Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitszeitverlängerung. Sperrwirkung. Tarifvertrag. Sperrwirkung durch Tarifvertrag bei Arbeitszeitverlängerung
Leitsatz (redaktionell)
Regelt ein Tarifvertrag abschließend die Fragen der vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung der Arbeitszeit, besteht für die Annahme eines Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG kein Raum mehr.
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Beschluss vom 19.01.2006; Aktenzeichen 2 BV 69/05) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 19.01.2006 – Az. 2 BV 69/05 abgeändert und alle Anträge des Betriebsrates werden zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Unterlassungsbegehrens um die Mitbestimmungsbedürftigkeit der Beschäftigung von Teilzeitmitarbeitern auf der Grundlage eines Tarifvertrages.
Antragsteller und Beteiligter zu 1. ist ein Betriebsrat, (im folgenden: der Betriebsrat), dem 17 Mitglieder angehören und der bei der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2. (im folgenden: die Arbeitgeberin) in deren Niederlassung „X.” errichtet ist.
Zu der Niederlassung gehört auch der Zustellstützpunkt W., bei dem Anfang des Jahres 2005 eine Neubemessung durchgeführt wurde.
Neubemessungen haben den Zweck, eine Veränderung des Personalbedarfes innerhalb eines Zustellstützpunktes oder einer größeren Organisationseinheit festzustellen. In Zustellstützpunkten wie auch in größeren Organisationseinheiten sind immer mehrere Zusteller tätig. Bei einer Veränderung der für die Zustelltätigkeit maßgeblichen Verhältnisse, wie z. B. bei einer Erhöhung der Anzahl der zu versorgenden Haushalte soll durch die Neubemessung der veränderte Personalbedarf ermittelt werden. Hierzu wird innerhalb des Zustellstützpunktes oder der grösseren Organisationseinheit zunächst die Gesamtarbeitszeit ermittelt; hierbei handelt es sich um jene Arbeitsstunden, die zur Bewältigung der Zustelltätigkeiten im Bemessungszeitpunkt innerhalb der Arbeitseinheit notwendig sind. Von der Gesamtarbeitszeit wird sodann die Summe der regelmäßigen durchschnittlichen Wochenarbeitszeit aller im Zustellstützpunkt oder in der größeren Organisationseinheit eingesetzten Zusteller abgezogen, sodass sich anschließend der jeweilige Personalmehr- oder -minderbedarf in der Differenz der Arbeitsstunden widerspiegelt.
Bei der Neubemessung in dem Zustellstützpunkt W. ergab sich ein Personalmehrbedarf von fünf Wochenarbeitsstunden. In diesem Zustellbezirk ist Herr V. als Zusteller mit einer Wochenarbeitszeit von 38,5 Arbeitsstunden eingesetzt; Herr V. erklärte sich bereit, eine wöchentliche Überstunde zu übernehmen. Herr U., der als Teilzeitmitarbeiter in der Briefeingangsverteilung beschäftigt ist, stellte einen Antrag auf Übernahme der verbleibenden vier Wochenstunden (vgl. Bl. 29 d. A.). Anschließend übertrug die Arbeitgeberin diese Wochenstunden als zusätzliche Leistung nach den Regelungen des dritten Teiles des Tarifvertrages Nr. 112 a auf Herrn U., ohne dass vorher die Zustimmung des Betriebsrates eingeholt worden war.
Der Betriebsrat hat darauf hin das vorliegende Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht Mainz eingeleitet. Von einer wiederholenden Darstellung des erstinstanzlichen Beteiligtenvorbringens wird in analoger Anwendung von § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 19.01.2006 (dort S. 3 bis 5 = Bl. 94 – 96 d. A.) Bezug genommen.
Der Betriebsrat hat beantragt,
- der Arbeitsgeberin aufzugeben, es zu unterlassen, Beschäftigte der Eingangsverteilung zusätzlich zu deren Tätigkeit mit Zustelltätigkeiten zu betrauen, ohne dass für diese Zustelltätigkeiten ein mit dem Betriebsrat mitbestimmter Dienstplan vorliegt,
- der Arbeitgeberin aufzugeben, es zu unterlassen, eine Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit anzuordnen, zu vereinbaren, zu dulden oder entgegenzunehmen, solange der Betriebsrat seine Zustimmung hierzu nicht erteilt hat oder die fehlende Zustellung durch den Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist, es sei denn, es liegen Notstandsfälle im Sinne der Rechtsprechung vor, hilfsweise, es zu unterlassen, eine Verlängerung der betrieblichen Arbeitszeit (Überstunden) gemäß dem Tarifvertrag Nr. 112 a zu vereinbaren, soweit diese Vereinbarungen mit Beschäftigten abgeschlossen werden, die nicht Vollzeit bei der Beteiligten zu 1) arbeiten oder der Vertrag unterhalb der Dauer von einem Jahr und bis zur nächsten Bemessung abgeschlossen wird, solange der Betriebsrat seine Zustimmung hierzu noch nicht erteilt hat oder die fehlende Zustimmung durch den Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist, es sei denn, es liegen Notstandsfälle im Sinne der Rechtsprechung vor,
- für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtungen aus Ziff. 1) und 2) wird der Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld bis zu 10.000,00 Euro angedroht,
- die Ant...