbeitsplatzverlegungen sowie hilfsweise auf Feststellung der Verletzung des sich aus § 99 Abs. 1 BetrVG ergebenden Mitbestimmungsrechts gerichteten Anträge zurückgewiesen, da weder Versetzungen noch eine Betriebsänderung vorlägen. Die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs liege nicht vor. Eine hierunter fallende rechtlich relevante Veränderung des Arbeitsortes sei mit der vorübergehenden Büroverlagerung in die drei Kilometer entfernte C…-Straße nicht gegeben. Für die Annahme einer Änderung der Arbeitsumstände, die für jeden einzelnen Arbeitnehmer gesondert zu prüfen sei, gebe es keine ausreichenden Hinweise. Eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG liege ebenfalls nicht vor. Hierfür stelle zum einen ein Ortswechsel von knapp drei Kilometern keine relevante Verlagerung dar. Zum anderen handele es sich nicht um einen wesentlichen Betriebsteil, da weniger als fünf Prozent der Gesamtbelegschaft von der Maßnahme betroffen sei. Auf den Inhalt des arbeitsgerichtlichen Beschlusses wird, auch hinsichtlich des erstinstanzlichen Beteiligtenvorbringens im Einzelnen, Bezug genommen.
Der Antragsteller verfolgt mit seiner Beschwerde die erstinstanzlich gestellten Anträge weiter. Zur Begründung seiner Beschwerde lässt er vortragen, jeglicher Ortswechsel führe automatisch zu einer Versetzung; das Arbeitsgericht habe dabei eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18.02.1986 (1 ABR 27/84) nicht gewürdigt. Eine relevante Veränderung der Arbeitsumstände liege vor. Diese sei bereits dadurch indiziert, dass für die Pendler eine längere Wegezeit gegeben sei. Von einer Betriebsänderung im Sinne des § 111 Satz 3 Nr. 2 BetrVG sei auszugehen, da der Betrieb über eine Entfernung von drei Kilometern verlegt und somit die Schwelle der Geringfügigkeit überschritten worden sei.
Wegen des Beteiligtenvorbringens im Beschwerdeverfahren im Einzelnen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die gestellten Anträge sind insgesamt unbegründet.
Etwaige Mitbestimmungs- oder Mitwirkungsrechte des Antragstellers, deren Missachtung die begehrten Rechtsfolgen auslösen könnten, sind seitens des Antragsgegners nicht verletzt worden. Die Begründetheit der gestellten Anträge würde – ungeachtet der Prüfung weiterer Erfordernisse – das Vorlieg...