Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitnehmerstatus. Rechtsweg
Leitsatz (redaktionell)
Um anzunehmen, dass ein anspruchsbegründendes Rechtsverhältnis ein Arbeitsverhältnis ist, bedarf es der Darlegung, dass der angebliche Arbeitnehmer fachlichen, inhaltlichen Weisungen des vermeintlichen Arbeitgebers unterlag.
Normenkette
ArbGG § 48 Abs. 1, § 78; BGB § 611; GVG § 17a
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Beschluss vom 12.05.2011; Aktenzeichen 6 Ca 131/11) |
Tenor
1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom 12.05.2011, Az. 6 Ca 131/11, wird aufgehoben.
2. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist nicht eröffnet. Der Rechtsstreit wird an das zuständige Amtsgericht Zweibrücken verwiesen.
Tatbestand
I. Die Klägerin war vom 01.06.2010 bis 31.08.2010 zu einem Entgelt von insgesamt 1.200,– EUR als geringfügig Beschäftigte bei der Minijobzentrale gemeldet.
Die Klägerin hat geltend gemacht, ihr Ehemann habe ab Mai 2010 bei der Beklagten in einem Arbeitsverhältnis gestanden. Die Beklagte habe in dieser Zeit einen Auftrag erhalten, eine Testamentsvollstreckung zu betreuen, von der auch kanadische Grundstücke betroffen gewesen seien. Da der Geschäftsführer der Beklagten nicht ausreichend Englischkenntnisse habe, habe der Ehemann der Klägerin angeboten, dass seine Frau dies erledigen könne, die gut Englisch spreche und auch Erfahrung mit Testamentsvollstreckungen habe. Daraufhin sei vereinbart worden, dass sie dies im Rahmen eines Minijobs erledigen solle. Eine Vorstellung ihrerseits bei der Beklagten sei wegen des überschaubaren Umfangs der Tätigkeit nicht vorgesehen gewesen. Sie habe ab Ende Mai 2010 wegen der Zeitverschiebung meist spät abends Emailkorrespondenz verfasst, aber auch mit kanadischen Gesprächspartnern telefoniert. Auf Wunsch von Herrn E. sei als Absender ihr Ehemann genannt worden, obwohl sie die Mails geschrieben habe, was Herrn E. aber bekannt gewesen sei.
Auch sei die Anmeldung bei der Minijobzentrale nicht durch ihren Ehemann manipuliert worden. Dieser habe keinen Zugang zu der Personalbuchhaltung gehabt. Auch für Juli und August 2010 seien jeweils 400,– EUR als Lohn und Gehalt für die Klägerin angewiesen worden, wie dies einer Sammelüberweisung zu entnehmen sei. Auch dies belege, dass ein Arbeitsverhältnis bestanden habe.
Die Beklagte erwidert,
es habe kein Arbeitsvertrag mit der Klägerin bestanden. Die Klägerin habe nie das Büro der Beklagten betreten. Auch habe die Klägerin nie den Auftrag zur Erledigung von Arbeiten für die Gesellschaft erhalten. In der Kanzlei in Z. sei kein Mandat mit englischer bzw. Korrespondenz nach Kanada geführt worden.
Im Oktober 2010 seien Manipulationen an der Lohnbuchhaltung festgestellt worden. Sie gehe davon aus, dass der Ehegatte der Klägerin diese Manipulationen vorgenommen habe.
Soweit Zahlungen an die Klägerin vorliegen würden, handele es sich um Zahlungen auf Honoraransprüche des Ehegatten aus seiner Tätigkeit als freier Mitarbeiter. Dieser sei als Steuerberater freiberuflich vom 01.06.2010 bis 15.08.2010 tätig gewesen.
Der Ehemann der Klägerin habe gebeten, Zahlungen jeweils in Höhe von 400,– EUR mittels Scheck oder Überweisung direkt seiner Frau zukommen zu lassen. Da die Klägerin der Geschäftsführung nicht bekannt sei, sie nie im Büro der Gesellschaft gewesen sei, habe nur ihr Mann die Zahlungen veranlassen können.
Mit Beschluss vom 12.05.2011, Az. 6 Ca 131/11, hat das Arbeitsgericht entschieden, dass das Arbeitsgericht Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – sachlich zuständig sei. Die Klägerin sei Arbeitnehmerin der Beklagten. Zwar fehle es an der Erfüllung der üblichen materiellen Kriterien für die fachliche, zeitliche örtliche und organisatorische Fremdbestimmung der Arbeit. Allein aufgrund der Anmeldung der Klägerin bei der Minijob-Zentrale und der entsprechenden Entgeltzahlungen sei ein Arbeitsverhältnis gewollt gewesen, woran sich die Beklagte festhalten müsse.
Die Beklagte hat gegen diesen ihr am 10.06.2011 zugestellten Beschluss mit Schriftsatz vom 22.06.2011 sofortige Beschwerde eingelegt und verweist insbesondere darauf, dass die Zahlungen nicht für die Klägerin, sondern für deren Ehemann bestimmt gewesen seien.
Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung als zutreffend. Sie habe von zu Hause aus für die Beklagte gearbeitet.
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II. Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist zulässig. Sie ist nach § 48 Abs. 1 ArbGG, § 78 ArbGG, § 17 a Abs. 4 GVG an sich statthaft. Sie wurde auch gem. § 78 ArbGG iVm. § 569 ZPO form- und fristgerecht eingelegt.
Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist nicht eröffnet.
a) Eine Eröffnung des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten folgt vorliegend nicht schon in Anwendung der Grundsätze für sog. sic-non-Fälle. Ein sic-non-Fall liegt vor, wenn der erhobene Anspruch nur auf eine Anspruchsgrundlag...