Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsverhältnis. Beschwer. Beschwerde. Beschwerdegegenstand. Dauer. Gegenstandswertsfestsetzung. Kündigungen, mehrere. Kündigungsschutzantrag. Verfristung. Zeugnis. Wertfestsetzung. Beschwer der anwaltlich vertretenen Partei. Gegenstandswert bei mehreren Kündigungen. Vergleichsmehrwert

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die anwaltlich vertretene Partei ist durch eine zu niedrige Gegenstandswertsfestsetzung gem. § 33 Abs. 1 RVG nicht beschwert. Die auf Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes gerichtete Beschwerde der Partei ist daher als unzulässig zu verwerfen.

2. Für die Festsetzung des Gegenstandswertes für die anwaltliche Tätigkeit ist bei einem Kündigungsschutzantrag die Dauer des Arbeitsverhältnisses im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung und nicht etwa der in der Kündigung bestimmte oder im Prozessvergleich festgelegte Endtermin des Arbeitsverhältnisses maßgeblich.

3.

  1. Wird die Wirksamkeit mehrerer Kündigungen, die in einem nahen zeitlichen Zusammenhang ausgesprochen worden sind, in einem Verfahren angegriffen und liegt ihnen ein identischer Kündigungssachverhalt zugrunde, dann ist die erste Kündigung abhängig von der Dauer des Bestands des Arbeitsverhaltnisses mit bis zu drei Bruttomonatsverdiensten zu bewerten, während jede weitere Kündigung sich nicht gegenstandswerterhöhend festzusetzen.
  2. Jede weitere Kündigung hat den Wert des durchschnittlichen Verdienstes, den der Arbeitnehmer bei Hinausschieben des Beendigungszeitpunktes aufgrund der weiteren Kündigung mehr bzw. bei Vorschieben des Beendigungszeitpunktes weniger verdienen würde. Dieser Betrag ist auf einen Monatsverdienst zu begrenzen (Deckelung).

4. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Gerichts setzt die Veranschlagung eines Vergleichsmehrwerts zwar nicht notwendigerweise einen gerichtlichen Streit der Parteien über den entsprechenden Punkt voraus; sie kommt aber gem. Nr. 1000 Abs. 1 der VV-RVG nur dann in Betracht, wenn durch die vergleichsweise Regelung ein Streit oder eine Ungewissheit der Parteien hinsichtlich des jeweiligen Regelungsgegenstandes beseitigt wird.

 

Normenkette

ArbGG § 9 Abs. 5 S. 3; GKG § 42 Abs. 4 S. 1; RVG § 33 Abs. 3 S. 3; ZPO § 3

 

Verfahrensgang

ArbG Trier (Beschluss vom 06.07.2009; Aktenzeichen 3 Ca 267/09)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 1 gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 06.07.2009 – 3 Ca 267/09 – wird als unzulässig verworfen.

2. Die Beschwerde des Beschwerdeführers zu 2 gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 06.07.2009 – 3 Ca 267/09 – wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Verfahrens haben die Beschwerdeführerin zu 1 und der Beschwerdeführer zu 2 als Gesamtschuldner zu tragen.

4. Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist nicht gegeben.

 

Tatbestand

I. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren begehrt der Prozessbevollmächtigte der Beklagten sowohl in ihrem als auch im eigenen Namen die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes.

Der Kläger war bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten seit dem 01.09.2008 mit einer durchschnittlichen Bruttomonatsvergütung von ca. 3.125,– EUR im Außendienst beschäftigt. Dieses Arbeitsverhältnis hat die Beklagte durch ein von der Assistentin der Geschäftsleitung unterzeichnetes Schreiben vom 17.02.2009 fristlos gekündigt. Der Kläger wies diese Kündigung wegen fehlender Vollmacht der Unterzeichnenden zurück und hat mit Schriftsatz vom 26.02.2009 Kündigungsschutzklage erhoben. Im Klageantrag zu 2 hat er Feststellung des Fehlens anderer Beendigungstatbestände und im Klageantrag zu 3 vertragsgemäße Weiterbeschäftigung begehrt. Mit einer Klageerweiterung vom 05.03.2009 hat er sich außerdem gegen eine mit Schreiben vom 26.02.2009 erfolgte zweite Kündigung gewandt. Die streitgegenständlichen Kündigungen sind wortgleich.

Mit Beschluss vom 27.04.2009 hat das Arbeitsgericht Trier das Zustandekommen eines Beendigungsvergleichs festgestellt, der unter anderem die Erteilung eines wohlwollenden qualifizierten Arbeitszeugnisses regelt.

Mit Beschluss vom 06.07.2009 hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf 6.250,– EUR festgesetzt. Dabei hat das Arbeitsgericht sowohl für den Kündigungsschutzantrag als auch für den Weiterbeschäftigungsanspruch jeweils ein Bruttomonatsgehalt angesetzt und die anderen Anträge wertmäßig nicht berücksichtigt. Gegen diesen, der Beklagten ausweislich der Zustellungsurkunde am 10.07.2009 und ihrem Prozessbevollmächtigten am 13.07.2009 zugestellten, Gegenstandsfestsetzungsbeschluss hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit am gleichen Tag bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 27.07.2009 sowohl im Namen der Beklagten als auch im eigenen Namen Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, der Kündigungsschutzantrag sei bei einer Dauer des streitgegenständlichen Arbeitsverhältnisses von 6 Monaten mit zwei Bruttomonatsgehältern anzusetzen. Gleiches gelte für den Weiterbeschäftigungsanspruch. Hinsichtlich...

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