Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung. Rechtsanwaltsvergütung. Verfahrensgebühr. Zurückverweisung. Anrechnung der Verfahrensgebühr nach Zurückverweisung
Leitsatz (redaktionell)
Nach § 21 Abs. 1 RVG ist das Verfahren nach Zurückverweisung an das untergeordnete Gericht ein neuer Rechtszug, in dem die Verfahrensgebühr neu entsteht. Dabei ist die vor dem untergeordneten Gericht bereits entstandene Verfahrensgebühr nach Vorbemerkung 3 Abs. 6 VV-RVG auf die Verfahrensgebühr für das erneute Verfahren anzurechnen. Eine Anrechnung entfällt nur dann, wenn zwischen dem Ende des ersten Verfahrens und dem Beginn des zweiten mehr als zwei Kalenderjahre liegen, vgl. § 15 Abs. 5 Abs. 2 RVG. Die Formulierung in Vorbemerkung 3 Abs. 6 VV-RVG „untergeordnetes Gericht, das mit der Sache bereits befasst war” bezieht sich auf das Gericht als solches, nicht auf die Kammer.
Normenkette
RVG § 15 Abs. 5, § 21 Abs. 1; VV-RVG Vorbem. 3 Abs. 6
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Beschluss vom 30.07.2009; Aktenzeichen 6 Ca 675/04 KH) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – vom 30.07.2009, Az.: 6 Ca 675/04, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Der Kläger wendet sich gegen die Anrechnung der Verfahrensgebühr nach Zurückverweisung der Sache.
Der Klägervertreter hat den Kläger bereits im ersten Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht vertreten. Dieses Verfahren (Az. 6 Sa 1015/05) endete mit Urteil vom 20.07.2006. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Entscheidung mit Urteil vom 29.11.2007 (Az.: 2 AZR 22/07) aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts hat mit Urteil vom 05.03.2009 (Az.: 10 Sa 234/08) die Berufung der Beklagten (erneut) zurückgewiesen und ihr die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der Kosten der Revision, auferlegt.
Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 09.03.2009 verlangt der Kläger u.a. die Festsetzung einer zweiten Verfahrensgebühr in Höhe von EUR 600,00 für das Berufungsverfahren 10 Sa 234/08, nachdem bereits EUR 600,00 für das Berufungsverfahren 6 Sa 1015/05 festgesetzt worden sind. Die Rechtspflegerin hat mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 30.07.2009 die beantragte zweite Verfahrensgebühr unter Hinweis auf die Anrechnungsvorschrift der Vorbemerkung 3 Abs. 6 VV-RVG nicht festgesetzt.
Gegen diesen Beschluss hat der Kläger am 15.09.2009 sofortige Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führt er aus, die im Berufungsverfahren 6 Sa 1015/05 bereits entstandene Verfahrensgebühr sei auf die erneute Verfahrensgebühr für das Verfahren 10 Sa 234/08 nach Zurückverweisung an einen anderen Spruchkörper nicht anzurechnen.
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 25.09.2009 nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II. Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 15.09.2009 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts vom 30.07.2009 ist gemäß § 78 ArbGG, § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO zulässig.
Die sofortige Beschwerde ist rechtzeitig eingelegt worden. Vorliegend lässt sich nicht feststellen, ob der angefochtene Beschluss dem Klägervertreter förmlich zugestellt worden ist. Auch das Zugangsdatum ist ungewiss. Eine formlose Übermittlung setzt die zweiwöchige Beschwerdefrist nicht in Lauf. Ist die Zustellung unterblieben, nicht nachweisbar oder unwirksam, so beginnt die Notfrist gemäß § 569 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 ZPO analog mit dem Ablauf von fünf Monaten nach Erlass oder Bekanntgabe des Beschlusses, wenn der Zugang der Entscheidung feststeht und es nur an der Wahrung oder am Nachweis der Zustellungsförmlichkeiten fehlt (Musielak-Ball, ZPO, 7. Aufl., § 569 Rz. 4). Die Fünfmonatsfrist ist vorliegend gewahrt.
Das Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Zutreffend ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass hier die Anrechnungsvorschrift der Vorbemerkung 3 Abs. 6 VV-RVG eingreift. Nach § 21 Abs. 1 RVG ist das Verfahren nach Zurückverweisung an das untergeordnete Gericht ein neuer Rechtszug, in dem die Verfahrensgebühr neu entsteht; § 15 Abs. 5 Satz 1 RVG wird insoweit aufgehoben. Dabei ist die vor dem untergeordneten Gericht bereits entstandene Verfahrensgebühr nach Vorbemerkung 3 Abs. 6 VV-RVG auf die Verfahrensgebühr für das erneute Verfahren anzurechnen. Eine Anrechnung entfällt nur dann, wenn zwischen dem Ende des ersten Verfahrens und dem Beginn des zweiten mehr als zwei Kalenderjahre liegen, vgl. § 15 Abs. 5 Abs. 2 RVG (vgl. Gerold/Schmidt-Madert, RVG, 18. Aufl., § 21 Rz. 8). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Das erste Verfahren wurde beendet durch das Urteil des Landesarbeitsgerichts 20.07.2006, der Rechtsstreit wurde in die zweite Instanz zurückverwiesen aufgrund des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 29.11.2007. Es macht gebührenrechtlich keinen Unterschied, o...