Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe der Einigungsgebühr für den Vergleichsmehrwert bei Beantragung der Prozesskostenhilfe für den Vergleichsschluss

 

Leitsatz (amtlich)

Die Einigungsgebühr für den Vergleichsmehrwert beträgt auch dann 1,5 gemäß Nr. 1000 VV RVG, wenn Prozesskostenhilfe für den Vergleichsmehrwert beantragt und der Vergleich "nach Erörterung der Sach- und Rechtslage" geschlossen worden ist (im Anschluss u. a. an LAG Düsseldorf 25. September 2014 - 5 Sa 273/14 und 13. Oktober 2014 - 13 Ta 342/14).

 

Normenkette

RVG §§ 55-56; VV-RVG Nrn. 1000, 1003

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 27.09.2019; Aktenzeichen 2 Ca 384/19)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird die Vergütungsfestsetzung des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 22. Juli 2019, Az. 2 Ca 384/19, dahingehend abgeändert, dass die Rechtsanwältin K. aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung gemäß § 55 RVG auf 1.286,87 € festgesetzt wird.

 

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin beansprucht im Rahmen bewilligter Prozesskostenhilfe die Festsetzung einer 1,5-fachen Einigungsgebühr für einen Mehrvergleich.

Im Ausgangsverfahren stritten die Parteien darüber, ob das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen durch eine außerordentliche sowie eine hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten aufgelöst worden ist. Das Verfahren endete durch den Abschluss eines "nach Erörterung der Sach- und Rechtslage" im Gütetermin vom 8. April 2019 geschlossenen Vergleich, der neben einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter anderem die Erteilung eines wohlwollenden qualifizierten Arbeitszeugnisses mit der Leistungs- und Verhaltensbewertung entsprechend der Note "gut" sowie der Bescheinigung der Ehrlichkeit der Klägerin beinhaltete.

Das Arbeitsgericht teilte mit, dass es beabsichtige den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Klägervertreterin und Beschwerdeführerin für das Verfahren auf 3.450,00 € sowie für den Vergleich auf 4.600,00 € (Vergleichsmehrwert 1 Bruttomonatsentgelt für das Zeugnis) festzusetzen.

Durch Beschluss vom 8. April 2019 bewilligte das Arbeitsgericht der Klägerin nach Vergleichsabschluss Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten, der Beschwerdeführerin.

Mit Schreiben vom 2. Mai 2019, beim Arbeitsgericht eingegangen am 6. Mai 2019, beantragte die Beschwerdeführerin die Festsetzung ihrer Gebühren und Auslagen, insbesondere einer 1,0-Einigungsgebühr aus 3.450,00 € gemäß §§ 45, 49 RVG, Nrn. 1003, 1000 VV RVG sowie einer 1,5-Einigungsgebühr gemäß §§ 45, 49, Nr. 1000 VV RVG aus einem Gegenstandswert in Höhe von 1.150,00 €. Insgesamt beantragte die Beschwerdeführerin die Festsetzung eines zu zahlenden Betrages in Höhe von 1.286,87 €.

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle setzte mit Vergütungsfestsetzung vom 22. Juli 2019 die der Beschwerdeführerin aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung gemäß § 55 RVG auf 1.133,95 € fest und berücksichtigte hierbei nur eine 1,0-Einigungsgebühr gemäß Nr. 1003 RVG für den Vergleichsmehrwert. Zur Begründung führte sie aus, dass, beantrage die Partei Prozesskostenhilfe auch für einen Mehrvergleich, dies bezogen auf die nicht rechtshängigen Gegenstände des Vergleichs zu einer Reduzierung der Einigungsgebühr auf 1,0 gemäß Nr. 1003 VV RVG führe. Für die Mehreinigung vor dem Arbeitsgericht komme die Festsetzung einer 1,5-fachen Einigungsgebühr im Falle eines Prozesskostenhilfebewilligungs- und Beiordnungsbeschlusses nur in Betracht, wenn die Prozesskostenhilfe allein zur Protokollierung der Einigung beantragt und bewilligt worden sei. Finde vor dem Arbeitsgericht jedoch eine Erörterung der Sach- und Rechtslage und infolgedessen eine Einigung einschließlich Mehreinigung statt und sei für die ursächliche Mitwirkung bei der Vertragsverhandlung oder für den Abschluss des Vertrags vor dem Arbeitsgericht Prozesskostenhilfe beantragt und bewilligt, könne allenfalls eine 1,0-Einigungsgebühr anfallen. Im vorliegenden Fall sei der Vergleichsabschluss ausweislich des Protokolls ausdrücklich nach einer Erörterung der Sach- und Rechtslage erfolgt, so dass das Gericht wesentlich mehr getan habe als eine bloße Vergleichsprotokollierung. Die Einigungsgebühr aus dem Mehrvergleich sei daher auf 1,0 nach Nr. 1003 VV RVG zu reduzieren. Die Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG verringere sich entsprechend.

Gegen den ihr am 22. Juli 2019 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin mit am 29. Juli 2019 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Erinnerung eingelegt. Sie hat zur Begründung ausgeführt, mit dem Bundesgerichtshof (17. Januar 2018 - XII ZB 248/16) sei davon auszugehen, dass die im Grundgesetz verbürgte Rechtsschutzgleichheit nicht gewahrt wäre, wenn die dem beigeordneten Rechtsanwalt erwachsenden Gebühren aus dem Mehrvergleich teilweise nicht von der Staatskasse getragen würden und diesbezüglich die Vergütungspflicht des bedürftigen Beteiligten bestehen bleiben würde. Dies gelte nicht nur für das Familienrecht, sondern auch für das Arbeitsrecht. Die in der Vergütungsfes...

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