Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtungsfrist. Briefwahl. Wahlanfechtung. Wahlbekanntmachung. Wahlgeheimnis. Anfechtung der Wahl zur Hauptbetriebsvertretung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Anfechtungsfrist für die Anfechtung der Wahl nach § 25 BVersVG beginnt mit der Bekanntgabe des vollständigen Wahlergebnisses. Dieses umfasst im Falle der Verhältniswahl die Zahl der auf jede Vorschlagsliste und im Falle der Personenwahl die der auf jeden einzelnen Bewerber entfallenden gültigen Stimmen, die Namen der gewählten Bewerber sowie die Zahl der insgesamt abgegebenen Stimmen und der ungültigen Stimmen. – Anschluss an BVerwG 23.10.2003 – 6 P 10/2003.
2. Der Wahlvorstand hat Vorkehrungen für die Geheimhaltung der Wahl zu treffen, so dass die Wähler den Stimmzettel im Wahlraum unbeobachtet kennzeichnen und in dem Wahlumschlag legen können. Hierfür genügt das Vorhalten von Vorrichtungen, die eine Wahlbeobachtung, mit Ausnahme einer bewussten und auffälligen Überwindung der Vorrichtung, verhindern.
Normenkette
BPersVG §§ 24-25; BPersVWO §§ 16-17, 23
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Beschluss vom 14.09.2010; Aktenzeichen 8 BV 27/10) |
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 14.09.2010 – 8 BV 27/10 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Wahl zur Hauptbetriebsvertretung der Stationierungsstreitkräfte „USAFE.”.
Bei den Stationierungsstreitkräften fand vom 17.05.2010 bis 19.05.2010 die Wahl zur Hauptbetriebsvertretung statt. Der Wahlvorstand hängte am 21.05.2010 unter der Überschrift „Bekanntmachung des Wahlergebnisses” eine Liste der als Mitglieder der Hauptbetriebsvertretung USAFE gewählten Arbeitnehmer aus. Ein Ergänzungsaushang mit der Bekanntmachung der Ersatzmitglieder wurde am 25.05.2010 veranlasst.
Die drei Antragsteller sind Mitarbeiter der Dienststelle J-Stadt II, einer der an den Wahlen zur Hauptbetriebsvertretung teilnehmenden Dienststellen, und zur Wahl berechtigt. Mit dem am 15.06.2010 beim Arbeitsgericht Kaiserslautern eingegangenen Antragsschriftsatz haben die Antragsteller die Wahl zur Hauptbetriebsvertretung angefochten und dies im Wesentlichen damit begründet, es sei von mehreren Personen eine Briefwahl durchgeführt worden, obwohl keine Verhinderung durch ihre Arbeit vorgelegen habe, die Wahlkabinen seien so aufgestellt gewesen, dass von den Wahlhelfern die Stimmabgabe habe beobachtet werden können. Weiterhin habe man die Wähler durch ein hinter der Wahlkabine befindliches Fenster beobachten können. Der in der Antragsschrift als Wahlhelfer bezeichnete Herr A. habe teilweise eindeutig sehen können, was seine Kollegen wählten. Weiterhin bestünden Bedenken in der Hinsicht, dass gewisse Stimmzettel manipuliert worden seien. Beispielsweise sei Frau M.-X. beim Ankreuzen ausgerutscht, was zu einem markanten Strich auf dem Wahlzettel geführt habe. Dieser sei beim Auszählen nicht aufgetaucht. Die Briefwahlunterlagen seien in eine unverschlossene Urne gelegt worden. Der gesamte Wahlvorstand und sämtliche Wahlhelfer der Dienststelle J-Stadt hätten nur aus Kandidaten der Liste ver.di Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft bestanden. Weiterhin habe die Gewerkschaft unmittelbar vor dem Wahllokal in J-Stadt II eindeutige Werbung gemacht und kleinere Geschenke übergeben. Durch die durch Briefwahl herbeigeführte Steigerung der Wahlbeteiligung auf ca. 80% hätten sich die Wahlchancen der Antragsteller verringert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags aller Beteiligten im arbeitsgerichtlichen Verfahren wird Bezug genommen auf die Sachverhaltsdarstellung im Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 14.09.2010, Seiten 2 bis 3 (Bl. 69, 70 d. A.).
Die Antragsteller haben erstinstanzlich beantragt,
die am 27.05.2010 bekannt gegebene Wahl zur Hauptbetriebsvertretung U. für ungültig zu erklären.
Die Beteiligte zu 4. (Hauptbetriebsvertretung) und die Beteiligte zu 5. (Bundesrepublik Deutschland) haben beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Durch den Beschluss vom 14.09.2010 hat das Arbeitgericht Kaiserslautern den Antrag zurückgewiesen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die Anfechtungsfrist für die Anfechtung der Wahl zur Hauptbetriebsvertretung von zwölf Arbeitstagen (§ 25 BPersVG) sei nicht gewahrt. Die Frist für die Anfechtung habe mit dem ersten Aushang vom 21.05.2010 zu laufen begonnen und sei damit am 10.06.2010 abgelaufen. Die Bekanntgabe am 21.05. habe alle vom Gesetz vorgesehenen Informationen enthalten, da die Bekanntgabe der Ersatzmitglieder nicht zu den Umständen gehöre, die mit dem Wahlergebnis ausgehängt werden müssten. Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.10.2003 – Az: 6 P 10/03 – hat es erkannt, dass die Bekanntgabe der Ersatzmitglieder nicht zum Wahlergebnis gehöre und die Anfechtungsfrist auch durch die Bekanntgabe ohne Mitteilung der Ersatzmitglieder beginne.
Gegen die ihnen am 17.09.2010 zugestellte Entscheidung des Arbeitsgerichts h...