Entscheidungsstichwort (Thema)
Abmahnung. Gegenstandswert. Interesse, wirtschaftliches. Streitwert. Wertfestsetzung. Wertbestimmung nach dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers
Leitsatz (amtlich)
Die Wertfestsetzung orientiert sich am wirtschaftlichen Interesse des Klägers an seiner Klage und nicht an der erbrachten Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten einer Partei und/oder dem erzielten Prozessergebnis bzw. einer Vergütungsvereinbarung zwischen Partei und Prozessbevollmächtigtem.
Normenkette
RVG § 33 Abs. 3; ZPO § 3
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Beschluss vom 14.10.2011; Aktenzeichen 4 Ca 1970/11) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 14.10.2011 – 4 Ca 1970/11 – wie folgt abgeändert:
„Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird auf 8.635,77 Euro für Verfahren und Vergleich festgesetzt.”
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Tatbestand
I. In dem vorliegenden Verfahren wendet sich der beschwerdeführende Kläger gegen die Festsetzung des Wertes des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit seiner Prozessbevollmächtigten.
Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 01.05.2008 zu einer monatlichen Vergütung von 1.992,87 Euro brutto beschäftigt. Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis am 10.05.2011 zum 30.06.2011 gekündigt. Hiergegen erhob der Kläger Klage mit dem Antrag, festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis durch diese Kündigung nicht beendet worden sei. Im Verlauf des Prozesses erweiterte er seine Klage um den Antrag, die Beklagte zu verurteilen, zwei Abmahnungen vom 23.12.2009 und vom 17.03.2011 aus seiner Personalakte zu entfernen.
Die Parteien haben den Rechtsstreit mit Vergleich vom 14.07.2011 beendet.
Mit Beschluss vom 14.10.2011 hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert für Verfahren und Vergleich auf 9.964,35 Euro festgesetzt. Dabei hat es den Kündigungsschutzantrag mit 3 Bruttomonatsgehältern des Klägers à 1.992,87 Euro und den Antrag auf Entfernung der beiden Abmahnungen mit je 1 Bruttomonatsgehalt pro Abmahnung, mithin mit 2 Bruttomonatsgehältern bewertet.
Gegen diesen dem Kläger am 19.10.2011 zugestellten Beschluss hat dieser mit einem am 26.10.2011 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Er hat der Festsetzung des Gegenstandswerts mit der Begründung widersprochen, die sich aus der Festsetzung ergebenden Anwaltsgebühren stünden in Anbetracht der ausgehandelten Abfindung nicht in einem mit seiner Prozessbevollmächtigten vereinbarten Verhältnis.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, der Gegenstandswert bestimme sich nach dem mit den Klageanträgen verfolgten Interesse der Parteien, nicht hingegen nach der Begründetheit der Klageforderung oder dem Ergebnis der Vergleichsverhandlungen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde des Beschwerdeführers ist nach § 33 Abs. 3 RVG statthaft und erweist sich auch im Übrigen als zulässig. Ihr ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer eine deutliche Verringerung des festgesetzten Werts, eventuell sogar eine Festsetzung auf 0 Euro fordert, da er seiner Prozessbevollmächtigten arglistige Täuschung und mangelhafte Leistung vorwirft. Damit übersteigt auch der Wert des Beschwerdegegenstands den erforderlichen Wert von 200,– Euro.
In der Sache hat die Beschwerde nur zu einem geringen Teil Erfolg.
Bei der Wertfestsetzung nach § 33 Abs. 1 RVG hat sich das Gericht nach den gesetzlichen Vorschriften von § 23 Abs. 1 RVG i.V.m. § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO zu richten. Nach § 3 ZPO richtet sich der Wert eines Rechtsstreites nach dem zu ermittelnden Wert des Interesses des Klägers an der Durchsetzung seines Klageziels. Unerheblich bezüglich des wirtschaftlichen Interesses des Klägers ist – worauf das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat – hingegen, ob die Klage und damit das prozessuale Agieren des Prozessbevollmächtigten des Klägers wirtschaftlich Erfolg hat oder nicht. Etwaige Vergütungsvereinbarungen zwischen Anwalt und Partei beeinflussen die Bestimmung des Verfahrenswertes nicht. Die Höhe der Vergütung des Prozessbevollmächtigten bestimmt sich nach dem festgesetzten Wert und den konkreten Vereinbarungen zwischen Prozessbevollmächtigtem und Kläger, nicht umgekehrt.
Im vorliegenden Fall hat das Gericht hinsichtlich des Kündigungsschutzantrages die wertbegrenzende Vorschrift des § 42 Abs. 3 GKG beachtet und den Wert des Antrags auf 3 Bruttomonatsgehälter des Beschwerdeführers unter Berücksichtigung seiner Betriebszugehörigkeit von über einem Jahr beschränkt (vgl. zuletzt LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 07.04.2010 – 1 Ta 88/10).
Den Antrag auf Entfernung zweier Abmahnungen hat das Gericht mit zwei Bruttomonatsgehältern bewertet. Nach der Rechtsprechung der erkennenden Beschwerdekammer ist jedoch bei mehreren Abmahnungen ledig...