Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsentgelt
Leitsatz (amtlich)
Verweist ein Tarifvertrag auf das „Gesetz über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall”, fehlt es an einem eigenen Normsetzungswillen der Tarifvertragsparteien. Die Höhe der Entgeltfortzahlung folgt in diesen Fällen aus § 4 Abs. 1 EFZG.
Normenkette
EFZG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Urteil vom 23.09.1997; Aktenzeichen 3 Ca 1213/97 A) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 23.09.1997 – 3 Ca 1213/97 A – wird auf Kosten der Berufungsführerin zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage, ob die Klägerin Entgeltfortzahlung in Höhe von 100 % seines Bruttoverdienstes beanspruchen kann.
Die Klägerin ist seit 14.09.1992 bei der Beklagten gegen einen Stundenlohn von DM 19,13 brutto bei regelmäßig 37,5 Wochenstunden beschäftigt. Aufgrund beiderseitiger Verbandszugehörigkeit findet auf das Arbeitsverhältnis der Manteltarifvertrag für die Säge- und Holzbearbeitungsindustrie, Holzhandlungen und angeschlossenen Betriebe sowie für die Möbelindustrie, die holzverarbeitende Industrie einschließlich Kunststoff Verarbeitung und verwandte Industriezweige in Bayern, gültig ab 01.03.1992/01.04.1992 (im folgenden: MTV), Anwendung.
Der MTV enthält zur Frage der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall u. a. folgende Regelungen:
Ziff. 80
Unabhängig von den hier aufgeführten Regelungen ist der Lohn bzw. das Gehalt bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen aufgrund der bestehenden tariflichen Urlaubsregelung, der Feiertagsgesetze, des Jugendarbeitsschutz-, Mutterschutz- und Schwerbehindertengesetzes sowie aufgrund des Gesetzes über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle und über Änderungen des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung fortzuzahlen; in den Fällen des § 45 SGB V besteht kein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts gegen den Arbeitgeber.
Ziff. 81
Das Arbeitsentgelt gemäß § 2 Ziffer 1 des Gesetzes über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle und über Änderung des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung bemißt sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, den der Arbeitnehmer in den letzten 3 Lohnabrechnungszeiträumen (12 Wochen) vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit erhalten hat. Zwischenzeitliche Tariflohnerhöhungen sind vom Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an zu berücksichtigen.
Die Klägerin war in der Zeit vom 14.10. bis 18.10.1996 an fünf Tagen arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte hat Entgeltfortzahlung in Höhe von 80 % des der Klägerin ohne Krankheit zustehenden Arbeitsentgelts geleistet. Den Differenzbetrag hat die Klägerin mit ihrer am 13.02.1997 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage geltend gemacht. Sie ist der Auffassung, daß die Tarifvertragsparteien im MTV von 1992 die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall konstitutiv geregelt hätten, so daß § 4 Abs. 1 Satz 1 EFZG in der ab 01.10.1996 geltenden Fassung zurücktreten müsse.
Die Klägerin hat beantragt:
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 186,00 brutto zuzüglich 4 % Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 01.11.1996 zu bezahlen.
- Die Berufung wird zugelassen.
Die Beklagte hat beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, daß es sich bei Ziffern 80, 81 des MTV nicht um eine eigenständige Regelung, sondern um eine deklaratorische Verweisung auf die jeweils geltenden gesetzlichen Bestimmungen handelt. Diese würden der Klägerin aber nur eine 80 %ige Vergütungszahlung garantieren, so daß ihr Begehren unbegründet sei.
Das Arbeitsgericht hat mit Endurteil vom 23.09.1997 die Klage abgewiesen und die Berufung dagegen zugelassen. Es hat die Auffassung vertreten, da Ziffer 80 MTV auf die gesetzlichen Bestimmungen verweise, könne ein eigener Rechtssetzungswille der Tarifvertragsparteien nicht angenommen werden. In Ziffer 81 MTV hätten die Tarifpartner lediglich von der gesetzlich eingeräumten Möglichkeit, das Lohnausfallprinzip durch ein Referenzprinzip zu ersetzen, Gebrauch gemacht. Der Lohnfortzahlungsanspruch des Klägers sei daher nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EFZG in der Fassung ab 01.10.1996 auf 80 % des während der Krankheitszeit ausgefallenen Lohnes beschränkt.
Mit der am 30.10.1997 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen und am 11.12.1997 begründeten Berufung – die Berufungsbegründungsfrist war bis 15.12.1997 verlängert worden – verfolgt die Klägerin ihr Verfahrensziel weiter. Wegen ihres Berufungsvorbringens wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 11.12.1997 Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt:
- Auf die Berufung vom 30.10.1997 hin wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 23.09.97, Az.: 3 Ca 1213/97 A, abgeändert.
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 186,– DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 01.11.96 zu zahlen.
- Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Beklagte beantragt:
- Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeits...