Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswert. Kündigung, außerordentliche. mehrere Kündigungen bei identischem Kündigungssachverhalt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird die Wirksamkeit mehrerer Kündigungen, die in einem nahen zeitlichen Zusammenhang – etwa in einem Kündigungsschreiben (z.B. außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung) – ausgesprochen worden sind, in mehreren Verfahren angegriffen und liegt ihnen ein identischer Kündigungssachverhalt zugrunde, dann ist die erste Kündigung abhängig von der Dauer des Bestands des Arbeitsverhältnisses mit bis zu drei Bruttomonatsverdiensten zu bewerten. Jede weitere Kündigung erhöht den Gegenstandswert für eine Einigungsgebühr nicht.

2. Bei der Bestimmung des Gegenstandswerts nach § 42 Abs. 4 S. 1 GKG bleiben Faktoren außerhalb des Arbeitsverhältnisses wie z.B. eine Krankheit des Arbeitnehmers oder Ansprüche auf Arbeitslosengeld I außer Betracht, da § 42 Abs. 4 S. 1 GKG diesen sozialen Gesichtspunkten bereits ausreichend Rechnung trägt.

 

Normenkette

GKG § 42 Abs. 4 S. 1; RVG § 33 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Beschluss vom 21.08.2007; Aktenzeichen 3 Ca 260/07)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 21.08.2007 – 3 Ca 260/07 – wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.

2. Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.

 

Tatbestand

I.

Der Beschwerdeführer begehrt die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes im Zusammenhang mit dem Ausspruch einer außerordentlichen und hilfsweise ordentlichen Kündigung.

Der Kläger war seit dem 01.05.2006 bei der Beklagten zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst von 1.500,00 Euro beschäftigt. Mit seiner Klage vom 31.01.2007 hat er sich gegen eine außerordentliche und hilfsweise ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 10.01.2007 gewendet.

Das Verfahren wurde durch Rücknahme der Klage in der Sitzung am 15.06.2007 erledigt.

Auf Antrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 21.08.2007 den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit auf 3.000,00 Euro festgesetzt.

Gegen diesen Beschluss hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers beim Arbeitsgericht mit Schriftsatz vom 07.09.2007 Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit auf 6.000,00 Euro festzusetzen.

Nach Auffassung des Beschwerdeführers sei der Kündigungsschutzantrag gegen die außerordentliche Kündigung trotz des Bestands des Arbeitsverhältnisses von unter einem Jahr mit drei Bruttomonatsverdiensten zu bewerten. Für den Kläger sei der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nämlich aufgrund seiner Krankheit und zum Zwecke des Erwerbs von Ansprüchen auf Arbeitslosengeld I gerade das Erreichen eines vollen Beschäftigungsjahres von besonderer Bedeutung gewesen. Des Weiteren sei der Kündigungsschutzantrag gegen die zeitgleich, hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung mit einem Bruttomonatsverdienst zu bewerten gewesen.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und hat sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 33 Abs. 3 RVG statthaft. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, übersteigt den Wert des Beschwerdegegenstands von 200,00 Euro und ist auch sonst zulässig.

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers zutreffend mit zwei durchschnittlichen Bruttomonatsverdiensten des Klägers, also mit 3.000,00 Euro bewertet.

1. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 10.01.2007 war dabei mit zwei Bruttomonatsverdiensten zu bewerten.

Nach § 42 Abs. 4 S. 1 GKG ist für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend. Nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz (vgl. nur LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 31.05.2007 – 1 Ta 128/07) enthält § 42 Abs. 4 S. 1 GKG keinen Regelstreitwert. Der Vierteljahresverdienst ist vielmehr nur die Obergrenze für den vom Gericht nach freiem Ermessen (§ 3 ZPO) festzusetzenden Gegenstandswert. Bei dessen Festsetzung ist von dem wirtschaftlichen Interesse der klagenden Partei an dem Streitgegenstand auszugehen. Wenn – wie hier – zwischen den Parteien über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses gestritten wird, ist es für das wirtschaftliche Interesse an der begehrten Feststellung von entscheidender Bedeutung, welchen konkreten wirtschaftlichen Wert das Arbeitsverhältnis für den Kläger hat. Dieser Wert wird in erster Linie davon bestimmt, wie stark sich das Arbeitsverhältnis verfestigt hat. Dafür ist bei einem Bestandsstreit um das Arbeitsverhältnis vor allem dessen Bestandsdauer maßgeblich (so schon BAG, Urteil vom 30.11.1984 – 2 AZN 572/82 (B) – NZA 1985, 369 ff. zu § ...

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