Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen zwischenzeitlich erteilter Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung
Leitsatz (amtlich)
Eine Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe kommt bei Verletzung der Pflicht zur wahrheitsgemäßen Darstellung des wirtschaftlichen Verhältnisses nur in Betracht, wenn ein schwerwiegender Verstoß vorliegt. Verneint eine Partei die Übernahme der Kosten durch eine Rechtsschutzversicherung und lag im Zeitpunkt der Antragstellung noch keine Deckungszusage vor, sieht diese Zusage die vertragliche Selbstbeteiligung der Partei vor, kann Prozesskostenhilfe nicht nachträglich entzogen werden.
Normenkette
ZPO § 124 Nr. 2 Alt. 1
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 05.06.2012; Aktenzeichen 5 Ca 416/11) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 05.06.2012 - 5 Ca 416/11 - aufgehoben.
Das Beschwerdeverfahren ergeht gerichtskostenfrei.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin erhob mit am 08.06.2011 beim Arbeitsgericht Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - eingegangenem Schriftsatz Klage gegen die Beklagte auf Zahlung von 1.314,30 EUR Vergütung für Mai 2011. Gleichzeitig beantragte sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten. Dem Antrag beigefügt war eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Unter Buchstabe b) kreuzte die Klägerin an in dem Feld, ob eine Rechtsschutzversicherung oder eine andere Stelle/Person die Kosten der Prozessführung trägt, das Antwortfeld "Nein". Die Klägerin hat zwei Kinder, geboren im Jahr 1996 und 1991, der Sohn A. hat ein eigenes Einkommen von 300,00 EUR. Sie hat ein Nettoeinkommen von 945,00 EUR glaubhaft gemacht, den Bezug von Kindergeld in Höhe von 368,00 EUR und Wohngeld von 178,00 EUR. Für Miete mit Nebenkosten wendet sie auf monatlich 510,00 EUR, an Abzahlungsverpflichtungen bestehen Raten von 17,00 EUR, 34,00 EUR und 54,00 EUR für einen Laptop, einen Backofen und für Möbel.
Das Arbeitsgericht bewilligte Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung in der Sitzung vom 05.07.2011. In dem Termin wurde gleichzeitig das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Die Klägerin erweiterte später ihre Klage um weitere 1.314,00 EUR. Für diese Klageerweiterung wurde Prozesskostenhilfe weder beantragt noch bewilligt.
Zwischenzeitlich wurde nach Insolvenz der Beklagten die Forderung durch die Arbeitsagentur ausgeglichen.
Mit Schreiben vom 15.05.2012 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ausgehend von einem Gegenstandswert die Festsetzung der PKH-Vergütung in Höhe von 150,00 EUR. Hierbei gab er an, dass die Rechtsschutzversicherung von den gesetzlichen Gebühren und Auslagen in Höhe von 336,18 EUR 186,18 EUR abgerechnet hatte. Er legte vor die Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung mit dem Schreiben vom 14.07.2011.
Das Arbeitsgericht hat sodann die Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch den angefochtenen Beschluss aufgehoben mit der Begründung, die Klägerin habe bei der PKH-Beantragung falsche Angaben gemacht und wahrheitswidrig behauptet, sie habe keine Rechtsschutzversicherung. Es läge der Aufhebungsgrund nach § 124 Nr. 2 ZPO vor.
Die Klägerin legte gegen den am 11.06.2012 zugegangenen Beschluss am 15.06.2012 sofortige Beschwerde ein mit der Begründung, die Klägerin habe keine bewusst falschen Angaben gemacht, da zum Zeitpunkt der Antragsstellung noch keine Zusage der Rechtsschutzversicherung vorgelegen habe. Nach Eingang der Zusage unter Hinweis auf die Selbstbeteiligung sei diese Tatsache dann bei der Abrechnung berücksichtigt worden.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen mit der wesentlichen Begründung, die Klägerin hätte abwarten müssen, ob die Rechtsschutzversicherung eine Deckungszusage erteilt, zumindest hätte sie dem Gericht zeitnah nach dem 14.07. die erfolgte Zusage mitteilen müssen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.
II.
Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
Sie hat auch in der Sache Erfolg.
Unbeachtlich ist, dass hier der Richter entgegen § 20 Nr. 4 c) RPflG einen Beschluss nach § 124 Nr. 2 ZPO erlassen hat. Die Wirksamkeit der Entscheidung wird nicht dadurch betroffen, dass ein Richter statt eines Rechtspflegers das Geschäft wahrgenommen hat (§ 8 RPflG).
Die Beschwerde ist auch begründet.
Nach § 124 Nr. 2 1. Alternative ZPO kann das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe dann aufheben, wenn die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat. Diese Voraussetzungen kann die Beschwerdekammer nicht feststellen.
So ist schon der Ausgangspunkt des Arbeitsgerichts nicht zutreffend, dass die Klägerin üb...