Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstellung. Gegenstandswert. Hilfswert. Streitwert. Unterlassungsanspruch. Zustimmung. Unterlassung von Verletzungen der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gem. § 99 BetrVG, verbunden mit der Verpflichtung des Arbeitgebers zur nachträglichen Einholung der Zustimmung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Begehrt der Betriebsrat, dass der Arbeitgeber es künftig unterlässt, ohne seine Zustimmung neue Arbeitnehmer einzustellen, bestimmt sich der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG.

2. Dabei ist im Rahmen der Ermessensausübung eine Unterschreitung des in § 23 Abs. 3 S. 2 RVG genannten Hilfswerts nicht schon deswegen gerechtfertigt, weil sich das Mitbestimmungsrecht auf Geringverdienerkräfte bezieht. Ebenso kann eine Erhöhung des Hilfswerts nicht allein damit begründet werden, der Arbeitgeber habe in der Vergangenheit das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in einer Vielzahl von Fällen mißachtet.

3. Begehrt der Betriebsrat zusätzlich die Verpflichtung des Arbeitgebers zur nachträglichen Einholung seiner Zustimmung zu getätigten Einstellungen, dann ist dafür ein eigener Gegenstandswert festzusetzen, der aber wegen seiner inhaltlichen Überschneidung mit dem Unterlassungsantrag grundsätzlich um die Hälfte zu reduzieren ist. Eine Erhöhung dieses Werts kommt wiederum in Betracht, wenn es sich um die Nachholung einer Vielzahl von Maßnahmen handelt.

 

Normenkette

BetrVG § 99; RVG § 23 Abs. 3 S. 2, § 33 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Beschluss vom 30.10.2007; Aktenzeichen 9 BV 26/07)

 

Tenor

1.) Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird der Gegenstandswertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 30.10.2007 – 9 BV 26/07 – wie folgt abgeändert:

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers wird auf 8.000,00 EUR festgesetzt.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

2.) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Beschwerdeführer zu 5/6.

3.) Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben.

 

Tatbestand

I.

Die Beschwerdeführer begehren die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes im Zusammenhang mit der geltend gemachten wiederholten Verletzung der Mitbestimmungsrechte des Antragstellers gem. §§ 99, 100 BetrVG.

Der Antragsteller, der bei der Antragsgegnerin gebildete Betriebsrat, beantragte mit Schriftsatz vom 25.06.2007 sinngemäß,

1.) die Antragsgegnerin zu verpflichten, es zu unterlassen, ohne zuvor eingeholte Zustimmung des Antragstellers Arbeitnehmer einzustellen;

2.) hilfsweise festzustellen, dass die Antragsgegnerin mit Einstellung von S. S., I. I:, M: M., R. R., P. P., A.-A. A., D. D. ohne Zustimmung des Antragstellers dessen Mitbestimmungsrechte nach den §§ 99, 100 BetrVG verletzt hat;

3.) der Antragsgegnerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung nach Ziffer 1.) ein Ordnungsgeld von mindestens 10.000,00 EUR anzudrohen;

4.) der Antragsgegnerin aufzugeben, die Zustimmung des Antragstellers zur Einstellung der unter Ziffer 2.) genannten Personen einzuholen und im Falle der Verweigerung das Zustimmungsersetzungsverfahren beim Arbeitsgericht einzuleiten.

Das Verfahren wurde vom Arbeitsgericht Mainz mit Beschluss vom 09.08.2007 – 9 BV 26/07 – infolge Antragsrücknahme eingestellt.

Auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 30.10.2007 den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers auf 6.000,00 EUR festgesetzt. Dabei hat es den Gegenstandswert des Antrags zu Ziffer 1.) mit 4.000,00 EUR und den Antrag zu Ziffer 4.) mit 2.000,00 EUR festgesetzt. Für die Anträge unter Ziffer 2.) und 3.) hat das Arbeitsgericht keinen gesonderten Gegenstandswert veranschlagt.

Gegen diesen Beschluss haben die Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers mit Schriftsatz vom 02.11.2007, bei Gericht eingegangen am 05.11.2007, B e s c h w e r d e eingelegt mit dem Ziel, den Gegenstandswert mit 18.500,00 EUR festzusetzen. Nach seiner Meinung sei der Antrag zu Ziffer 1.) mit 8.000,00 EUR und der Antrag zu Ziffer 4.) mit 10.500,00 EUR anzusetzen.

Zur Begründung führen die Beschwerdeführer im Hinblick auf den Antrag zu Ziffer 1.) aus, eine Verdopplung des in § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG genannten Hilfswertes von 4.000,00 EUR rechtfertige sich dadurch, dass es sich nicht um ein einmaliges Vergehen, sondern um eine nachhaltige, über mehrere Jahre andauernde und sich wiederholende Verletzung der Mitbestimmungsrechte des Antragstellers handele. Hierzu verweisen die Beschwerdeführer auf einen Beschluss der erkennenden Kammer vom 07.08.2007 – 1 Ta 188/07. Die Wertfestsetzung für den Antrag zu Ziffer 4.) sei in Anlehnung an einen Beschluss der erkennenden Kammer vom 02.01.2006 – 1 Ta 283/05 – für jeden der namentlich benannten sieben Arbeitnehmer gesondert festzusetzen; auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich um einander ähnliche Fälle und größtenteils um Geringverdienerkräfte handele, dürfe die Reduzier...

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