Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellungslast. Mitbestimmung. Tariflohnerhöhung. Zulage, übertarifliche. Mitbestimmung bei der Anrechnung von Tariflohnerhöhung auf freiwillige übertarifliche Zulagen
Leitsatz (redaktionell)
Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bei der Anrechnung einer Tariflohnerhöhung auf übertarifliche Zulagen mitzubestimmen, wenn eine generelle Maßnahme vorliegt und wenn sich durch die Anrechnung die bisher bestehenden Verteilungsrelationen ändern, so dass für die Neuregelung innerhalb des vom Arbeitgeber mitbestimmungsfrei vorgegebenen Dotierungsrahmens ein Gestaltungsspielraum besteht. Ein Mitbestimmungsrecht ist ausgeschlossen, wenn das Zulagenvolumen völlig aufgezehrt ist oder die Tariferhöhung im Rahmen des rechtlich Möglichen vollständig und gleichmäßig auf die übertarifliche Zulage angerechnet wird.
Normenkette
ArbGG § 83; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Beschluss vom 30.03.2006; Aktenzeichen 6 BV 17/05) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom 30.03.2006 – 6 BV 17/05 – wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats aus Anlass einer Anrechnung der ab 01.03.2005 nach dem Lohntarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie in Rheinland-Pfalz erfolgten Tariflohnerhöhung auf ihren Arbeitnehmern gewährte freiwillige und übertarifliche Zulagen.
Nach § 4 des Lohntarifvertrages der Metall- und Elektroindustrie in Rheinland-Pfalz wurden die Tarifgehälter mit Wirkung vom 01.03.2005 um zwei Prozent erhöht; zugleich flossen der sogenannten Ära-Struktur-Komponente 0,7 Prozent zu. In den Arbeitsverträgen der Mitarbeiter ist die Anrechenbarkeit von Tariflohnerhöhungen auf freiwillig gewährte Zulagen geregelt.
Der Betriebsrat hat erstinstanzlich vorgetragen,
die Arbeitgeberin habe durch die Anrechnung der Tariflohnerhöhungen in Höhe von zwei Prozent auf freiwillige und übertarifliche Zulagen gegen sein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verstoßen. Die Anrechnung habe zu einer kompletten Umverteilung der im Betrieb gewährten freiwilligen, übertariflichen Zulagen geführt.
Der Betriebsrat hat erstinstanzlich beantragt,
festzustellen, dass die von der Antragsgegnerin vorgenommene Anrechnung der ab 01.03.2005 nach dem Lohntarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie in Rheinland-Pfalz erfolgte Tariflohnerhöhung auf die Arbeitnehmern gewährten freiwilligen übertariflichen Zulagen gegen das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verstieß und betriebsverfassungswidrig ist.
Die Arbeitgeberin hat,
Zurückweisung des Antrags
beantragt und erwidert,
die Anrechnung sei bei allen Mitarbeitern gleichmäßig und in vollem Umfange vorgenommen worden, soweit dies der Höhe nach möglich gewesen sei. Für eine andere Verteilungsregelung sei kein Spielraum verblieben.
Das Arbeitsgericht Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – hat durch den Beschluss vom 30.03.2006 – 6 BV 17/05 – den Antrag des Betriebsrats auf Feststellung eines Verstoßes gegen sein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Antragsgegnerin habe die Tariflohnerhöhungen in Höhe von zwei Prozent in vollem Umfang auf die übertariflichen freiwilligen Leistungen angerechnet. Zwar führe dies zu einer Veränderung der bisher bestehenden Verteilungsrelation insoweit, als für einige Mitarbeiter die Zulage völlig, für andere nur teilweise entfallen sei und schließlich wiederum andere die Lohnerhöhungen erhalten hätten, jedoch sei die Anrechnung der Tariferhöhung gleichmäßig erfolgt.
Gegen den dem Betriebsrat am 04.07.2006 zugestellten Beschluss richtet sich dessen, am 26.07.2006 eingelegte und am 04.10.2006 begründete, Beschwerde nach entsprechender Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist.
Der Betriebsrat bringt zweitinstanzlich weiter vor,
der Arbeitgeber habe die Tariflohnerhöhung nur teilweise auf übertarifliche Zulagen angerechnet. Die Arbeitnehmer V., U. und T. hätten eine Lohnkürzung um jeweils drei Euro-Cent pro Stunde nach erfolgter Anrechnung hinnehmen müssen. Hierzu sei auf die im Schriftsatz vom 18.01.2007 beigefügte Tabelle zu verweisen. Da sich die Team-Prämie von Monat zu Monat ändern könne, könne der Verlust von drei Cent nicht ausgeglichen werden. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass den genannten Arbeitnehmern effektiv ein geringerer Stundenlohn verbliebe als vor der Anrechnung.
Der Betriebsrat beantragt zweitinstanzlich,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom 30.03.2006 – 6 BV 17/05 – abzuändern und festzustellen, dass die von der Antragsgegnerin vorgenommene Anrechnung der ab 01.03.2005 nach dem Lohntarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie in Rheinland-Pfalz erfolgte Tariflohnerhöhung auf die den Arbeitnehmern gewährten freiwilligen, über...