Entscheidungsstichwort (Thema)
Abhilfeentscheidung. Beschwerde, unzulässige. Beschwerde, verfristete. Gegenvorstellung. Prozesskostenhilfe, Aufhebung der. Aufhebung von Prozesskostenhilfe. Beschwerdefrist
Leitsatz (amtlich)
1. Eine nach Ablauf der Frist des § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO i.v.m. § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO eingehende sofortige Beschwerde ist vom Landesarbeitsgericht als unzulässig zu verwerfen.
2. Das erstinstanzliche Arbeitsgericht hat die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde in seiner Abhilfeentscheidung nicht zu berücksichtigen. In jeder sofortigen Beschwerde ist als minus eine Art Gegenvorstellung zu sehen. Da Entscheidungen im Prozesskostenhilfeverfahren nicht in Rechtskraft erwachsen, hat der Rechtspfleger im Rahmen der Nichtabhilfeentscheidung auch bei einer verspäteten sofortigen Beschwerde zu prüfen, ob er dem Vorbringen stattgibt und seine Entscheidung inhaltlich abändert.
Normenkette
ArbGG § 78; ZPO § 127 Abs. 2 S. 3, § 569
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Beschluss vom 31.05.2011; Aktenzeichen 7 Ca 1045/09) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 31.05.2011 – 7 Ca 1045/09 – wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beschwerdeführer zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung des ihm Prozesskostenhilfe gewährenden Beschlusses.
Das Arbeitsgericht Koblenz hat dem Kläger für die von ihm betriebene Klage Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten ohne Zahlungsbestimmung bewilligt.
Nach Abschluss des Rechtsstreits hat das Arbeitsgericht den Kläger mehrfach aufgefordert zu erklären, ob zwischenzeitlich eine Änderung seiner wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse eingetreten sei. Nachdem der Kläger nicht reagierte, hat das Arbeitsgericht die Prozesskostenhilfebewilligung mit Beschluss vom 31.05.2011, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 04.06.2011, aufgehoben.
Mit am 11.08.2011 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger sich an das Gericht gewandt und um Stundung bzw. um Beseitigung der Verbindlichkeit nachgesucht.
Das Arbeitsgericht hat den Schriftsatz des Klägers als Gegenvorstellung ausgelegt und dem Kläger erneut Gelegenheit gegeben, die geforderte Erklärung über eine Änderung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nachzureichen. Als der Kläger hierauf erneut nicht reagierte, hat dem Gesuch nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, da sie gem. §§ 127 Abs. 2 Satz 3, 222 Abs. 1 ZPO, 187, 188 Abs. 2 BGB nicht fristgerecht eingelegt wurde.
Gemäß § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO in Verbindung mit § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO i. V. m. § 78 ArbGG ist die sofortige Beschwerde binnen einer Notfrist von einem Monat einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nicht anders bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung an den Prozessbevollmächtigten oder, falls ein solcher nicht oder nicht mehr bevollmächtigt ist, an die Partei.
Maßgeblich für den Beginn der Notfrist ist im vorliegenden Fall der Zugang des Beschlusses bei dem Prozessbevollmächtigten des beschwerdeführenden Klägers. Ausweislich des bei den Akten befindlichen Empfangsbekenntnisses ging diesem der Beschluss vom 31.05.2011 am 04.06.2011 zu. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Beschl. v. 19.07.2006 – 3 AZB 18/06), des Bundesgerichtshofs (Beschl. v. 08.12.2010 – XII ZB 38/09) und der Beschwerdekammer des LAG Rheinland-Pfalz (Beschl. v. 03.04.2009 – 1 Ta 46/09) erstreckt sich der Umfang der Prozessvollmacht und damit auch die Zustellungsbevollmächtigung auf die nachträgliche Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Prozesskostenhilfeverfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO, wenn der Prozesskostenhilfeantrag – wie hier – bereits durch den Prozessbevollmächtigten gestellt wurde. In diesen Fällen muss gem. § 172 Abs. 1 ZPO die Zustellung an den Prozessbevollmächtigten erfolgen, um wirksam zu sein (vgl. BAG, BGH sowie LAG, a.a.O.).
Die Monatsfrist begann daher mit dem 05.06.2011 zu laufen und endete nach §§ 127 Abs. 2 S. 3, 222 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des 04.07.2011. Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers ging jedoch erst am 11.08.2011 und damit verspätet bei Gericht ein.
Die sofortige Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zu verwerfen.
Da das Rechtsmittel bereits unzulässig ist, ist es dem Beschwerdegericht verwehrt, die als Gegenvorstellung anzusehende Eingabe des Beschwerdeführers (vgl. insoweit LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 16.07.2009 – 1 Ta 139/09) und die Entscheidung des hierfür zuständigen Arbeitsgerichts hierüber inhaltlich zu überprüfen und ggf. zu ändern. Ob der Nichtabhilfebeschluss richtig war, hätte das Beschwerdegericht nur im Rahmen eines zulässigen Rechtsmittels überprüfen können, da dies eine Frage der Begründetheit ist.
Für die Zulassung de...