Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitverschulden des nicht berücksichtigten Bewerbers bei Nichterhebung einstweiliger Verfügung
Leitsatz (redaktionell)
Den beim Auswahlverfahren nicht mehr berücksichtigten Bewerber trifft die Pflicht, sich zunächst mit einer einstweiligen Verfügung zu wehren, soweit diese zumutbar ist. Erst dann kann sekundär ein Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden. Ansonsten trifft ihn ein Mitverschulden, das auch im Rahmen des § 839 BGB gilt. Im Wege des Schadensersatzes ist der Betroffene so zu stellen, als ob er die entsprechende Stelle bekommen hätte.
Normenkette
BGB § 839 Abs. 3; GG Art. 33 Abs. 2; BGB § 254
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Entscheidung vom 01.08.2018; Aktenzeichen 1 Ca 441/18) |
Nachgehend
Tenor
- Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 1. August 2018, Az. 1 Ca 441/18, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche wegen Nichtberücksichtigung des Klägers bei zwei Stellenausschreibungen.
Der 1961 geborene Kläger war bei der beklagten C. aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrags in der Zeit vom 09.03.2015 bis zum 08.03.2017 beschäftigt. Er wurde als Arbeitsvermittler mit Beratungsaufgaben in der Agentur für Arbeit in F. eingesetzt. Auf das befristete Arbeitsverhältnis fand kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der Tarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der C. (TV-BA) in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Der Kläger wurde zuletzt nach Tätigkeitsebene 4 Entwicklungsstufe 2 TV-BA vergütet; seine Bruttovergütung belief sich auf € 3.502,47 monatlich. Unter dem Datum vom 08.03.2017 erteilte die Beklagte dem Kläger ein qualifiziertes Arbeitszeugnis, die Beurteilung lautet abschließend: "Er hat die ihm übertragenen Aufgaben zu meiner vollen Zufriedenheit erledigt."
Die Beklagte schrieb Anfang des Jahres 2017 zwei Stellen aus: Eine Stelle für einen Arbeitsvermittler mit Beratungsaufgaben in der Agentur für Arbeit in L. und eine Stelle für einen Sachbearbeiter Leistungsgewährung im Bereich SGB II in der Agentur für Arbeit in M.. Beide Ausschreibungen richteten sich ausdrücklich nur an Dauerkräfte, dh. an Arbeitnehmer mit unbefristetem Arbeitsvertrag oder Beamte. Der Kläger bewarb sich am 10.02.2017 und am 16.02.2017 gleichwohl auf die Stellen. Mit zwei Schreiben vom 14.02.2017 und vom 08.03.2017 teilte die Beklagte dem Kläger für beide Stellen gleichlautend mit, dass seine Bewerbung nicht berücksichtigt werden könne, weil er die formalen Voraussetzungen nicht erfülle. Die Ausschreibung richte sich ausschließlich an Dauerkräfte. Die Beklagte besetzte die zwei Stellen jeweils mit Wirkung ab 01.05.2017 mit zwei internen Bewerberinnen; die Zusage erteilte sie ihnen am 26.04.2017.
Der Kläger bewarb sich bis Juni 2017 bei der Beklagten erfolglos auf weitere Stellen. Er war vom 09.03.2017 bis zum 28.02.2018 arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld iHv. monatlich € 1.376,10. Seit März 2018 hat der Kläger eine neue Arbeitsstelle, sein Monatsgehalt beim neuen Arbeitgeber beträgt € 2.588,62 brutto.
Mit zwei Schreiben vom 27.06.2017 wandte sich der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers an die Beklagte und forderte sie auf, dem Kläger eine der ausgeschriebenen Stellen zu übertragen. Für den Fall einer bereits erfolgten Stellenbesetzung verlangte er vollständige Auskunft zum Bewerbungsverfahren. Die Beklagte antwortete ihm mit Schreiben vom 04.07.2017 und teilte mit, dass sie beide Stellen aus personalwirtschaftlichen Gründen nur für unbefristet Beschäftigte ausgeschrieben habe. Im Übrigen habe sie beide Stellen inzwischen besetzt. Ferner bot sie dem Kläger an, ihm nach Terminvereinbarung jeweils vor Ort Akteneinsicht zu gewähren. Davon machte der Kläger keinen Gebrauch.
Mit seiner am 20.03.2018 beim Arbeitsgericht Mainz eingegangenen Klage begehrt der Kläger von der Beklagten Schadensersatz. Er verlangt die Differenz zwischen einem monatlichen Betrag von € 3.687,31 und dem bezogenen Arbeitslosengeld für die Zeit vom 09.03.2017 bis zum 28.02.2018 sowie für die Zeit vom 01.03.2018 bis zum 31.07.2018 die Entgeltdifferenz zum Arbeitsverdienst beim neuen Arbeitgeber. Außerdem begehrt er die Feststellung, dass ihm die Beklagte künftige Schäden ersetzen muss.
Der Kläger ist der Ansicht, in seiner Nichtberücksichtigung bei den Stellenausschreibungen aufgrund seiner befristeten Beschäftigung liege eine unzulässige Benachteiligung, insbesondere ein Verstoß gegen §§ 4 Abs. 2 und 5 TzBfG sowie die Richtlinie 1999/70/EG. Eine Akteneinsicht sei ihm nicht zumutbar gewesen. Aus der Nichtgewährung der geforderten Informationen zum Bewerbungsverfahren folge das Indiz, dass er der bestgeeignete Bewerber gewesen sei. Tatsächlich sei dies auch der Fall gewesen, was sich ua. aus dem erteilten Zeugnis ergebe. Ihm sei nicht zumutbar gewesen, während noch laufender Bewerbungsverfahren gegen die Beklagte im Wege einer einstweiligen V...