Entscheidungsstichwort (Thema)

Wertfestsetzung für einen Vergleichsmehrwert. Keine notwendige Mitwirkung des Gerichts am Zustandekommen des Vergleichs

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1 VV RVG entsteht eine 1,5-fache Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vergleichs, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird; es sei denn, der Vergleich beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht.

2. Die Festsetzung einer 1,5-fachen Einigungsgebühr für einen Mehrvergleich, an dem das Gericht nicht mitgewirkt hat, ist gesetzlich nicht ausgeschlossen. Eine konkret messbare Mitwirkung des Gerichts am Vergleich ist keine Anspruchsvoraussetzung für die Höhe der Wertfestsetzung des Vergleichs.

 

Normenkette

ZPO § 572 Abs. 3; VV RVG Nrn. 1000-1003

 

Verfahrensgang

ArbG Flensburg (Entscheidung vom 09.02.2017; Aktenzeichen 2 Ca 644/16)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Flensburg vom 09.02.2017, Az. 2 Ca 644/16, abgeändert und das Vergütungsfestsetzungsverfahren an das Arbeitsgericht mit der Maßgabe zurückverwiesen,

dass bei der erneuten Entscheidung über die von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin beantragte Vergütungsfestsetzung für den Mehrwert des gerichtlichen Vergleichs vom 11.08.2016 in Höhe von 557,35 € gemäß Nr. 1000 VV RVG eine 1,5-fache Einigungsgebühr anzusetzen ist.

 

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer begehrt im Rahmen der Abrechnung seiner Prozesskostenhilfegebühren die Festsetzung einer Einigungsgebühr für den Mehrwert eines Vergleichs in Höhe des 1,5-fachen der Einigungsgebühr.

Im Hauptsacheverfahren stritten die Parteien über die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Kündigung. Mit der Klagschrift hatte die Klägerin bereits die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten, dem Beschwerdeführer, beantragt. Zu Beginn der Güteverhandlung bewilligte das Arbeitsgericht der Klägerin mit Beschluss vom 11.08.2016 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten und unter Anordnung einer monatlichen Ratenzahlung in Höhe von 100,00 €. Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage schlossen die Parteien sodann einen Vergleich, den das Arbeitsgericht protokollierte. Nach Anhörung der Parteien setzte das Arbeitsgericht den Streitwert auf 4.458,75 € und den Vergleichsmehrwert auf 557,35 € fest. Danach beschloss das Arbeitsgericht, dass sich die Prozesskostenhilfe für die Klägerin auf den Mehrwert des Vergleichs erstrecke (Protokoll vom 11.08.2016, Bl. 10 f. d. A.).

Der Beschwerdeführer beantragte mit Schriftsatz vom 12.08.2016 unter Zugrundelegung der erfolgten Streitwertfestsetzung die Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Rechtsanwaltsvergütung in Höhe von insgesamt 1.299,72 €, wobei er für den Streitwert von 4.458,75 € eine 1,0-fache Einigungsgebühr und für den Mehrvergleichswert in Höhe von 557,35 € die 1,5-fache Einigungsgebühr forderte. Der Rechtspfleger setzte mit Beschluss vom 05.09.2016 die dem Beschwerdeführer aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf insgesamt 1.168,82 € fest, wobei er u.a. lediglich eine 1,0-fache Einigungsgebühr, berechnet nach einem Betrag von 5.016,10 €, berücksichtigte. Insgesamt zog er von der beantragten PKH-Vergütungsfestsetzung einen Betrag in Höhe von 130,90 € ab.

Gegen diesen ihm formlos am 07.09.2016 zugesandten Beschluss hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 13.09.2016, bei Gericht eingegangen am 20.09.2016, Beschwerde eingelegt. Er hat weiterhin geltend gemacht, dass ihm das 1,5-fache der Einigungsgebühr für den nicht rechtshängig gewesenen Mehrvergleichswert im Rahmen der PKH-Gebührenfestsetzung zustehe. Mit Beschluss vom 15.12.2016 hat der Rechtspfleger der Beschwerde nicht abgeholfen und sie der Instanzrichterin zur Entscheidung vorgelegt. Mit Beschluss vom 09.02.2017 hat das Arbeitsgericht der Erinnerung des Beschwerdeführers gegen die Vergütungsfestsetzung vom 05.09.2016 nicht abgeholfen und die Beschwerde zugelassen. Der Rechtspfleger habe die Einigungsgebühr für den Mehrwert des Vergleichs zu Recht gemäß Nr. 1003 VV RVG auf 1,0 festgesetzt. Die Reduzierung der Einigungsgebühr nach 1003 VV RVG von 1,5 auf eine 1,0 Gebühr trete danach ein, wenn entweder ein gerichtliches Verfahren zur Hauptsache oder ein PKH-Bewilligungsverfahren für ein beabsichtigtes Hauptsacheverfahren gestellt sei, es sei denn, es handele sich dabei um ein selbstständiges Beweisverfahren. Das bedeute, dass ein anderweitiges gerichtliches Verfahren bereits dadurch eingeleitet werde, dass Prozesskostenhilfe beantragt werde, soweit nicht lediglich Prozesskostenhilfe für die Protokollierung des Vergleichs beantragt worden sei. Grund für die höhere Vergleichsgebühr bei einem Mehrwert des Vergleichs sei, dass der Prozessvertreter Arbeit vom Gericht fernhalte. Die 1,5-fache Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG falle nur dann an, wenn die Parteien in der Verhandlung zusätzliche Ansprüche bene...

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