Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe. Ratenzahlung. Verbraucherinsolvenz. Aufhebung von Prozesskostenhilfe

 

Leitsatz (redaktionell)

Bestand die Ratenzahlungsforderung aus bewilligter Prozesskostenhilfe zugunsten der Staatskasse bereits zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so wird die Staatskasse gemäß § 38 InsO Insolvenzgläubigerin und kann ihre Forderungen gemäß § 87 InsO nur noch nach den Vorschriften der Insolvenzordnung verfolgen, sie hat sie also gemäß § 174 InsO bei der Treuhänderin anzumelden.

 

Normenkette

InsO §§ 294-295; ZPO § 120 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Beschluss vom 03.08.2011; Aktenzeichen 7 Ca 1883/10)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 03.08.2011, Az.: 7 Ca 1883/10, nebst dem Nichtabhilfebeschluss vom 09.12.2011 aufgehoben.

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I. Das Arbeitsgericht hat dem Kläger am 13.01.2011 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zur Durchführung eines Kündigungsschutzverfahrens bewilligt. Die Landeskasse zahlte seinem Rechtsanwalt gemäß § 55 RVG eine Vergütung in Höhe von EUR 966,88. Der Kläger sollte ab 01.02.2011 monatliche Raten in Höhe von EUR 30,00 leisten.

Weil er trotz mehrmaliger Zahlungsaufforderung keine Rate zahlte, hob der Rechtspfleger mit Beschluss vom 03.08.2011 die Prozesskostenhilfe gemäß § 124 Nr. 4 ZPO auf. Gegen diesen Beschluss legte der Kläger sofortige Beschwerde ein. Mit Schriftsatz vom 10.08.2011 teilte Frau Rechtsanwältin Z. Y. mit, dass das Amtsgericht X.-Stadt mit Beschluss vom 07.06.2011 (Az.: 6 IK 67/11) das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet und sie zur Treuhänderin bestellt hat. Eventuelle Forderungen seien zur Insolvenztabelle anzumelden.

Der Rechtspfleger hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 09.12.2011 nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Zur Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Klägers ist nach §§ 78 Satz 1 ArbGG, 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, 567 ff. ZPO zulässig.

Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Das Arbeitsgericht hat bei seiner Entscheidung die Wirkungen des (Verbraucher-) Insolvenzverfahrens mit dem Ziel der Restschuldbefreiung außer Acht gelassen.

Die hier betroffenen Ansprüche der Staatskasse auf monatliche Ratenzahlung in Höhe von EUR 30,00 ab dem 01.02.2011 haben bereits zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 07.06.2011 gegen den Kläger bestanden, so dass die Staatskasse gemäß § 38 InsO Insolvenzgläubigerin geworden ist und ihre Forderungen gemäß § 87 InsO nur noch nach den Vorschriften der Insolvenzordnung verfolgen kann, sie also gemäß § 174 InsO bei der Treuhänderin hätte anmelden müssen.

Die Treuhänderin hat den Rechtspfleger bereits mit Schreiben vom 10.08.2011 darauf hingewiesen, dass eventuelle Forderungen zur Insolvenztabelle anzumelden sind und ihm ein Formular übermittelt.

III. Durch die Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse des Arbeitsgerichts wird die Prozesskostenhilfebewilligung vom 13.01.2011 wiederhergestellt. Der Ratenzahlungsverpflichtung muss der Kläger im laufenden Insolvenzverfahren jedoch nicht nachkommen. Ihm ist es verwehrt, Zahlungen zur Befriedigung an einzelne Insolvenzgläubiger zu leisten.

Da die Beschwerde erfolgreich war, fallen Kosten nicht an. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO). Die Rechtsbeschwerde (§§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG) war nicht zuzulassen.

 

Fundstellen

NZI 2012, 176

VuR 2013, 353

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?