Entscheidungsstichwort (Thema)

Auflösungsgründe. Verhaltensbedingte Kündigung. Schlechtleistung. Auflösungsantrag

 

Leitsatz (redaktionell)

Schlechtleistungen und unzureichende Arbeitsleistungen des Arbeitnehmers rechtfertigen im Regelfall erst nach vorheriger vergeblicher Abmahnung den Ausspruch einer ordentlichen Kündigung und zwar auch dann, wenn der Arbeitnehmer fahrlässig große Schäden verursacht. Grundsätzlich liegt das Risiko der richtigen Auswahl des Arbeitnehmers beim Arbeitgeber.

 

Normenkette

KSchG § 9 Abs. 1 S. 2, § 1 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Trier (Urteil vom 19.12.2007; Aktenzeichen 1 Ca 1367/07)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 19.12.2007 teilweise abgeändert:

Der Auflösungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger über den 31.12.2007 hinaus entsprechend dem Anstellungsvertrag vom 27.09.2004 als Manager Logistics weiterzubeschäftigen.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit einer fristgerechten Arbeitgeberkündigung, um Weiterbeschäftigung des Klägers und um die Frage, ob auf den Auflösungsantrag der Beklagten das Arbeitsverhältnis aufzulösen ist.

Der Kläger war im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung 39 Jahre alt, verheiratet, Vater eines Kindes. Er ist gemäß schriftlichem Arbeitsvertrag vom 27.09.2004 seit 01.10.2004 bei der Beklagten als Manager Logistics beschäftigt. Unterstellt ist er dem Manufacturing Services Director V.. Sein monatliches Bruttoentgelt beträgt 6.070,00 EUR. Als Manager Logistics obliegt ihm die wesentliche Hauptverantwortung für den gesamten Versand von Rohtabak, Halbfertigware, d. h. bearbeitetem Tabak und Fertigware, d. h. Zigaretten. Hierzu zählt die zentrale Warenannahme für alle Warensendungen nebst Lagerverwaltung und der Transport von bis zu 400 verschiedenen Tabaksorten im Monat zu den Tabakaufbereitungsanlagen. Zentrale Aufgabe des Klägers ist es dabei, einen reibungslosen Ablauf im Bereich Logistik inklusive des Rohtabaks zu gewährleisten. Hierzu ist er für sämtliche Prozessabläufe im Bereich Logistik inklusive Rohtabak verantwortlich und hat jede einzelne Prozessbeschreibung vor ihrer Umsetzung auf die Lückenlosigkeit und Fehlerfreiheit zu überprüfen und im Anschluss daran freizugeben. Zu seinen Aufgaben gehört die termingerechte, unbeschädigte und sichere Auslieferung von Fertigware, die Vorhaltung ausreichender Lagerkapazitäten sowie die Sicherstellung des internen Materialtransportes.

Im Jahre 2004 wurden Zigaretten über die Firma U. ins Ausland transportiert. Diese stellte dafür spezielle Bahnwaggons zur Verfügung, die mit Schlössern versehen waren. Diese Schlösser konnten ausschließlich mit einem Spezial-Schlüssel geöffnet werden. Der letzte Vertrag mit der Firma T. bzw. U. ist am 04.10.2004 vereinbart worden. Wenige Tage vor Unterzeichnung des Vertrages hatten die Mitarbeiter der Beklagten S. und R. am 24.09.2004 den Empfang des Sicherheitsschlüssels schriftlich gegengezeichnet. Der Kläger selbst hat am 04.10.2004 seine Arbeit im Betrieb aufgenommen. Der Spezialschlüssel wurde zunächst im Bereich Logistik aufbewahrt, nach Darstellung des Klägers in einem Tresor. Nach dem ein Waggon der Firma U. unauffindbar in Italien verschwunden war, wurde ab Mitte 2006 mit den Waggons keine Fertigware mehr verschickt, da das damit verbundene Verlustrisiko zu hoch schien. Seit diesem Zeitpunkt wurden die Bahnwaggons der Firma U. ausschließlich noch für den Versand von Tabak in die Schweiz eingesetzt. Zu einem Zeitpunkt nach diesem Termin wurde der Spezialschlüssel nicht mehr im Tresor im Bereich Warenversand, sondern in den Bereich Rohtabak, einem Büro der Halle 13 verbracht. Zu dem Büro und dem Schreibtisch haben mehrere Personen Zugang.

Am 11.06.2007 wurde festgestellt, dass der Spezialschlüssel nicht mehr auffindbar war. Sämtliche Suchaktionen blieben erfolglos. Der Schlüssel ist bis heute nicht mehr aufgetaucht. Nachdem die Firma U. über den Verlust der Spezialschlüssel unterrichtet worden war, machte diese darauf aufmerksam, dass die von der Beklagten verwendeten speziellen Bahnwaggons nicht ausschließlich von der Beklagten eingesetzt wurden, sondern auch noch für Fertigware anderer Kunden. Deshalb müsse der Verlust eines Spezialschlüssels zum Austausch sämtlicher Spezialschlösser an den Bahnwaggons aus Sicherheitsgründen führen. Eine derartige Auswechselung verursache Kosten in Höhe von rund 450.000,00 EUR, die von der Beklagten zu erstatten seien. Nach Angaben der Prozessbevollmächtigten der Beklagten ist eine Erstattung bislang allerdings nicht erfolgt.

Bei der Untersuchung des Vorfalls durch die Abteilung XY der Beklagten wurde festgestellt, dass für die Verwaltung des Sicherheitsschlüssels im Bereich Logistik ein Prozess nicht existierte. Ebenso wenig wurde der Schlüssel zentral verwaltet oder ein Schlüsselbuch geführt, aus welchem die Ausg...

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