Entscheidungsstichwort (Thema)
sonstiges. Vergütungsabrede. Tariflicher Stundenlohn. Auslegung einer Lohnabrechung
Leitsatz (redaktionell)
Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien nicht ausdrücklich einen Stundenlohn, so steht dem Arbeitnehmer die tarifliche Vergütung mit den jeweils aktuellen Stundenlöhnen zu, wenn in den Lohn- und Gehaltsabrechnungen des Arbeitnehmers der Lohn ausdrücklich als „Tariflohn” bezeichnet wird und ihm in der Vergangenheit stets eine Vergütung gezahlt wurde, die einer bestimmten Lohngruppe des anwendbaren Tarifvertrags mit den jeweils geltenden Stundenlöhnen entsprach.
Normenkette
TVG § 1 Abs. 1; BGB § 611 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Urteil vom 18.12.2002; Aktenzeichen 2 Ca 6179/02) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufungen des Klägers und der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 18.12.2002 – Az.: 2 Ca 6179/02 – werden zurückgewiesen.
2. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 14/19, die Beklagte 5/19.
3. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen. Für den Kläger wird die Revision nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Berechtigung der Einstellung einer Zahlung einer freiwilligen Leistungszulage, um Zahlung eines erhöhten Tariflohnes und um die Zahlung einer tariflichen Einmalzahlung.
Der Kläger ist seit 10.02.1964 bei der Beklagten beschäftigt. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag existiert nicht. Neben seiner Grundvergütung wurde dem Kläger eine freiwillige Zulage von DM 450,– entspricht EUR 230,08 bezahlt.
Im Schreiben vom 28.06.2002 (Bl. 3 d.A.) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass es erforderlich sei, Kosten einzusparen und daher mit Wirkung per Juni 2002 die dem Kläger gewährte freiwillige Zulage nicht nicht zur Auszahlung gebracht und diese zukünftig hin bis zur Beendigung der Sanierungsmaßnahme einbehalten würde.
Gegen den Einbehalt für Juni 2002 wandte sich der Kläger mit Klage vom 10.07.2002.
In der hierauf erfolgten Klageerwiderung vom 21.10.2002 führte die Beklagte unter anderem aus,
die Vergütung habe sich in der Vergangenheit an den tariflichen Vorgaben gemäß dem Tarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Druckindustrie orientiert, ohne dass dieser Tarifvertrag ausdrücklich in Bezug oder durchgängig angewandt worden sei. Die Vergütung des Klägers setzt sich wie folgt zusammen:
Stundenlohn gemäß Lohngruppe V |
EUR |
14,03 |
übertarifliche Stundenbezahlung |
EUR |
2,19 |
freiwillige Zulage |
EUR |
230,08 |
vermögenswirksame Leistungen |
EUR |
26,29. |
Mit Wirkung ab Monat 06/2022 sei die freiwillige Zulage in Höhe von EUR 230,08 gestrichen worden.
Soweit der Beklagte (gemeint wohl: der Kläger) vortrage, dass diese Zulage fester Bestandteil sei und deshalb einer Kürzung nicht zugängig sei, sei dies unzutreffend. In den Abrechnungen sei die monatliche Vergütung schon immer in der oben genannten Weise aufgesplittet gewesen. Ausdrücklich sei immer auf die Freiwilligkeit der Zulage von zuletzt DM 450,– hingewiesen worden. Exemplarisch wurde auf die Gehaltsmitteilungen aus dem Jahr 1991/1992, resp. 1997/1998 und 04/99 bis 06/00 verwiesen.
Beweis:
Gehaltsmitteilungen über die Erhöhung des Tariflohns 04/1991 ab 04/1992 in Kopie (B 5); Gehaltsmitteilung über die Erhöhung des Tariflohns 01.04.1997/01.04.1998 in Kopie (B 6); Lohndatenblatt Stand 04/1999 bis 06/00–06/01 in Kopie (B 7).
In den Brutto-/Nettoabrechnungen für April und Mai 2002 ist die Lohnart 003 als „freiwillige Zulage” mit EUR 230,08 und die Lohnart 030 als „Tariflohn” benannt. In den Brutto-/Nettoabrechnungen für Juni und Juli 2002 wurde eine freiwillige Zulage nicht mehr aufgeführt, die Lohnart 030 ist als „vereinbarter Lohn” bezeichnet.
In den als Anlage B 5 und B 6 als Gehaltsmitteilungen vorgelegten Unterlagen ist die Gehaltsentwicklung des Klägers unter Bezeichnung einer „Lohngruppe V” von 4/91 bis 7/94 und 4/97 bis 4 (5?)/99, im vorgelegten Lohndatenblatt (Anlage B 7) von 4/99 bis 06/01 nach Lohngruppe, Tarifgruppe, übertariflichen Zulagen und freiwilliger Leistungszulage, im Lohndatenblatt zusätzlich nach Prozenten einer Lohnerhöhung aufgeführt.
Mit Klageerweiterung vom 27.11.2002 machte der Kläger weiterhin geltend Zahlung der freiwilligen Zulage bis November 2002, Zahlung einer tariflichen Lohnerhöhung ab 01.04.2002 (von EUR 14,10 auf EUR 14,50 nach Lohngruppe V) und Zahlung einer tariflichen Einmalzahlung von EUR 43,– geltend.
Am 18.12.2002 erließ das Arbeitsgericht Nürnberg unter dem Aktenzeichen 2 Ca 6179/02 folgendes Endurteil:
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 515,20 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.12.2002 zu zahlen.
- Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu 74 %, die Beklagte zu 26 % zu tragen.
- Der Streitwert wird auf 1.965,68 EUR festgesetzt.
- Die Berufung wird für die Beklagte zugelassen.
Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe dieses dem Kläger am 24.01.2003, der Beklagten am 27.01.2003 zugestellten Endurteils wir...