Entscheidungsstichwort (Thema)
Abhilfeverfahren. Prüfungsumfang. Nachprüfung. Prozesskostenhilfe. Keine Prüfungskompetenz bzgl. der Zulässigkeit der Beschwerde im Abhilfeverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 19.07.2006 – 2 AZB 18/06) erstreckt sich der Umfang der Prozessvollmacht und damit auch die Zustellungsbevollmächtigung auch auf die nachträgliche Überprüfungder persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisses der Prozesskostenhilfe nach § 120 Abs. 2 ZPO, wenn die Partei den Prozesskostenhilfeantrag nicht selbst gestellt hat, sondern dieser durch ihren Prozessbevollmächtigten gestellt wurde.
2. Im PKH-Änderungsverfahren von § 120 Abs. 4 ZPO besteht keine Befugnis des Rechtspflegers, dem Rechtsmittel nicht abzuhelfen allein mit der Begründung, es sei nicht binnen Monatsfrist (§ 127 Abs. 2, S. 1 i.V.m Abs. 3 S. 1 ZPO) eingelegt. Gemäß § 572 Abs. 2, 1. Halbsatz ZPO hat das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, der Beschwerde abzuhelfen, soweit es sie für „begründet” erachtet. Entscheidungen in PKH-Sachen erwachsen grundsätzlich nicht in Rechtskraft. Dagegen hat nach § 572 Abs. 2 ZPO allein das Beschwerdegericht zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt wurde.
Normenkette
ZPO § 120 Abs. 4, § 572 Abs. 1-2
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Beschluss vom 27.02.2009; Aktenzeichen 4 Ca 1475/07) |
ArbG Mainz (Beschluss vom 02.02.2009; Aktenzeichen 4 Ca 1475/07) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers vom 23.02.2009 wird der Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 27.02.2009 – 4 Ca 1475/07 – aufgehoben.
2. Das Verfahren wird an das Arbeitsgericht Mainz zur erneuten Entscheidung über eine Abhilfe der Beschwerde zurückverwiesen.
3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Mit Beschluss vom 27.08.2007 bewilligte das Arbeitsgericht Mainz dem Kläger ab dem 18.07.2007 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. Y.
Mit Schreiben vom 27.08.2008 forderte der Rechtspfleger des Arbeitsgerichts den Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten auf, möglichst umgehend seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse darzulegen und geeignete Nachweise über Einnahmen und Ausgaben beizufügen zwecks Prüfung des Gerichts, ob sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen und wirtschaftlichen Umstände wesentlich geändert hatte. Nachdem der Prozessbevollmächtigte des Klägers mitgeteilt hatte, er verfüge nicht über eine neue Adresse des Klägers, holte das Arbeitsgericht eine einfache Melderegisterauskunft ein und teilte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers die neue Adresse des Klägers (C-Straße, Bad Kreuznach) mit. Da im Folgenden trotz Aufforderung keine Reaktion des Klägers erfolgte, hat der Rechtspfleger mit Beschluss vom 02.12.2008 den früheren Bewilligungsbeschluss vom 27.08.2007 aufgehoben.
Gegen diesen am 04.12.2008 zugestellten Beschluss hat der Kläger mit einem am 25.02.2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trug er vor, dass er im November 2007 umgezogen sei und die entsprechenden Schreiben des Gerichts daher erfolglos an seine alte Anschrift gesendet worden seien. Ferner teilte der Beschwerdeführer mit, er lebe nunmehr mit seiner Lebensgefährtin zusammen und sie hätten ein gemeinsames Konto. Ein Auszug dieses Kontos für den Zeitraum vom 17.11.2008 bis 05.02.2009 legte der Beschwerdeführer seinem Schreiben bei.
Mit Beschluss vom 27.02.2009 hat der Rechtspfleger der sofortigen Beschwerde des Beschwerdeführers nicht abgeholfen und hat diese dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung führte er an, das Rechtsmittel sei nicht innerhalb der gesetzlichen Frist der §§ 127 Abs. 2 S. 2 und 3, 569 Abs. 1 S. 1 ZPO eingelegt worden und daher unzulässig.
Entscheidungsgründe
II. Die als sofortige Beschwerde auszulegende Beschwerde des Beschwerdeführers ist gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthaft, wenn auch verfristet.
Gemäß § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO in Verbindung mit § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO ist die sofortige Beschwerde binnen einer Notfrist von einem Monat einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nicht anderes bestimmt ist mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens jedoch mit Ablauf von 5 Monaten nach der Verkündung des Beschlusses, § 569 Abs. 1 S. 2 ZPO. Der dem Beschluss vom 27.08.2007 aufhebende Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 02.10.2008 wurde ausweislich des in den Akten befindenden Empfangsbekenntnisses des Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers am 04.12.2008 zugestellt (Bl. 24 d. A.). Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 19.07.21006 – 3 AZB 18/06) erstreckt sich der Umfang der Prozessvollmacht und damit auch die Zustellungsbevollmächtigung auch auf die nachträgliche Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Prozesskostenhilfe nach § 12...