Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderungskündigung. Altersteilzeitverhältnis
Leitsatz (redaktionell)
1. Die ernsthafte Aufgabe einer betrieblichen Tätigkeit bzw. die organisatorische Umverteilung bestimmter Arbeitsinhalte können eine betriebsbedingte Kündigung derjenigen Arbeitnehmer rechtfertigen, die bislang mit den entsprechenden Aufgaben befasst waren.
2. Entfällt der Arbeitsplatz eines Arbeitnehmers aus solchen organisatorischen Gründen, hält der Arbeitgeber jedoch aus Fürsorgegesichtspunkten „Resttätigkeiten” für den Arbeitnehmer aufrecht, so kann dies nicht die Unwirksamkeit der Kündigung rechtfertigen. Der Arbeitgeber kann eine eigentlich nicht erforderliche Position – befristet – bestehen und erst zeitlich später entfallen lassen.
3. Das Änderungsangebot des Arbeitgebers in diesem Fall das bisherige Arbeitsverhältnis als Altersteilzeitverhältnis fortzuführen ist dann weder unzumutbar noch unverhältnismäßig.
Normenkette
KSchG §§ 2, 1 Abs. 2; BetrVG § 102; BGB § 623; AltTZG § 8 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Bamberg (Urteil vom 19.06.2008; Aktenzeichen 1 Ca 15/07) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Bamberg vom 19.06.2008, AZ: 1 Ca 15/07 in Ziffern 2 und 3 abgeändert.
2. Die Klage wird abgewiesen, soweit sie gegen die Kündigung der Beklagten vom 28.06.2007 zum 30.06.2008 gerichtet ist.
3. Die Kosten der 1. Instanz werden gegeneinander aufgehoben; die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren (noch) um die Wirksamkeit der Änderungskündigung vom 28.06.2007.
Der Kläger, geb. am 05.05.1945, war seit 1978 bei der Beklagten (Dienstsitz: B./H.) mit der Tätigkeit als Projektleiter-Datenverarbeitung und einer Bruttomonatsvergütung von zuletzt ca. EUR 6.500,– beschäftigt. Dem Anstellungsverhältnis lag ein sog. AT-Arbeitsvertrag vom 04.07.1978 (Bl. 4 ff. d.A.) zugrunde. Bei der Beklagten fanden in den deutschen Werken beginnend im Jahr 2006 Organisationsveränderungen im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung statt. Die daraus resultierenden Auswirkungen auf den klägerischen Arbeitsbereich waren zwischen den Parteien streitig. Nachdem eine einvernehmliche Regelung über den weiteren Inhalt des Arbeitsverhältnisses nicht zu erzielen war, erklärte die Beklagte dem Kläger eine 1. Änderungskündigung vom 28.12.2006 zum 31.12.2007 (umgedeutet) aus betriebsbedingten Gründen. Nachdem der Kläger Kündigungsschutzklage mit mehreren Einwendungen gegen die Wirksamkeit der Kündigung erhoben hatte, erklärte die Beklagte eine weitere Änderungskündigung vom 28.06.2007 zum 30.06.2008 (Bl.107 d.A.) aus betrieblichen Erfordernissen und bot ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Wege einer Altersteilzeitvereinbarung (ATZ-V, Bl. 129 ff. d.A.) an.
Der Kläger hat zu beiden Änderungskündigungen keine Vorbehaltsannahme erklärt. Gegen die 2. Änderungskündigung ist er im Wege der Klageerweiterung der bereits erhobenen Kündigungsschutzklage vorgegangen.
Dazu hat das Arbeitsgericht Bamberg mit Endurteil vom 19.06.2008 dahingehend erkannt, dass die Kündigungen der Beklagten vom 28.12.2006 und 28.06.2007 das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst haben. Nach Auffassung des Erstgerichts war die erstgenannte Kündigung schon deshalb unwirksam, weil die Betriebsratsanhörung fehlerhaft gewesen sei. Für die Kündigung vom 28.06.2007 lägen zwar keine formellen Fehler vor, allerdings mangele es an der sozialen Rechtfertigung dieser Kündigung. Die von der Beklagten behauptete Aufgabenverdichtung der 3 Arbeitsplätze in der Datenverarbeitung (DV) auf nur noch zwei Einheiten sei in der konkreten Realisierung nicht hinreichend dargelegt, im Übrigen in der Sache widersprüchlich, weil die Beklagte durch das Angebot der ATZ-V und der zugehörigen Aktivphase selbst erkennen lasse, dass für den Kläger noch ein Beschäftigungsbedarf bestehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum erstinstanzlichen Vorbringen der Parteien, der dortigen Antragstellung und den Gründen des Ersturteils wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe verwiesen.
Gegen das Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte – teilweise – Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt:
Gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts zur 1. Änderungskündigung wende sich die Beklagte nicht mehr.
Unrichtig habe das Erstgericht jedoch die Wirksamkeit der Änderungskündigung vom 28.06.2007 verneint. Dafür würden hinreichende betriebliche Erfordernisse aufgrund des Unternehmenskonzepts „T.” vorliegen. In dessen Ausführung habe die zuständige Werkleitung beschlossen den DV-Bereich zu restrukturieren. Aufgrund dieser Maßnahmen sollte der klägerische Arbeitsbereich eine wesentliche Veränderung erfahren. Mehrere Teilaufgaben (OSI/Informationsmanager B. Kr.; Projektkoordination Bad Kr./B.; Auswertungen Individuelle Datenverarbeitung [IDV]) sollten in wesentlichen Teilen entfallen, andere (OSI/Informationsmanager B.)...