Entscheidungsstichwort (Thema)
Schulungsveranstaltung. Erforderlichkeit. Bevorstehendes Ende des Arbeitsverhältnisses
Leitsatz (redaktionell)
Der Erforderlichkeit einer Schulung für ein Betriebsratsmitglied steht es nicht entgegen, dass das Betriebsratsmitglied in einem befristeten Arbeitsverhältnis steht und und dieses bereits wenige Wochen nach der Schulung endet. Dies gilt zumindest, wenn der Betriebsrat aufgrund der beim Arbeitgeber gegebenen Personalstruktur damit rechnen darf, das Arbeitsverhältnis des Betriebsratsmitglieds werde über das Befristungsende hinaus fortgesetzt.
Normenkette
BetrVG § 37 Abs. 6, § 40 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Beschluss vom 29.11.2006; Aktenzeichen 2 BV 117/06) |
Nachgehend
Tenor
1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 29.11.2006 wird abgeändert.
2. Die Antragsgegnerin wird verurteilt, dem ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden Herrn U. M. die Kosten des Seminars „Von der Einstellung bis zur Kündigung” im Zeitraum vom 10.07. bis 14.07.2006 in R. (Seminarkosten: EUR 1.032,40 (in Worten: Euro eintausendzweiunddreißig 40/100); Hotelkosten EUR 507,68 (in Worten: Euro fünfhundertsieben 68/100); Fahrtkosten: EUR 95,40 (in Worten: Euro fünfundneunzig 40/100)) zu erstatten.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Seminarkosten.
Die Antragsgegnerin ist eine gemeinnützige Gesellschaft zur Förderung der B. im H.. Der Antragsteller ist der gewählte Betriebsrat bei der Antragsgegnerin. Er ist seit Herbst 2005 im Amt. Betriebsratsvorsitzender war der Beteiligte M.. Daneben gehörten Herr Sch. und Frau Br. dem Betriebsrat an. Das Arbeitsverhältnis mit Herrn Sch. war bis 31.12.2007, das mit Frau Br. bis 31.08.2006 oder 15.09.2006 befristet. Herr M. hatte einen bis 31.08.2006 befristeten Arbeitsvertrag.
Herr M. nahm im April 2006 an einem Betriebsratsseminar mit dem Thema „Einführung in die Betriebsratstätigkeit” teil. Wegen des Inhalts im Einzelnen wird auf die in Kopie vorgelegte Seminarbeschreibung Bezug genommen (Bl. 199 d.A.).
Der Antragsteller beschloss am 22.05.2006, Herrn M. in der Zeit vom 10.07.2006 bis 14.07.2006 an dem Seminar des Instituts zur Fortbildung von Betriebsräten KG (i.F.: ifb) „Von der Einstellung bis zur Kündigung” im M. Hotel in R. teilnehmen zu lassen. Dies wurde der Antragsgegnerin am 13.06.2006 mitgeteilt.
Am 27.06.2006 beantragte Herr M. Reisekostenvorschuss für das Seminar. Die Antragsgegnerin gab den Antrag mit dem Vermerk „nicht genehmigt” zurück.
Herr M. nahm an dem Seminar teil und zahlte die Seminarkosten in Höhe von 1.032,40 EUR sowie die Hotelkosten in Höhe von 540,00 EUR.
Die Antragsgegnerin lehnt die Übernahme der anlässlich des Seminars entstandenen Kosten ab.
Der Antragsteller leitete am 24.08.2006 das vorliegende Verfahren ein.
Das Arbeitsgericht wies den Antrag mit Beschluss vom 29.11.2006 zurück. Der Beschluss wurde dem Antragsteller am 14.12.2006 zugestellt.
Der Antragsteller legte dagegen am 09.01.2007 Beschwerde ein und begründete sie am 22.03.2007 innerhalb der verlängerten Begründungsfrist.
Der Antragsteller macht geltend, die Teilnahme an dem Seminar sei erforderlich gewesen.
Er trägt vor, bis auf eine Verwaltungsfachangestellte seien alle Arbeitnehmer bei der Antragsgegnerin befristet eingestellt gewesen. Diese Befristungen erfolgten, weil die Antragsgegnerin Maßnahmen anbiete, für die jeweils im Vorfeld die Finanzierung gesichert werden müsse.
In den vergangenen Jahren sei es stets so gewesen, dass die Verlängerung der Arbeitsverträge bzw. ein Neuabschluss erst wenige Tage vor Auslaufen der Verträge erfolgt sei.
Das Auslaufen von Befristungen zum 31.08.2006 bzw. 15.09.2006 habe ca. 19 von 24 Arbeitnehmer betroffen.
Der Antragsteller führt aus, die Antragsgegnerin habe bereits in einer Betriebsratssitzung am 04.04.2006 mitgeteilt, dass die Zahlen der Kursteilnehmer rückläufig seien und für den einen oder anderen Mitarbeiter eine Weiterbeschäftigung nicht mehr werde ermöglicht werden können. Der Standort N./A. habe aufgegeben und die dortigen Teilnehmer über A. mit versorgt werden sollen. Die Antragsgegnerin habe in der ersten Maihälfte 2006 in Teamsitzungen und in der Betriebsversammlung mitgeteilt, dass es zu Personalabbau und Gehaltskürzungen kommen werde. In der „großen Teamsitzung” vom 08.06.2006 sei dieses Thema als TOP 2 behandelt worden. Insoweit wird auf das in Kopie vorgelegte Protokoll über die Teamsitzung vom 08.06.2006 Bezug genommen (Bl. 88/89 d.A.).
Der Antragsteller trägt vor, aufgrund des anstehenden Personalabbaus habe er sich entschlossen, sich durch eine Schulung hinsichtlich seiner Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte zu informieren. Seit seinem Bestehen habe die Antragsgegnerin etwa 20 bis 30 personelle Maßnahmen durchgeführt, die nach § 99 BetrVG beteiligungspflichtig gewesen wären, ohne ihn, den Antragsteller, zu beteiligen oder zu informieren. So sei im ersten Halbjahr 2006 Frau Bu. neu eingestellt und b...