Entscheidungsstichwort (Thema)
Einschränkende Auslegung des Art. 82 Abs. 1 DSGVO. Keine Haftung nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO bei reiner Auskunftspflichtverletzung nach Art. 15 DSGVO
Leitsatz (amtlich)
Art. 82 Abs. 1 DS-GVO erfordert haftungsbegründend eine gegen die DS-GVO verstoßende Datenverarbeitung und erfasst somit nicht eine reine Verletzung der Auskunftspflicht nach Art. 15 DS-GVO.
Leitsatz (redaktionell)
Art. 82 Abs. 1 DSGVO ist einschränkend auszulegen. Denn der Verantwortliche oder der Auftragsverarbeiter soll nur Schäden, die einer Person aufgrund einer Verarbeitung entstehen, die mit dieser Verordnung nicht im Einklang steht, ersetzen. Da es sich bei der Frage der Erfüllung der Auskunftsverpflichtung aber um keine Datenverarbeitung im Sinne der Legaldefinition des Art. 4 Nr. 2 DSGVO handelt, scheidet ein Verstoß gegen Art. 15 DSGVO als haftungsrelevante Handlung daher bereits dem Grunde nach aus.
Normenkette
DS-GVO Art. 15 Abs. 1-2, Art. 82; DSGVO Art. 4 Nr. 2, Art. 83 Abs. 5b; DSGVO Erwägungsgrund 146
Verfahrensgang
ArbG Bamberg (Entscheidung vom 11.05.2022; Aktenzeichen 2 Ca 942/20) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Bamberg vom 11.05.2022, Az.: 2 Ca 942/20, in Ziffern 1 bis 3 teilweise abgeändert und zur Klarstellung neu gefasst:
1. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte 24 %, die Klägerin 76 %.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten zuletzt noch über einen Anspruch der Klägerin auf immateriellen Schadensersatz gemäß Art. 82 Abs. 1 DS-GVO wegen Verletzung der Datenauskunftspflicht gem. Art. 15 DS-GVO durch die Beklagte.
Im April 2020 kam es auf Initiative der Beklagten zu Gesprächen über die Aufhebung des seit 10.03.2014 bestehenden Arbeitsverhältnisses der Parteien, welche allerdings letztendlich scheiterten. Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 12.06.2020 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Datenauskunft gemäß Art. 15 Abs. 1 und 3 DS-GVO geltend (vgl. Bl. 17 f. d.A.). Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten lehnte diese Auskunft ab und führte aus, dass die Klägerin ihren Anspruch einklagen möge, wenn sie meine, das Arbeitsverhältnis auf diese Weise fortsetzen zu müssen. Mit Schreiben vom 26.06.2020 erklärte die Klägerin die Eigenkündigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.07.2020. Mit Klage vom 26.11.2020 machte die Klägerin im Anschluss eine Datenauskunft gemäß Art. 15 Abs. 1 DS-GVO sowie einen Anspruch auf Zurverfügungstellung einer Kopie ihrer von der Beklagten verarbeiteten personenbezogenen Daten im Sinne des Art. 15 Abs. 3 DS-GVO geltend. Weiterhin begehrte sie gemäß Art. 82 DS-GVO ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 5.000,00 €, da die Beklagte der Verpflichtung zur Datenauskunft nicht nachgekommen sei. Im weiteren Verfahren wurden durch die Beklagte dann mit Schriftsatz vom 05.01.2021 erstmals Auskünfte über die verarbeiteten personenbezogenen Daten erteilt, wobei die Frage der vollständigen Erfüllung der Datenauskunft zwischen den Parteien streitig geblieben ist.
Erstinstanzlich trug die Klägerin insoweit vor, dass die Beklagte trotz der eindeutigen Aufforderung im Schreiben vom 12.06.2020 bis zuletzt keine auch nur ansatzweise vollständige Auskunft im Sinne des Art. 15 DS-GVO gegeben habe. Auch sei ihr bis zuletzt keine Kopie im Sinne des Art. 15 Abs. 3 DS-GVO zur Verfügung gestellt worden. Sie habe daher gemäß Art. 82 Abs. 1 DS-GVO einen Anspruch auf immateriellen Schadensersatz, wobei insoweit berücksichtigt werden müsse, dass sämtliche Verletzungshandlungen seitens der Beklagten vorsätzlich erfolgt seien.
Die Beklagte trug erstinstanzlich vor, dass sie Daten der Klägerin auf Basis der Rechtsgrundlage des Art. 6 Abs. 1 S.1 b) DS-GVO speichere und verarbeite. Der Klägerin sei im Hinblick auf die Auskunftspflicht auch kein Schaden entstanden. Ansprüche aus der DS-GVO seien ebenso wenig wie das allgemeine Schadensersatzrecht dafür geeignet, den Antragsteller zu bereichern. Es sei ein Schadensausgleichsrecht. Ohne einen Schaden gäbe es auch keinen Anspruch.
Die Klägerin beantragte erstinstanzlich zuletzt die Verurteilung der Beklagten zur Auskunft gem. Art. 15 DS-GVO, der Zurverfügungstellung einer Kopie dieser Daten, der Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von mindestens 14.400,00 € wegen Mobbings sowie eines angemessenen Schmerzensgeldes von mindestens 5.000,00 € auf Grund der nicht vollständigen Auskunftserteilung.
In dem Rechtsstreit erging bereits zuvor am 06.08.2021 ein inzwischen rechtskräftiges Teilurteil, wonach die Beklagte dazu verurteilt wurde, an die Klägerin als Urlaubsabgeltung 6.189,22 € zu zahlen (vgl. Bl. 130 ff. d.A.).
Mit Schlussurteil des Arbeitsgerichts vom 11.05.2022 wurde die Beklagte dazu verurteilt, an die Klägerin 4.000,00 € nebst Zinsen zu zahlen und die Klage im Übrig...