Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstreckung eines Prozesskostenhilfeantrags auf einen Mehrvergleich
Leitsatz (amtlich)
Ohne ausdrücklichen oder konkludenten Antrag kann Prozesskostenhilfe nicht auf einen Mehrvergleich erstreckt werden. Übersieht das Arbeitsgericht den Antrag und entscheidet erkennbar abschließend über die Prozesskostenhilfe muss fristgerecht entsprechend § 321 ZPO Beschlussergänzung beantragt werden.
Normenkette
ZPO § 114 Abs. 1 S. 1, § 321; GKG § 66 Abs. 2, § 68 Abs. 1; RVG § 32 Abs. 2; ZPO § 139
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 08.04.2020; Aktenzeichen 5 Ca 4069/19) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägerinvertreters vom 15.05.2020 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 08.04.2020, Az.: 5 Ca 4069/19, wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Klägerin war bei der Beklagten als Verkäuferin beschäftigt. Mit ihrer Klage vom 31.07.2019, erhoben vor der Rechtsantragstelle des Arbeitsgerichts Mainz, Kammer Bad Kreuznach, wandte sie sich gegen eine Kündigung der Beklagten vom 27.07.2019 und machte den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 31.08.2019 geltend. Mit Schriftsatz vom 26.08.2019 zeigte sich Rechtsanwalt B... als Prozessbevollmächtigter für die Klägerin an und beantragte unter Aufrechterhaltung des bisherigen Klageantrags Prozesskostenhilfe für die Klägerin für das Klageverfahren. Weiterhin schrieb er: "...Rein vorsorglich beantrage ich für den Fall, dass nicht rechtshängige Streitgegenstände geregelt werden, die nachgesuchte PKH auf die Terminsgebühr, sowie die Einigungsgebühr und die Differenzverfahrensgebühr zu erstrecken." (Bl. 19 d. A.). Mit Beschluss vom 09.12.2019 wurde der Klägerin Prozesskostenhilfe für die erste Instanz unter Festsetzung von Raten bewilligt.
Unter dem 30.12.2019 bat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin einen Vergleich durch Beschluss festzustellen (vgl. Bl. 44 f. d. A.). Des Weiteren beantragte er Streitwertfestsetzung und regte an, den Streitwert auf 2.367,86 € und den überschießenden Vergleichsmehrwert auf 7.734,72 € festzusetzen. Dabei legte er ein Bruttomonatsgehalt für das im Vergleich geregelte Arbeitszeugnis, ein Bruttomonatsgehalt für die Verpflichtung, Vorwürfe nicht aufrecht zu erhalten, 500,- € für die Arbeitsbescheinigung sowie für die Regelung von Urlaubsabgeltung und Überstundenvergütung 3.056,14 € an. Mit Beschluss vom 03.01.2020 stellte das Gericht fest, dass ein gerichtlicher Vergleich mit dem von den Parteien vorgeschlagenen Inhalt zustande gekommen ist und setzte den Wert des Streitgegenstands für das Verfahren auf 2.378,25 € und den überschießenden Vergleichswert auf 2.297,90 € fest. Mit Schriftsatz vom 24.01.2020 legte der Klägerinvertreter Erinnerung ein und bat um Abänderung des Streitwertbeschlusses entsprechend der Ausführungen im Schriftsatz vom 30.12.2019. Mit Beschluss vom 25.02.2020 setzte das Gericht den überschießenden Vergleichswert schließlich auf 5.354,36 € fest.
Unter dem 13.01.2020 hatte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin sofortige Beschwerde gegen den Bewilligungsbeschluss vom 09.12.2019 mit dem Ziel der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ohne Raten eingelegt.
Mit Beschluss vom 14.01.2020 (Bl. 52 d.A.) half das Arbeitsgericht Nürnberg der sofortigen Beschwerde ab und bewilligte Prozesskostenhilfe ohne Raten.
Der Klägerinvertreter beantragte mit Schriftsatz vom 04.03.2020 Gebühren und Auslagen festzusetzen unter Einschluss der Einigungsgebühr für den Mehrvergleich. Dies lehnte die Rechtspflegerin unter Hinweis auf die mangelnde Bewilligung der Prozesskostenhilfe für einen Mehrvergleich ab. Mit Schreiben vom 07.04.2020 nahm der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zum Schreiben der Rechtspflegerin Stellung und beantragte, die Gewährung der Prozesskostenhilfe auf den Vergleichswert zu erstrecken.
Mit Beschluss vom 08.04.2020 wies das Erstgericht den Antrag der Klägerin vom 03.04.2020 zurück. Die Anhängigkeit des gestellten Antrags auf Prozesskostenhilfe auch für den Mehrvergleich sei durch Entscheidung über den Antrag entfallen. Über den Antrag sei vollständig entschieden worden, eine Erstreckung auf den Mehrvergleich sei nicht erfolgt. Der in diesem Fall erforderliche Antrag auf Beschlussergänzung sei nicht fristgerecht gestellt worden.
Mit Schriftsatz vom 15.05.2020 erhob der Prozessbevollmächtigte der Klägerin gegen den Beschluss vom 08.04.2020 sofortige Beschwerde. Er macht geltend, es sei nicht haltbar, dass das Arbeitsgericht angeblich mit der Entscheidung nur Prozesskostenhilfe zu gewähren, eine abschließende Entscheidung getroffen habe. Zum Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe sei die später gefundene Einigung noch nicht zustande gekommen gewesen. Somit habe es auch noch keinen Vergleichsmehrwert gegeben und die Frage der Erstreckung der Prozesskostenhilfe habe sich noch nicht gestellt. Demnach sei seitens des Arbeitsgerichts lediglich der Beschluss vom 14.01.2020 erfolgt, wonach Prozesskostenhilfe nach entsprechender sofortiger Beschwerde ohne Ratenzahlung gewährt worden sei. Auch dieser Bes...