Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerkschaftlicher Rechtsschutz. Austritt aus Gewerkschaft. Nachrangigkeit staatlicher Prozesskostenhilfe
Leitsatz (redaktionell)
Eine Prozesspartei darf sich nicht anderer Rechtsschutzmöglichkeiten (Austritt aus der Gewerkschaft) ohne vertretbaren sachlichen Grund, sehenden Auges begeben, um anschließend staatliche Hilfe für die Prozessführung in Anspruch zu nehmen. Gibt sie eine effektive Rechtsschutzmöglichkeit grundlos auf, um anschließend staatlich finanzierten Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, so verhält sie sich rechtsmissbräuchlich.
Normenkette
ZPO §§ 114-115
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Beschluss vom 19.01.2004; Aktenzeichen 2 Ca 1577/03) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 19.01.2004, Az.: 2 Ca 1577/03 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.069,00 EUR festgesetzt.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Am 21.05.2003 hat die Klägerin, vertreten durch einen Rechtsanwalt, beim Arbeitsgericht Mainz eine Zahlungsklage eingereicht; zu diesem Zeitpunkt war sie Mitglied der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten. Diese Gewerkschaft hat ihr Rechtsschutz unter anderem für das Vorgehen gegen eine von der Beklagten erklärte Versetzung zugesagt.
Nachdem die Klägerin im weiteren Verlauf des Verfahrens ihre Klage um verschiedene Anträge, die gegen eine Versetzung sowie eine zwischenzeitlich ausgesprochene Kündigung und auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses gerichtet waren, erweitert hatte, trat sie mit Schreiben vom 11.08.2003 (Bl. 155 d.A.) mit Wirkung zum 30.09.2003 aus der Gewerkschaft aus.
Des Weiteren beantragte die Klägerin beim Arbeitsgericht Mainz am 22.10.2003 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt Z, Y und legte eine ausgefüllte Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen vor.
Mit Urteil vom 03.12.2003, das inzwischen rechtskräftig ist, hat das Arbeitsgericht Mainz die Klage insgesamt abgewiesen. Des Weiteren hat das Gericht den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die rechtlichen Voraussetzungen für eine Bewilligung seien unter Berücksichtigung von § 114 ZPO nicht erfüllt, da es der Klägerin zumutbar gewesen sei, gewerkschaftlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Dass sie während des Prozesses ihre Mitgliedschaft gekündigt habe, sei unbeachtlich, da sie dies selbst zu vertreten habe.
Die Klägerin hat gegen diesen Beschluss, der ihrem Prozessvertreter am 27.01.2004 zugestellt worden ist, am 27.02.2004 Beschwerde eingelegt.
Die Klägerin macht dabei geltend,
zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe habe ihr nachgewiesener Maßen gewerkschaftlicher Rechtsschutz nicht mehr zur Verfügung gestanden. Auf den Zeitpunkt der Antragstellung komme es für die Beurteilung eines Prozesskostenhilfegesuches aber entscheidend an.
Selbst wenn man insoweit anderer Auffassung sei, hätte im vorliegenden Fall Prozesskostenhilfe bewilligt werden müssen, da aufgrund objektiver Umstände das Vertrauensverhältnis zwischen der Klägerin und der Gewerkschaft erheblich gestört gewesen sei und demnach ihr ein Festhalten an dem gewerkschaftlichen Rechtsschutz nicht habe zugemutet werden können. Sie habe mehrfach bei den Gewerkschaften nachgefragt und um Hilfe gebeten, wobei sie von Mitarbeitern der Gewerkschaft in Y jedes Mal an den für sie zuständigen Sachbearbeiter in X, Herrn W verwiesen worden sei. Entsprechende Verweisungen seien selbst dann erfolgt, als sie darauf hingewiesen habe, dass sie einen PKW nicht zur Verfügung habe, in unregelmäßigem Schichtdienst arbeiten müsse und zwei Kinder zu versorgen habe, so dass sie nicht nach X fahren könne. Insoweit sei ihr lediglich angeboten worden, dass Herr W einmal die Woche zu einer Sammelbesprechung nach Y komme und dann ja die Möglichkeit bestehe, nebenbei ihre Sache zu besprechen. Da es um eine Frage der Versetzung sowie einer krankheitsbedingten Kündigung gegangen sei, habe sie wiederholt versucht, durch einen Gewerkschaftsanwalt in Y persönlich beraten zu werden. Dies sei aber immer wieder unter Hinweis auf die Beratung durch Herrn W abgelehnt worden. Aufgrund ihrer Arbeitszeiten, ihrer persönlichen Verhältnisse, fehlender Mobilität und einer erheblichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes sei sie nicht in der Lage gewesen, zu Besprechungen nach X zu reisen. Aufgrund dieser Ausgangssituation sei sie aus der Gewerkschaft ausgetreten.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde der Klägerin mit Beschluss vom 19.03.2004 nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt und insbesondere auf die von beiden Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die form- und fristgerecht ein...