Entscheidungsstichwort (Thema)
Versagung der Gebührenfestsetzung bei außergebührenrechtlichen Einwendungen des Mandanten
Leitsatz (redaktionell)
1. Gemäß § 11 Abs. 5 RVG kann die Rechtsanwaltsvergütung gegen die eigene Partei nur dann festgesetzt werden, wenn die Partei keine materiell-rechtlichen Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht angesiedelt sind; damit soll das vereinfachte und formalisierte Vergütungsfestsetzungsverfahren von der Prüfung komplexer materiell-rechtlicher Fragen freigehalten werden.
2. Der Einwand des Mandanten muss gewissen Mindestanforderungen genügen, so dass völlig unsubstantiierte und nicht einzelfallbezogene Einwendungen, wie etwa eine floskelhafte Wiedergabe des Gesetzestextes oder die bloße Bemerkung, dass Schlechterfüllung geltend gemacht wird, der Vergütungsfestsetzung nicht entgegen stehen; nicht ausreichend sind damit solche Einwendungen, die auch bei äußerst zurückhaltender summarischer Prüfung unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt Bestand haben können, weil sie erkennbar unrichtig, gänzlich halt- und substanzlos oder offensichtlich aus der Luft gegriffen sind.
3. Der außergebührenrechtliche Einwand muss zumindest im Ansatz erkennen lassen, dass der Vergütungsanspruch des Antragstellers aus materiellrechtlichen Gründen unbegründet sein könnte; erforderlich ist die Darlegung von Umständen, die auf die Besonderheiten des konkreten Falles bezogen sind und aus denen der materiell-rechtliche Einwand zumindest im Kern ersichtlich wird.
4. Macht der Mandant mit seiner Beschwerde geltend, dass er sich veranlasst sieht, die Beschwerdegegner in Regress zu nehmen, da diese im Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht zur Verhandlung über den Einspruch nicht aufgetreten sind und es deshalb zum Erlass eines zweiten Versäumnisurteils gekommen ist, wird hinreichend konkret ein Sachverhalt aufgezeigt, aus dem unter Berücksichtigung der Besonderheiten des konkreten Falles eine schuldhafte Verletzung anwaltlicher Rücksichtnahme- und Treuepflichten aus dem Anwaltsvertrag und damit Regressansprüche hergeleitet werden können.
5. Die Prüfung, ob Regressansprüche unter dem Gesichtspunkt der Mandatskündigung zur Unzeit tatsächlich bestehen, kann im Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht erfolgen; derartige Ansprüche scheiden jedenfalls ohne nähere Prüfung nicht erkennbar und offensichtlich aus.
Normenkette
RVG § 11 Abs. 5
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 04.06.2014; Aktenzeichen 1 Ca 517/11 LU) |
Tenor
- Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 4. Juni 2014, Az. 1 Ca 517/11, aufgehoben und der Kostenfestsetzungsantrag der Beschwerdegegner vom 7. Januar 2014 zurückgewiesen.
- Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragsteller zu tragen; im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
- Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 78 Satz 1 ArbGG, 11 Abs. 1 RPflG, § 104 Abs. 3 Satz 1, 567 ff. ZPO zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
Eine Vergütungsfestsetzung kann nicht erfolgen, da der Beschwerdeführer Einwendungen, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben, im Sinne des § 11 Abs. 5 RVG erhoben hat.
1.
Gemäß § 11 Abs. 5 RVG kann die Rechtsanwaltsvergütung gegen die eigene Partei nur dann festgesetzt werden, wenn die Partei keine materiell-rechtlichen Einwendungen bzw. Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht angesiedelt sind. Zweck der Regelung ist es, das vereinfachte und formalisierte Vergütungsfestsetzungsverfahren von der Prüfung komplexer materiell-rechtlicher Fragen freizuhalten. Dem Rechtspfleger ist es daher in der Regel versagt, im Verfahren der Kostenfestsetzung Gegenrechte des Antragsgegners zu bewerten, deren Relevanz über das eigentliche Kostenfestsetzungsverfahren hinausgeht. Da über die materiell-rechtliche Begründetheit eines außergebührenrechtlichen Einwandes im Vergütungsfestsetzungsverfahren nicht zu entscheiden ist, kann in der Regel auch weder eine nähere Substantiierung der Einwendungstatsachen verlangt werden, noch hat der Rechtspfleger eine materiell-rechtliche Schlüssigkeitsprüfung vorzunehmen.
Andererseits führt nicht schon jede pauschal erhobene Einwendung außerhalb des Gebührenrechtes zwingend zu einer Ablehnung der Vergütungsfestsetzung. Der Einwand muss vielmehr gewissen Mindestanforderungen genügen. Völlig unsubstantiierte, nicht einzelfallbezogene Einwendungen, wie etwa eine floskelhafte Wiedergabe des Gesetzestextes oder die bloße Bemerkung, man mache Schlechterfüllung geltend, stehen der Vergütungsfestsetzung nicht entgegen. Nicht ausreichend sind damit solche Einwendungen, die auch bei äußerst zurückhaltender summarischer Prüfung unter keinem vernünftigen Gesichtspunkt Bestand haben können, weil sie erkennbar unrichtig, gänzlich halt- und substanzlos oder offensichtlich aus der Luft gegriffen sind (vgl. Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl., § 11 RVG Rz. 138 ff.; OLG Sachsen-Anhalt 13.08.2010...