Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsentgelt
Leitsatz (amtlich)
Verweist eine tarifliche Regelung auf die gesetzlichen Bestimmungen, fehlt es an einem eigenen Normsetzungswillen der Tarifvertragsparteien mit der Folge, daß die Arbeitnehmer gemäß § 4 EFZG nur Anspruch auf 80 % Entgelt fort Zahlung haben.
Normenkette
EFZG § 4 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Weiden (Urteil vom 07.07.1997; Aktenzeichen 3 Ca 288/97 A) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Weiden, Kammer Schwandorf, vom 07.07.1997 – 3 Ca 288/97 A – wird auf Kosten des Berufungsführers zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage, ob der Kläger Entgeltfortzahlung in Höhe von 100 % seines Bruttoverdienstes beanspruchen kann.
Der Kläger war bei der Beklagten als gewerblicher Arbeitnehmer beschäftigt. Aufgrund beiderseitiger Verbands Zugehörigkeit findet auf das Arbeitsverhältnis der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer für die Steine- und Erden-Industrie und das Betonsteinhandwerk in Bayern vom 22.04.1993 in der ab 01.01.1993 gültigen Fassung (im folgenden: MTV) Anwendung.
Der MTV enthält zur Frage der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall u. a. folgende Regelungen:
50. Krankheit
Wenn der Arbeitnehmer infolge unverschuldeter Krankheit oder infolge eines Betriebsunfalles in seiner Arbeitsleistung verhindert ist, gelten die Bestimmungen des Lohnfortzahlungsgesetzes vom 27.07.1969, wobei die Erkrankung unverzüglich dem Arbeitgeber anzuzeigen und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab dem ersten Krankheitstag vorzulegen ist. Die Errechnung des fortzuzahlenden Arbeitsentgeltes erfolgt gemäß Ziff. 104.
Erhält der Arbeitnehmer Lohnfortzahlung, ist ab dem 1.7.91 der Sozialversicherungsausweis unverzüglich beim Arbeitgeber zu hinterlegen.
51. Betriebsunfall
Bei schweren Betriebsunfällen ist der Arbeitgeber verpflichtet, ab der 7. Woche der Arbeitsunfähigkeit den Unterschiedsbetrag zwischen dem Verletztengeld und dem Nettoverdienst bis zu weiteren 4 Wochen zu gewähren. Dies gilt jedoch nicht bei Wegeunfällen, soweit sie nicht im Rahmen der betrieblichen Arbeitszeit und Arbeitstätigkeit sich ereignet haben.
Ein Rechtsanspruch auf Vergütung besteht nicht, wenn der Unfall durch Übertretung der Unfallverhütungsvorschriften oder durch eigenes Verschulden herbeigeführt worden ist.
Der Arbeitnehmer, dem aus einem Unfall oder einer Krankheit Haftpflichtansprüche gegen einen Dritten zustehen, hat diese Ansprüche an den Arbeitgeber auf dessen Verlangen insoweit abzutreten, als der Arbeitgeber ihm Leistungen anläßlich des Unfalles oder der Krankheit gewährt.
Der Kläger war im November und Dezember 1996 arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte hat Entgeltfortzahlung in Höhe von 80 % des dem Kläger, wenn er nicht krank gewesen wäre, zustehenden Arbeitsentgelts geleistet. Die Differenzbeträge hat der Kläger mit seiner am 12.02.1997 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, daß die Tarifvertragsparteien im MTV von 1993 die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall konstitutiv geregelt hätten, so daß § 4 Abs. 1 Satz 1 EFZG in der ab 01.10.1996 geltenden Fassung zurücktreten müsse.
Der Kläger hat beantragt:
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 659,60 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem Nettobetrag seit dem 06.12.1996 zu zahlen.
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 446,20 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem Nettobetrag seit dem 09.01.1997 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, daß es sich bei Nrn. 50, 51 des MTV nicht um eine eigenständige Regelung, sondern um eine deklaratorische Verweisung auf die jeweils geltenden gesetzlichen Bestimmungen handle. Diese würden dem Kläger aber nur eine 80 %ige Vergütungszahlung garantieren, so daß sein Begehren unbegründet sei.
Das Arbeitsgericht hat mit Endurteil vom 07.07.1997 die Klage abgewiesen und die Berufung dagegen zugelassen. Es hat die Auffassung vertreten, da Nr. 50 MTV auf die gesetzlichen Bestimmungen verweise, könne ein eigener Rechtssetzungswille der Tarifvertragsparteien nicht angenommen werden. Der Lohnfortzahlungsanspruch des Klägers sei daher nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EFZG in der Fassung ab 01.10.1996 auf 80 % des während der Krankheitszeit ausgefallenen Lohnes beschränkt.
Mit der am 17.09.1997 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen und am 11.11.1997 begründeten Berufung – die Berufungsbegründungsfrist war bis 17.11.1997 verlängert worden – verfolgt der Kläger sein Verfahrensziel weiter. Wegen seines Berufungsvorbringens wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 17.09.1997 Bezug genommen.
Der Kläger beantragt:
- Auf die Berufung vom 17.09.97 hin wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Weiden, Kammer Schwandorf, Gerichtstag Amberg, vom 07.07.97, Az.: 3 Ca 288/97 A, abgeändert.
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 659,60 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 06....