Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegungslast. Prozesskostenhilfe. Überstunden. fehlende Erfolgsaussicht
Leitsatz (redaktionell)
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und der Landesarbeitsgerichte wird vom Arbeitnehmer, der im Prozess von seinem Arbeitgeber die Bezahlung von Überstunden fordert, verlangt, dass er im Einzelnen darlegt, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten er über die übliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet hat. Bestreitet der Arbeitgeber die Behauptung des Arbeitnehmers, muss der Arbeitnehmer darlegen, welche – geschuldete – Tätigkeit er jeweils an den fraglichen Tagen ausgeführt hat. Er muss ferner eindeutig vortragen, ob die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet wurden oder zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig waren.
Normenkette
ZPO § 114
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Beschluss vom 09.06.2010; Aktenzeichen 3 Ca 2356/09) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 9. Juni 2010, Az.: 3 Ca 2356/09, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Die Beklagte (geb. am 31.03.1935) war bei dem inzwischen verstorbenen Kläger von November 2007 bis zum 30.06.2008 als Haushaltshilfe zu einem Monatslohn von EUR 500,00 beschäftigt. Der Kläger hat der Beklagten am 10.12.2007 ein Darlehen von EUR 2.400,00 gewährt; die Restdarlehensschuld beläuft sich unstreitig auf EUR 1.800,00. Mit seiner am 29.10.2009 zugestellten Klage macht der Kläger die Rückzahlung des Darlehens geltend.
Die Beklagte beantragt Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten und wendet gegen die Klage ein, sie habe den geschuldeten Restbetrag „mehr als abbezahlt”. Sie habe in der 7-Tage-Woche 12 bis 14 Stunden täglich arbeiten müssen. Mit Widerklage vom 23.11.2009 verlangte sie zunächst die Zahlung rückständigen Lohns in Höhe von EUR 4.261,60. Auch hierfür beantragt sie Prozesskostenhilfe. Die Widerklage hat sie im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht um EUR 1.800,00 auf EUR 2.461,60 brutto reduziert.
Die Widerklageforderung berechnet die Beklagte zuletzt im Schriftsatz vom 14.01.2010 wie folgt: Sie habe mit dem Kläger eine 6-Tage-Woche mit ca. 6 bis 6,5 Stunden täglich vereinbart. Ausgehend von einem Bruttomonatslohn von EUR 800,00 (EUR 500,00 in bar, EUR 300,00 für Kost und Logis) bei 40 Wochenstunden ergebe sich ein Stundenlohn von EUR 5,20 brutto. Sie mache Überstundenvergütung für die Monate Januar bis Juni 2008 in Höhe von EUR 710,26 brutto monatlich geltend, das entspreche 136,5 Überstunden im Monat, was 34 Überstunden wöchentlich entspreche. Sie habe sonntags 8 Stunden gearbeitet und an den Wochentagen über die vereinbarten 6 Stunden hinaus mindestens 4 bis 4,5 Stunden zusätzlich.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 09.06.2010 den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Beklagte habe ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht vollständig dargelegt. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten, die sie am 06.07.2010 eingelegt hat. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 08.07.2010 nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II. Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Beklagten ist nach §§ 78 Satz 1 ArbGG, 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, 567 ff. ZPO zulässig. Sie ist in der Sache jedoch nicht begründet.
1. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe setzt nach § 114 Satz 1 ZPO voraus, dass die beabsichtigte Rechtsverteidigung oder Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. An dieser Voraussetzung fehlt es.
Der Kläger bzw. seine Erben haben gegen die Beklagte gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB einen Anspruch auf Zahlung der Darlehensrestschuld in Höhe von EUR 1.800,00. Dieser Anspruch ist nicht durch Aufrechnung der Beklagten mit einer Forderung auf Überstundenvergütung erloschen (§§ 387, 389 BGB). Auch die Widerklage auf Zahlung weiterer EUR 2.461,60 (EUR 4.261,60 – EUR 1.800,00) ist unbegründet.
Die Beklagte hat die von ihr behaupteten Überstunden nicht schlüssig dargelegt. Bereits das Rechenwerk der Beklagten ist nicht nachvollziehbar. Die Beklagte behauptet, sie habe im Zeitraum von Januar bis Juni 2008 wöchentlich 34 Überstunden geleistet. Das wären in 26 Wochen insgesamt 884 Überstunden. Wie die Beklagte auf 136,5 Überstunden monatlich und damit in sechs Monaten auf insgesamt 819 Stunden kommt, ist bereits rechnerisch nicht nachvollziehbar. Die Beklagte gibt an, es sei vereinbart worden, dass sie in einer 6-Tage-Woche „ca. 6 bis 6,5 Stunden” täglich arbeite. Das ergeben rechnerisch zwischen 36 und 39 Wochenstunden. Wie die Beklagte 40 Wochenstunden errechnet, ist ebenfalls nicht nachvollziehbar. Sie gibt weiter an, dass sie sonntags 8 Stunden gearb...