Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerde, sofortige. Nachprüfungsverfahren. Notfrist. Prozesskostenhilfe. Prozessvollmacht, Umfang der. Verhältnisse, persönliche und wirtschaftliche. Zustellung, an den Prozessbevollmächtigten. Zustellungsbevollmächtigung. unzulässige sofortige Beschwerde
Leitsatz (amtlich)
Der Umfang der Prozessvollmacht erstreckt sich auf die nachträgliche Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Prozesskostenhilfe nach § 120 Abs. 4 ZPO, wenn der Prozesskostenantrag bereits durch den Prozessbevollmächtigten gestellt wurde. In diesen Fällen muss gem. § 172 Abs. 1 ZPO die Zustellung an den Prozessbevollmächtigten erfolgen, um wirksam zu sein. Eine Zustellung direkt an den Kläger darf nur dann erfolgen, wenn der Kläger oder sein Prozessbevollmächtigter dem Gericht die Beendigung des Mandatsverhältnisses mitgeteilt hat.
Normenkette
ZPO § 120 Abs. 4, § 127 Abs. 2 S. 3, § 172 Abs. 1, § 569 Abs. 1 Sätze 1-2
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Beschluss vom 05.06.2009; Aktenzeichen 4 Ca 1341/07) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 05.06.2009 – 4 Ca 1341/07 wird als unzulässig verworfen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beschwerdeführer zu tragen.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung des ihm Prozesskostenhilfe gewährenden Beschlusses.
Das Arbeitsgericht Mainz hat dem Kläger für die von ihm betriebene Entgeltklage Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten ohne Zahlungsbestimmung bewilligt.
Nach Abschluss des Rechtsstreits hat der zuständige Rechtspfleger den Kläger mehrfach pauschal aufgefordert, „die Einkommens- und Vermögensverhältnisse darzulegen und geeignete Nachweise über Einnahmen und Ausgaben beizufügen”. In diesem Zusammenhang hat der Kläger darum gebeten, künftigen Schriftverkehr an ihn selbst und nicht mehr an seinen Prozessbevollmächtigten zu richten. Auf die Bitte des Rechtspflegers um ausdrückliche Mitteilung, ob der Kläger seinen Prozessbevollmächtigten von seinem Mandat entbinden wolle, hat der Kläger nicht reagiert. Mit Beschluss vom 05.06.2009, zugestellt beim Prozessbevollmächtigten des Klägers am 10.06.2009, hat der Rechtspfleger die Prozesskostenhilfebewilligung aufgehoben.
Mit am 13.07.2009 eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger „Widerspruch” gegen den Aufhebungsbeschluss eingelegt. Der Rechtspfleger hat dem von ihm als sofortige Beschwerde ausgelegten Rechtsbehelf mit Verweis auf fehlende Angaben und Belege zu den Vermögensverhältnissen des Klägers nicht abgeholfen und ihn dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II. Der „Widerspruch” ist als sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 05.06.2009 auszulegen. Als solche ist das Rechtsmittel zwar nach den §§ 78 ArbGG, 127 Abs. 2 Satz 2, 567 ff. ZPO statthaft; es ist aber gem. den §§ 127 Abs. 2 S. 3 ZPO, 187, 188 Abs. 2 BGB verfristet und daher als unzulässig zu verwerfen.
Gemäß § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO in Verbindung mit § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO ist die sofortige Beschwerde binnen einer Notfrist von einem Monat einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nicht anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens jedoch mit Ablauf von 5 Monaten nach der Verkündung des Beschlusses, § 569 Abs. 1 S. 2 ZPO. Maßgeblich für den Beginn der Notfrist ist vorliegend nicht der Zugang des Beschlusses beim Kläger sondern die ausweislich des in den Akten befindendlichen Empfangsbekenntnisses am 10.06.2009 erfolgte Zustellung bei dessen Prozessbevollmächtigten. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Beschl. v. 19.07.2006 – 3 AZB 18/06, NZA 2006, 1128; vgl. auch LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 03.04.2009 – 1 Ta 46/09) erstreckt sich der Umfang der Prozessvollmacht und damit auch die Zustellungsbevollmächtigung auf die nachträgliche Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Prozesskostenhilfe nach § 120 Abs. 4 ZPO, wenn der Prozesskostenhilfeantrag – wie hier – bereits durch den Prozessbevollmächtigten gestellt wurde. In diesen Fällen muss gem. § 172 Abs. 1 ZPO die Zustellung an den Prozessbevollmächtigten erfolgen, um wirksam zu sein (vgl. BAG a. a. O.). Eine Zustellung direkt an den Kläger hätte nur dann erfolgen dürfen, wenn der Kläger oder sein Prozessbevollmächtigter dem Gericht die Beendigung des Mandatsverhältnis mitgeteilt hätte. Die bloße Bitte, künftigen Schriftverkehr nicht mehr an den Prozessbevollmächtigten zu richten, ist insoweit nicht ausreichend. Das gilt vor allem vor dem Hintergrund der unbeantworteten Aufforderung des Rechtspflegers, das Ende des Mandatsverhältnisses ausdrücklich mitzuteilen. Die Monatsfrist begann ab dem 11.06.2009 zu laufen und endete mit Ablauf des 10.07.2009. Das erst am 13.07.2009 eingegangene Rechtsmittel war somit verfristet.
Die sofortige Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zu verwerfen. Die Begründetheit des Rechtsmittels war nicht zu pr...