Entscheidungsstichwort (Thema)
Behinderung. Betriebsrat. Betriebsrat, Rechte des. Gerichtsgebühren. Hilfswert. Kostenfreiheit. Regelwert. Streitgegenstand. Unterlassungsanspruch. Unterlassungsklage. Verletzung, grobe. Wertfestsetzung. Unterlassungsanspruch wegen Behinderung der Betriebsratsarbeit
Leitsatz (amtlich)
1. Beantragt der Betriebsrat die Unterlassung der Behinderung seiner Arbeit, ist der Streitgegenstand nichtvermögensrechtlicher Art und sein Wert nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG festzusetzen.
2. Der in § 23 Abs. 3 S. 2 Halbsatz 2 RVG genannte Wert von 4.000 Euro ist kein Regelwert, von dem nur unter bestimmten Umständen abgewichen werden kann, sondern ein Hilfswert, der dann angesetzt wird, wenn alle Möglichkeiten der individuellen Bewertung (wirtschaftliche Interessenlage der Beteiligten, Bedeutung, Umfang und Schwierigkeit der Sache) ausgeschöpft sind. Richtet sich der Unterlassungsantrag gegen die Behinderung der Betriebsratsarbeit und damit eine Verletzung wesentlicher Rechte des Betriebsrates, erscheint die Verdoppelung des Hilfswertes von 4.000 Euro als angemessen. Auf die Zahl der betroffenen Betriebsratsmitglieder kommt es nicht an.
3. Die in § 2 Abs. 2 GKG bestimmte Kostenfreiheit der Gerichtsgebühren des Beschlussverfahrens erfasst nicht das sich anschließende Beschwerdeverfahren wegen des festgesetzten Gegenstandswertes.
Normenkette
GKG § 2 Abs. 2; RVG § 23 Abs. 3 S. 2, § 33
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Beschluss vom 16.12.2009; Aktenzeichen 8 BVGa 6/09) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Gegenstandswertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 16.12.2009, 8 BVGa 6/09, wie folgt geändert:
„Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsstellers wird auf 4.000 EUR festgesetzt.
2. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beschwerdeführer zu 1/2 zu tragen.
4. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.
Tatbestand
I. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren begehren die beschwerdeführenden Verfahrensbevollmächtigten des Antragsstellers (im Folgenden Betriebsrat) die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes und eines Vergleichsmehrwertes.
Der Betriebsrat hat – neben einem bereits laufenden Hauptsachverfahren – durch seine verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwälte mit Schriftsatz vom 23.11.2009 ein einstweiliges Verfügungsverfahren mit folgendem Antrag eingeleitet:
„Die Beteiligte zu 4) wird verurteilt, es zu unterlassen, den bisherigen Betriebsrat der P. S. S. GmbH [Beteiligte zu 2)] Bereich KL/LH/PS an der Wahrnehmung seiner Betriebsratstätigkeiten für den Gemeinschaftsbetrieb des Betriebsteils der Beteiligten zu 4) und der Beteiligten zu 3) zu behindern, insbesondere die Freistellung des 1. Vorsitzenden F. und des 2. Vorsitzenden M. zu gewährleisten und den übrigen Betriebsratsmitgliedern der P. S. S. GmbH Bereich KL/LH/PS den Zugang zu den Betriebsratssitzungen des Gemeinschaftsbetriebs des Betriebsteils P. S. K. GmbH [Beteiligte zu 3)] und P. S. RP Ltd. & Co. KG [Beteiligte zu 4)] / ehemalige P. S. S. GmbH Bereich LH/PS zu gewähren.”
Die ursprüngliche Arbeitgeberin (Beteiligte zu 2) im Hauptsacheverfahren) hat nach der Neugründung zweier Gesellschaften (Beteiligte zu 3) und 4) im Hauptsacheverfahren) und – zwischen den Beteiligten im Einzelnen streitigen – Betriebsspaltungen und Betriebs(teil)übergängen die Auffassung vertreten, der Betriebsrat habe kein (Übergangs)mandat für die neuen Gesellschaften bzw. den nach Ansicht des Betriebsrats entstandenen Gemeinschaftsbetrieb. Hinsichtlich des Vorliegens eines Gemeinschaftsbetriebs und des Fortbestands seines Mandats hat der Betriebsrat das Hauptsacheverfahren anhängig gemacht. Der Antrag im einstweiligen Verfügungsverfahren richtete sich (nur) gegen die neu gegründete Beteiligte zu 4) des Hauptsacheverfahrens.
Am 27.11.2009 einigten sich die Beteiligten des einstweiligen Verfügungsverfahrens auf folgenden Vergleich:
- „Die Antragsgegnerin gewährt die Freistellung des 1. Vorsitzenden F. und des 2. Vorsitzenden M. und gewährt diesen sowie den übrigen Betriebsratsmitgliedern der P. S. S. GmbH Bereich KL/LH/PS den Zugang zur P. S. K. GmbH und P. S. RP Ltd. & Co. KG / ehemalige P. S. S. GmbH Bereich LH/PS.
- Die Antragsgegnerin sorgt dafür, dass die Dateien aus dem Betriebsratsordner und dem Ordner R. F. für den Antragsteller zugänglich im Bereich der P. S. RP Ltd. & Co. KG sind.
- Am 01.12.2009 wird der Antragsteller sämtliche Unterlagen und Arbeitsmittel des Gesamtbetriebsrats, die in seinem Besitz sind, einschließlich des Laptops, im Büro des Gesamtbetriebsrats in D-Stadt deponieren.
- Diese Regelung gilt bis zu einer Entscheidung in dem Verfahren 1 BV 61/09 in der 1. Instanz, längstens jedoch bis zum 28.02.2010.”
Nach Anhörung mit Schreiben vom 01.12.2009 hat das Arbeitsgericht auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats mit Beschluss vom 16.12.2009 den Gegenstandswert für das einstweilige Verfü...