Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmerhaftung bei Herausgabe eines Firmenwagens an früheren Mitarbeiter der insolventen Arbeitgeberin. Schadensersatzklage des Insolvenzverwalters bei unzutreffender Annahme einer Sicherungsübereignung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung sind auch anzuwenden, wenn der Arbeitnehmer ein ihm zu betrieblichen Zwecken überlassenes Fahrzeug nach der eingeräumten Nutzungszeit nicht an den Insolvenzverwalter herausgibt, sondern an einen früheren Mitarbeiter der Schuldnerin, weil er annimmt, das Fahrzeug sei sicherungsübereignet.

 

Normenkette

InsO §§ 80, 82, 50-51; BGB §§ 619a, 254, 276 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 611 Abs. 1, §§ 989-990

 

Verfahrensgang

ArbG Bayreuth (Entscheidung vom 16.05.2014; Aktenzeichen 4 Ca 391/13)

 

Tenor

1. Das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 01.09.2015 wird abgeändert.

2. Das Teilurteil des Arbeitsgerichts Bayreuth - Kammer Hof - vom 16.05.2014 wird in Ziffer 1 abgeändert wie folgt:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.400,00 € zu zahlen. Im Übrigen wird der Zahlungsantrag zurückgewiesen.

3. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

4. Der Beklagte trägt die durch seine Säumnis vom 01.09.2015 entstandenen Kosten. Im Übrigen trägt der Beklagte 1/3 der Kosten des Berufungsverfahrens, der Kläger trägt 2/3.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Q... S... Qualitätssicherung GmbH (i.F.: Schuldnerin).

Der Beklagte war seit 01.01.2009 bei der Schuldnerin aufgrund eines "Arbeitsvertrages zum Ausbildungsdienstverhältnis" als Angestellter im Bereich EDV beschäftigt. Parallel dazu absolvierte der Beklagte in einer Schule in Berlin eine Ausbildungsmaßnahme zum Fachinformatiker für Systemintegration (IHK). Hierfür war er unter Fortzahlung der Vergütung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt.

Dem Beklagten war darüber hinaus ein Firmenfahrzeug überlassen. In diesem Zusammenhang schlossen der Beklagte und die Schuldnerin am 01.12.2010 einen "Vertrag zur Überlassung eines KFZ an einen Mitarbeiter" (Bl. 8 d.A.). Bei dem Fahrzeug handelte es sich um einen Skoda Superb, Baujahr 2010, mit dem amtlichen Kennzeichen xx - xx xxxx. Das überlassene Fahrzeug befand sich im Eigentum der Schuldnerin.

Mit Schriftsatz vom 28.04.2011, der am 03.05.2011 beim Amtsgericht Hof einging, beantragte die AOK Bayern die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin.

Der Bruder des Beklagten, Herr D... S..., war als Fuhrparkleiter bei der Schuldnerin beschäftigt. Aufgrund einer Kündigung des Klägers endete das Arbeitsverhältnis mit Herrn D... S... zum 31.03.2012.

Der Kläger wurde zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt.

Mit Schreiben vom 23.12.2011 forderte der Kläger Frau M... S..., Geschäftsführerin der Schuldnerin, sowie ihren Ehemann, Herrn R... S..., auf, u.a. das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen xx - xx xxxx an ihn herauszugeben.

Am 01.01.2012 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet.

Der Kläger führte den Betrieb der Schuldnerin fort.

Das Ehepaar S... ließ dem Kläger unter dem 24.01.2012 mitteilen, der Skoda sei dem Beklagten gemäß "anliegendem Ausbildungs- und Nutzungsvertrag zur Nutzung überlassen".

Der Kläger kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten. Der Beklagte erhob gegen die Kündigung Klage zum Arbeitsgericht Bayreuth. Das Verfahren wurde unter dem Aktenzeichen 4 Ca 122/12 geführt. Am 26.07.2013 schlossen die Parteien einen Vergleich, wonach das Arbeitsverhältnis zum 31.03.2012 beendet wurde.

Der Kläger machte beim Arbeitsgericht Bayreuth im Verfahren 4 Ca 122/12 im Wege der Widerklage mit Schriftsatz vom 30.04.2013 zunächst die Herausgabe des Fahrzeugs Skoda Superb mit dem amtlichen Kennzeichen xx - xx xxxx sowie das dazugehörige Fahrtenbuch geltend. Das Arbeitsgericht Bayreuth trennte die Widerklage ab und führte sie unter dem Aktenzeichen 4 Ca 391/13 fort.

In der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht stellte der Kläger folgende Anträge:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Wertersatz in Höhe von € 14.000,00 zu zahlen.

2. a) Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft über die Anzahl der seit dem 01.12.2010 mit dem PKW Skoda Superb, Typ 3 T, Baujahr 2010, amtliches Kennzeichen xx-xx xxxx, Fahrzeugidentnummer xxxxxxxxxxxxxxxxxxx privat gefahrene Kilometer zu erteilen.

b) Der Beklagte wird verurteilt, die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskunft an Eides statt zu versichern.

c) Der Beklagte wird verurteilt, die sich nach Erteilung der Auskunft zu errechnenden Pauschale von 0,24 € pro Kilometer Privatfahrt an den Kläger zu zahlen.

Mit Teilurteil vom 16.05.2014 verurteilte das Arbeitsgericht den Beklagten zur Zahlung in Höhe von 13.094,51 € sowie zur Erteilung der beantragten Auskunft.

Das Teilurteil wurde dem Beklagten am 14.06.2014 zugestellt.

Der Beklagte legte gegen das Teilurteil am 04.07.2014 Berufung ein und begründete sie am 06.08.2014.

Der Be...

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