Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsratsschulung. Schulung. Kosten. Erforderlichkeit. Qualitätsmanagement ISO 9000. Erstattung von Schulungskosten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Plant der Arbeitgeber die Einführung des Qualitätsmanagementsystems nach DIN/ISO 9000–9004, das die Sicherstellung der ständig gleichbleibenden Qualität eines Produktionsprozesses zum Gegenstand hat und die Teilnahme an einem entsprechenden Zertifizierungsverfahren, kann eine Schulung von Betriebsratsmitgliedern über den Inhalt dieses Systems erforderliche Kenntnisse i.S.d. § 37 Abs. VI BetrVG vermitteln. Gegenstand der Schulung ist die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems, das sich insgesamt auf den Produktionsprozeß auswirkt und deshalb geeignet ist. Folgen für sämtliche am Produktionsprozeß teilnehmenden Mitarbeiter auszulösen.

2. Für die Beurteilung, ob die Schulung- erforderlich ist, kommt es nicht darauf an, worin im einzelnen durch die Einführung des Systems Mitwirkungsrechte des Betriebsrates berührt werden können. Entscheidend ist, daß dieses System zu mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen führen kann und aller Voraussicht nach auch führen wird. Damit wird der Betriebsrat vor die Aufgabe gestellt, zu den im einzelnen durchzuführenden Maßnahmen, soweit seine Mitbestimmungsrechte betroffen sind, sachkundig Stellung zu nehmen und auf der Basis eines fundierten Wissens Über Zustimmung oder Ablehnung zur geplanten betrieblichen Maßnahme zu entscheiden. Dazu ist er nur in der Lage, wenn er die Ziele kennt, die der Arbeitgeber mit der Einführung des Qualitätsmanagementsystems verfolgt, und wenn er Vorteile und Nachteile dieses Systems für die Belegschaft sachkundig abschätzen kann.

3. Ist die Schulung in zwei Abschnitte unterteilt, bei denen der erste Abschnitt vornehmlich der Vermittlung theoretischer Kenntnisse dient, während im zweiten Abschnitt der Erfahrungsaustausch mit anderen Betriebsratsmitgliedern und Praktikern im Vordergrund steht, ist für beide Teile der Schulung grundsätzlich die Erforderlichkeit zu bejahen. Für den Betriebsrat ist insbesondere wichtig, durch die Diskussion mit anderen Betriebsräten praxisbezogene Erkenntnisse zu gewinnen und die schon in anderen Betrieben aufgetretenen Konsequenzen dieses Systems zu erfahren.

4. Der Arbeitgeber ist nur zur Erstattung der Kosten in der Höhe verpflichtet, in der sie verhältnismäßig und erforderlich waren. Er ist grundsätzlich nicht verpflichtet, Einrichtungen des Gegners zu finanzieren und zu den Verwaltungskosten für Bildungseinrichtungen des sozialen Gegenspielers beizutragen (vgl. etwa BAG 28.06.95, 7 ABR 55/94 = EZA Nr. 74 zu § 40 BetrVG 1972).

Daraus folgt zunächst, daß der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, die für die „Nutzung der Tagungsräume und der technischen Geräte” angesetzten Kosten zu übernehmen. Auch die Kosten der persönlichen Lebensführung hat der Arbeitgeber nicht zu erstatten, soweit sie in der Schulungszeit anfallen. Die für Kaffeepausen und Tagungsgetränke in Ansatz gebrachten Kosten können deshalb nicht anerkannt werden (BAG 30.03.94, 7 ABR 45/93 = EZA Nr. 71 zu § 40 BetrVG 1972).

Bei den für die Verpflegung in Ansatz gebrachten Kosten ist ein Abzug von 20 % für ersparte Eigenaufwendungen vorzunehmen (BAG 28.06.95, 7 ABR 55/94 = EZA Nr. 74 zu § 40 BetrVG).

 

Normenkette

BetrVG § 37 Abs. VI

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Beschluss vom 07.03.1996; Aktenzeichen 8 BV 2855/95)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Koblenz – Az.: 8 BV 2855/95 – vom 07.03.96 wie folgt neu gefaßt:

Die Beteiligte zu 4.) wird verurteilt, dem Beteiligten zu 1.) einen Betrag in Höhe von 460,20 DM und dem Beteiligten zu 2.) einen Betrag in Höhe von 493,50 wegen Teilnahme an der Schulungs- und Bildungsveranstaltung am 03./04.04.1995 (Beteiligter zu 1.) und am 23./24.03.1995 (Beteiligter zu 2.) durch Zahlung dieser Beträge an die … (Konto-Nr.: 1017014200 bei der … BLZ: 470 101 11) zu erstatten.

 

Tatbestand

I.

Der Beteiligte zu 1. ist als Schlosser, der Beteiligte zu 2. als Einrichter bei der Antragsgegnerin (Arbeitgeberin) beschäftigt. Beide sind Mitglieder des neunköpfigen Betriebsrates.

Die Beteiligten zu 1. und 2. nehmen den Arbeitgeber auf Erstattung von Schulungskosten in Anspruch. Aufgrund eines Betriebsratsbeschlusses vom 02.02.1995 nahm der Beteiligte in der Zeit vom 23. und 24.03. sowie vom 03. und 04.04.1995 an einer Schulung teil, die das Qualitätsmanagementsystem 9000–9004 zum Gegenstand hatte. Der Beteiligte nahm an dieser Schulung nur in der Zeit vom 23. und 24.03. teil.

Dem Beteiligten erstattete der Arbeitgeber die Schuldungskosten für die Zeit vom 23. und 24.03.; die Übernahme der Kosten für den zweiten Teil der Schulung am 03. und 04.04.1995 lehnt sie ab.

Für den Beteiligten der nur am ersten Teil der Schulung teilnahm, lehnt sie auch die Übernahme der insoweit entstandenen Kosten ab.

Der Antragsteller begehrt die Erstattung von Kosten in Höhe von 562,00 DM, zum Nachweis hat er eine Rechnung der vorgelegt, in der die Kosten wie folgt ...

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