Entscheidungsstichwort (Thema)
Reisekosten. Kostenfestsetzung
Leitsatz (redaktionell)
Die Hinzuziehung eines in der Nähe ihres Wohn- und Geschäftsorts ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei stellt im Regelfall eine Maßnahme zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nach § 91 Abs. 2 ZPO dar. Eine Partei, die einen Rechtsstreit zu führen beabsichtigt oder selbst verklagt ist und in diesen Belangen ihre Interessen in angemessener Weise wahrgenommen wissen will, wird i.d.R. einen Rechtsanwalt in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsort aufsuchen, um dessen Rat in Anspruch zu nehmen und ihn ggf. auch mit der Prozessführung zu beauftragen.
Normenkette
ZPO § 104
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Beschluss vom 08.05.2003; Aktenzeichen 2 Ca 2150/01) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin ist derBeschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom08.05.2003 – 2 Ca 2150/01 – aufgehoben und teilweise abgeändert:
- Die nach dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 09.12.2002 – 7 Sa 291/02 – von der Klägerin an die Beklagte zu erstattenden Kosten werden auf 937,97 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 27.12.2002 festgesetzt.
- Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
- Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird 495,63 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Gegenstand des Hauptsacheverfahrens zwischen den Parteien war die soziale Rechtfertigung einer Änderungskündigung. Durch rechtskräftiges Urteil vom 09.12.2002 – 7 Sa 291/02 – hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz die Klage der Klägerin gegen die Änderungskündigung abgewiesen und sie verurteilt, die Kosten auch des Berufungsverfahrens zu tragen.
Auf Antrag der Beklagten hat das Arbeitsgericht nach Anhörung der Parteien sodann die von der Klägerin zu erstattenden Kosten auf 442,30 EUR durch Beschluss vom 08.05.2003, hinsichtlich auf dessen Inhalt auf Bl. 249, 250 d.A. Bezug genommen wird, festgesetzt. Es hat dabei die Reisekosten zum Termin am 08.07.2002 statt, wie geltend gemacht, in Höhe von 508,43 EUR, nur mit 12,80 EUR berücksichtigt. Zu diesem ersten von drei Terminen zur mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz war der Hauptbevollmächtigte der Beklagten aus Berlin per Flugzeug angereist; zu den beiden weiteren Terminen hat sich die Beklagte durch Unterbevollmächtigte aus Mainz vertreten lassen.
Gegen den ihr am 10.06.2003 zugestellten Beschluss hat die Beklagte durch am 25.06.2003 beim Arbeitsgericht Mainz eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt.
Sie hat die Beschwerde damit begründet, dass die Zuziehung eines am Wohnort- und Geschäftsort der auswärtigen Partei ansässigen Rechtsanwalts regelmäßig als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig anzusehen sei. Die Beklagte werde von ihnen in sämtlichen Rechtsangelegenheiten anwaltlich vertreten und habe ihren Hauptsitz in Berlin.
Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung und betont, die Hinzuziehung eines auswärtigen Anwalts sei vorliegend nicht erforderlich gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und erweist sich folglich als statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig.
Die sofortige Beschwerde ist auch in der Sache begründet.
Entgegen der Auffassung der Klägerin kann die Beklagte die Kostenfestsetzung nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften der §§ 104 ff., 91 ff. ZPO in der von ihr geltend gemachten Höhe verlangen. Insbesondere musste sie zum ersten Termin zur mündlichen Verhandlung beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz nicht einen Unterbevollmächtigten entsenden, sondern konnte sich von ihrem Hauptbevollmächtigten vertreten lassen. Die dadurch angefallenen Kosten sind unstreitig. Die Beauftragung des in Berlin ansässigen Hauptbevollmächtigten durch die Beklagte stellt eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung im Sinne des § 91 Abs. 2 ZPO dar. Dem lässt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht entgegenhalten, die Beklagte habe sich zur Kostenersparnis eines in Mainz residierenden Rechtsanwalts bedienen müssen. Die Beurteilung der Frage, ob aufgewendete Prozesskosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren, hat sich daran auszurichten, ob eine ständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösenden Maßnahme als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen, die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte zu ergreifen. Sie trifft lediglich die Obliegenheit, unter mehreren gleichgearteten Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen.
Die Hinzuziehung eines in der Nähe ihres Wohn- und Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalts, darauf hat die Beklagte zu Recht hingewiesen, durch einen an einem auswärtigen Gericht...