Entscheidungsstichwort (Thema)
Verhaltensbedingte Kündigung. Anforderung an Darlegungslast
Leitsatz (amtlich)
Die bloße Behauptung des Arbeitgebers, ein Arbeitnehmer sei für seine Aufgabe ungeeignet, ersetzt keinen Tatsachenvortrag, aus denen das Gericht den entsprechenden Schluss ziehen kann. Bei im Übrigen auf Leistungsmängel gestützter Kündigung ist daher regelmäßig eine vorherige vergebliche Abmahnung zur sozialen Rechtfertigung einer ordentlichen Kündigung erforderlich.
Normenkette
KSchG § 1
Verfahrensgang
ArbG Trier (Urteil vom 06.09.2000; Aktenzeichen 4 Ca 924/00) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 06.09.2000 – 4 Ca 924/00 – wird zurückgewiesen.
Der Auflösungsantrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Arbeitgeberkündigung und die Weiterbeschäftigung des Klägers.
Die Beklagte, die in D. eine Lohndreherei mit ca. 170 Mitarbeitern betreibt, beschäftigte aufgrund Anstellungsvertrages mit Wirkung ab 01.08.1998 den Kläger als Fertigungsleiter. Das Arbeitsverhältnis wird durch den schriftlichen Arbeitsvertrag vom 29.06.1998 bestimmt. Der Kläger verdiente zuletzt durchschnittlich 12.041,50 DM brutto.
Mit Schreiben vom 29.05.2000 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.08.2000. Sie hatte zuvor den im Betrieb bestehenden Betriebsrat im Hinblick auf die beabsichtigte Kündigung mittels Anhörungsbogen zum 18.05.2000 angehört. Der Betriebsrat hatte der Kündigung zugestimmt. Der Kläger hat sich mit am 09.06.2000 beim Arbeitsgericht erhobenen Klage gegen diese Kündigung gewendet.
Er hat im Wesentlichen vorgetragen, sämtliche Vorwürfe der Beklagten, die im Übrigen unsubstantiiert seien und zudem bestritten seien, entstammten seinem Leistungsverhalten und seien demgemäß steuerbar und einer Abmahnung zugänglich. Deshalb sei die Kündigung unwirksam, im Übrigen sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 29.05.2000 aufgelöst worden ist.
- Die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen als Fertigungsleiter in D. weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat im Wesentlichen vorgetragen, die Kündigung sei sozial gerechtfertigt. Da es im Betriebsablauf zu Störungen wegen nicht hinreichender Eignung des Klägers in Form von mangelnder fachlicher Qualifikation als auch persönlicher Ungeeignetheit aus charakterlichen Gründen gekommen sei, liege ein personenbedingter Kündigungsgrund vor. Diese Mängel beruhten nicht auf mangelndem Leistungswillen und auch nicht auf Nachlässigkeit, eine vorherige Abmahnung sei daher nicht erforderlich gewesen.
Zu den Kündigungsgründen im Einzelnen hat die Beklagte erstinstanzlich ausführlich vorgetragen, der Kläger ebenso ausführlich in erster Instanz. Das Arbeitsgericht hat in seinem angefochtenen Urteil die von den Parteien streitig vorgebrachten Behauptungen erschöpfend dargelegt. Da sich im Berufungsverfahren insoweit der Sachvortrag nicht geändert hat, wird zur Vermeidung von Wiederholungen gem. § 543 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, die Kündigung sei verhaltensbedingt, damit sei eine vorherige vergebliche Abmahnung erforderlich gewesen. Die von der Beklagten gerügten Leistungsmängel seien auch nicht so gravierend, dass ohne eine Abmahnung ausnahmsweise eine ordentliche Kündigung hätte ausgesprochen werden können. Auf die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates komme es nicht an.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die Entscheidung des Arbeitsgerichts Trier vom 06.09.2000 verwiesen.
Gegen das der Beklagten am 18.09.2000 zugestellte Urteil richtet sich die am 16.10.2000 eingelegte Berufung. Die Beklagte hat diese Berufung am 14.11.2000 begründet.
Sie wiederholt hinsichtlich der Kündigungsgründe ihren erstinstanzlichen Tatsachen- und Rechtsvortrag und die nochmalige Behauptung, alle die von ihr aufgeführten Leistungsmängel ließen nur den Schluss zu, dass der Kläger aus personenbedingten Gründen nicht geeignet sei, die Funktion eines Fertigungsleiters auszuführen. Daher sei eine vorherige vergebliche Abmahnung entbehrlich.
Hilfsweise betreibt sie die Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Es sei für sie nicht mehr zumutbar, das Beschäftigungsverhältnis mit dem Kläger fortzuführen. Der Kläger habe am Freitag, dem 18.08.2000 etwas 15–18 Arbeitnehmer der Beklagten zur Gaststätte „Zum …” in D. zu einer Ausstandsfeier eingeladen. Diese Abschiedsfeier habe sich dann derart gestaltet, dass von 15.00 Uhr bis 21.00 Uhr dem Alkoholgenuss geradezu überschwänglich gefrönt worden sei. Danach alle zusammen nach T. zur Kirmes fuhren, wo sie ihre vorherigen Anstrengungen noch intensivierten. Der Schwer...