Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebszugehörigkeit. Betriebsübergang. Aufhebungsvertrag. Kündigung
Leitsatz (amtlich)
Schließt der Insolvenzverwalter eines insolventen Betriebes mit sämtlichen Arbeitnehmern Aufhebungsverträge mit geringen Abfindungen (hier: 20 % eines Monatsgehaltes) und werden die Arbeitnehmer unmittelbar im Anschluss an den vereinbarten Ausscheidenszeit punkt von einem Betriebsübernehmer wieder eingestellt, so ist die bisherige Betriebszugehörigkeit trotz des Aufhebungsvertrages im neuen Beschäftigungsverhältnis anzurechnen.
Normenkette
BGB §§ 622, 613a
Verfahrensgang
ArbG Bayreuth (Urteil vom 30.09.2004; Aktenzeichen 3 Ca 393/04 H) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Bayreuth, Kammer Hof, vom 30.09.2004, Az. 3 Ca 393/04 H, wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Länge der Kündigungsfrist anlässlich einer Arbeitgeberkündigung.
Der am 29.07.1969 geborene Kläger war seit 01.09.1985 bei der Firma B… als Kfz-Mechaniker beschäftigt. Diese Firma meldete Insolvenz an. Der Insolvenzverwalter schloss mit dem Kläger wie mit allen anderen Arbeitnehmern am 17.01.2000 einen Aufhebungsvertrag mit Wirkung zum 29.02.2000. Die Arbeitnehmer erhielten eine Abfindung in Höhe von 20% ihres Januargehaltes. Der Kläger schloss wie die anderen Arbeitnehmer am 01.03.2000 einen neuen Arbeitsvertrag mit der Beklagten. Er arbeitete an seinem bisherigen Arbeitsplatz weiter. Der Kläger bezog zuletzt ein Arbeitsentgelt in Höhe von etwa 1.700,– brutto.
Die Beklagte, die in der Zwischenzeit umfirmiert hat, kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 25.02.2004 mit Wirkung zum 31.03.2004.
In seiner am 17.03.2004 beim Arbeitsgericht Bayreuth erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Beklagte habe die Kündigungsfrist nicht eingehalten. Zu berücksichtigen sei eine Betriebszugehörigkeit seit 1985, so dass das Arbeitsverhältnis bis 31.05.2004 bestehe. Die Beklagte habe den bisherigen Beschäftigungsbetrieb zum 01.03.2000 im Rahmen eines Betriebsübergangs übernommen. Trotz des mit dem Insolvenzverwalter geschlossenen Aufhebungsvertrags sei die beim vorherigen Arbeitgeber zurückgelegte Betriebszugehörigkeit für die Kündigungsfrist zu berücksichtigen.
Der Kläger hat im Verfahren vor dem Arbeitsgericht daher zuletzt folgenden Antrag gestellt:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 25.02.2004 nicht mit Ablauf des 31.03.2004, sondern erst mit Ablauf des 31.05.2004 endet.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat eingewandt, die Betriebszugehörigkeitszeit bei der Vorgängerfirma sei nicht zu berücksichtigen, da der Kläger bei dieser durch Aufhebungsvertrag mittels Abfindungszahlung ausgeschieden sei. Ein Betriebsübergang habe nicht stattgefunden.
Der Kläger hat eingewandt, es seien damals sämtliche sachlichen und immateriellen Betriebsmittel auf den neuen Arbeitgeber übergegangen. Der Kfz-Reparaturbetrieb sei mit unveränderter Personalstärke ohne Unterbrechung fortgeführt worden. Der Abschluss des Aufhebungsvertrages stehe der Anrechnung der Betriebszugehörigkeit nicht entgegen, zumal die Arbeitnehmer diesen nur in Ansehung des Betriebsübergangs abgeschlossen hätten; sie hätten zum Teil sogar auf die Einhaltung der Kündigungsfrist verzichtet, was ohne die in Aussicht stehende Fortführung nicht sinnvoll gewesen wäre.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Abschluss des Aufhebungsvertrages habe das Arbeitsverhältnis beendet. Zum Zeitpunkt dieses Abschlusses sei für den Insolvenzverwalter nicht erkennbar gewesen, dass eventuell ein Betriebsübergang in Betracht kommen könnte. Eine objektive Gesetzesumgehung liege nicht vor, zumal eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen nicht eingetreten sei.
Das Arbeitsgericht Bayreuth hat der Klage mit Endurteil vom 30.09.2004 in vollem Umfang stattgegeben. Das Arbeitsgericht hat dies im Wesentlichen damit begründet, zwischen dem Arbeitsverhältnis zur Vorgängerfirma und demjenigen zur Beklagten habe ein enger sachlicher Zusammenhang bestanden. Es sei von einem Betriebsübergang auszugehen. Die rechtliche Unterbrechung durch den Aufhebungsvertrag sei daher unschädlich.
Das Endurteil des Arbeitsgerichts ist den Beklagtenvertretern ausweislich ihres Empfangsbekenntnisses am 08.10.2004 zugestellt worden (Bl. 75 d.A.). Die Beklagte hat mit Schriftsatz ihrer Vertreter vom 02.11.2004, beim Landesarbeitsgericht eingegangen 03.11., Berufung eingelegt und ihre Berufung gleichzeitig begründet.
Die Beklagte hat sich in der Berufung darauf gestützt, das Bundesarbeitsgericht habe im Urteil vom 10.12.1998, AP Nr. 185 zu § 613a BGB, entscheidend darauf abgestellt, dass ein Aufhebungsvertrag nur dann wegen objektiver Gesetzesumgehung nichtig sei, wenn er lediglich die Beseitigung der Kontinuität des Arbeitsverhältnisses bei gleichzeitigem bekannten Erhalt des Arbeitsplatzes bezwecke. Diesem Zweck diene der Aufhebun...