Entscheidungsstichwort (Thema)
Berichterstattung. Tendenzunternehmen. Aufhebung von Einstellungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Ist Gegenstand eines Unternehmens die „Erstellung redaktioneller Inhalte für Printmedien und elektronische Medien jeder Art, Vertrieb von Printanzeigen und elektronischer Werbung jeder Art sowie Vertrieb von Medien-Abonnements” so kann ein Tendenzbetrieb i.S.v. § 118 BetrVG gegeben sein.
2. In einem Tendenzbetrieb ist die Einstellung eines Tendenzträgers (Redakteur) auch ohne Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG zulässig.
Normenkette
BetrVG §§ 118, 99
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Beschluss vom 09.11.2006; Aktenzeichen 11 BV 14/06) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – vom 09.11.2006, Az: – 11 BV 14/06 – wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die M.-Verlag-GmbH (Handelsregister AG Koblenz HRB 121) ist Herausgeberin der „Rhein-Zeitung”. Der Unternehmensgegenstand der Beteiligten zu 2 (= Antragsgegnerin) ist im Handelsregister AG Montabaur HRB 14524 u.a. mit „Erstellung redaktioneller Inhalte für Printmedien und elektronischen Medien jeder Art, Vertrieb von Printanzeigen und elektronischer Werbung jeder Art sowie Vertrieb von Medien-Abonnements” angegeben. In dem – zwischenzeitlich rechtskräftig abgeschlossenen – Beschlussverfahren – 2 TaBV 16/06 = 3 BV 39/05 – wurde festgestellt, dass die M.-Verlag-GmbH u.a. mit der r.-R-W-GmbH (= der Beteiligten zu 2 des vorliegenden Verfahrens) keinen gemeinsamen Betrieb bildet. Bei dem Beteiligten zu 1 handelt es sich um den Betriebsrat, dessen Wahl (vom 26.09.2005) in dem Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 14.02.2006 – 3 BV 45/05 – für unwirksam (– nicht: für nichtig –) erklärt worden ist (– das diesbezügliche Beschwerdeverfahren ist beim LAG Rheinland-Pfalz anhängig unter dem Az. – 8 (10) TaBV 24/06 –; Termin zur Anhörung: 09.05.2007 –).
Die Antragsgegnerin liefert (– als für die regionalen Ausgaben der Rhein-Zeitung in Neuwied, Bad Neuenahr-Ahrweiler und Altenkirchen/Betzdorf zuständige Lokalredaktion –) der M.-Verlag-GmbH den Lokalteil zum Zwecke der Veröffentlichung in der „R.-Zeitung”. Die Antragsgegnerin beschäftigt ca. 69 Mitarbeiter (davon ca. 37 Redakteure). Redaktionen unterhält die Antragsgegnerin in N., A. und Bad N.-A.. Die Regionalausgabe der „R.-Zeitung” enthält neben dem allgemeinen Impressum ein Lokalteil-Impressum. Dort (– s. Anlage B 7 = Bl. 97 d.A. – 11 BV 15/06 –) wird die Antragsgegnerin als „Regionalpartner” der M.-Verlag-GmbH angegeben (–, die dort als „Herausgeber und Verlag” bezeichnet wird –).
Nach vorangegangener Information über die jeweils beabsichtigte Einstellung (s. dazu die beiden Schreiben vom 27.03.2006, Bl. 4 f. d.A.) beschäftigt die Antragsgegnerin – ungeachtet der beiden Widerspruchsschreiben vom 03.04.2006 (Bl. 6 f. und 8 f. d.A.) – die Redakteurin N. H. seit dem 01.04.2006 und die Redakteurin G. O. seit dem 01.04.2006. Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im Übrigen wird in analoger Anwendung des § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den tatbestandlichen Teil des Beschlusses des Arbeitsgerichts vom 09.11.2006 – 11 BV 14/06 – (dort S. 2 ff. unter I. = Bl. 116 ff. d.A.). Auf die mündliche Anhörung vom 05.10.2006 hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 09.11.2006 – 11 BV 14/06 – die Anträge des Betriebsrates zurückgewiesen. Gegen den am 11.12.2006 zugestellten Beschluss vom 09.11.2006 – 11 BV 14/06 – hat der Betriebsrat am 09.01.2007 Beschwerde eingelegt und diese am 12.02.2007 mit dem Schriftsatz vom 12.02.2007 begründet. Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz vom 12.02.2007 (Bl. 139 ff. d.A.) Bezug genommen.
Der Betriebsrat führt dort u.a. aus:
Die Antragsgegnerin sei (mit) einer Lohndruckerei vergleichbar. Die Antragsgegnerin sei kein Tendenzunternehmen. Die Eigenschaft als Tendenzunternehmen sei bei der M.-Verlag-GmbH verblieben. Die Funktion der Antragsgegnerin erschöpfe sich in der eines Zulieferers, der die Kundenwünsche erfüllen müsse, um den Auftrag zu behalten, – mithin in einer rein wirtschaftlichen Funktion. Unter Bezugnahme u.a. auf den Beschluss des LAG Baden-Württemberg vom 10.10.2005 – 6 TaBV 11/04 – hebt der Betriebsrat hervor, dass der Betriebszweck selbst auf die Tendenz ausgerichtet sein müsse und nicht nur einer wirtschaftlichen Tätigkeit nach geeignet sein dürfe, den eigentlichen Tendenzbetrieb zu unterstützen. Der Betriebsrat verweist auf die presserechtliche Verantwortlichkeit der M.-Verlag-GmbH für die Herausgabe der „R.-Zeitung” sowie darauf, dass die Antragsgegnerin die M.-Verlag-GmbH lediglich im Rahmen eines Dienstleistungsvertrages mit Berichten und Kommentaren beliefere. Er erwähnt auch, dass die letzte Entscheidung für die Annahme des von der Antragsgegnerin gefertigten Produkts bei der Chefredaktion der M.-Verlag-GmbH liege. Der Betriebsrat rügt, dass sich das A...