Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung. Aufhebungsvertrag. Anfechtung eines Aufhebungsvertrages
Leitsatz (redaktionell)
Eine auf § 123 BGB gestützte Anfechtung eines Aufhebungsvertrages wegen widerrechtlicher Drohung mit einer Kündigung ist nur dann erfolgreich, wenn der Arbeitgeber unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalles davon ausgeht, dass die angedrohte Kündigung im Falle ihres Ausspruches einer arbeitsgerichtlichen Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht standhalten würde (im Anschluss an BAG, Urteil vom 06.12.2001 – 2 AZR 396/00).
Normenkette
BGB § 123
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 09.06.2005; Aktenzeichen 4 Ca 360/05) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 09.06.2005 – 4 Ca 360/05 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Bestandskraft eines Aufhebungsvertrages, um Annahmeverzugsansprüche und einen Weiterbeschäftigungsanspruch.
Der Kläger war bei der Beklagten, die sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Grundstoffen der pharmazeutischen Industrie sowie der Herstellung von diätetischen Lebensmitteln befasst, seit 01.05.2004 mit einem schriftlichen Arbeitsvertrag als Produktmanager unter Vereinbarung einer monatlichen Bruttovergütung von 4.230,00 EUR beschäftigt.
Zu den Einzelheiten seiner Tätigkeit, dem Text einer in einem für die Verkaufsabteilung der Beklagten generell zugänglichen Ordner gespeicherten E-Mail an einen Freund des Klägers sowie zum Zustandekommen und Inhalt der Aufhebungsvereinbarung vom 22.11.2004, den erstinstanzlich gestellten Anträgen und dem wechselseitigen Vorbringen wird gemäß §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 540 ZPO Bezug genommen auf den umfassenden Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 09.06.2005 – 4 Ca 360/05 –.
Im vorerwähnten Erkenntnis wies das Arbeitsgericht die Klage auf Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages vom 22.11.2004, auf Zahlung von 12.690,00 EUR und auf Weiterbeschäftigung ab.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe – bezogen auf die erklärte Anfechtung – durch die vorweggenommene Bekanntgabe der Ergebnisse der Studie zur Bioverfügbarkeit des Präparates xxx im Rahmen einer privaten E-Mail gegen die in § 11 des Arbeitsvertrages festgehaltene Verschwiegenheitspflicht verstoßen. Der Kläger habe gerade nicht beabsichtigt, einen Kunden für das Produkt der Beklagten zu werben, sondern sich hinter deren Rücken Gedanken über eine selbstständige Tätigkeit gemacht. Dadurch habe der Kläger seine ureigenste Aufgabe, den Vertrieb der Produkte im Interesse der Beklagten voranzubringen, verletzt. Ein beim Kläger vorhandenes Unrechtsbewusstsein würde durch den Inhalt der E-Mail deutlich. Durch das Versenden der E-Mail über seinen privaten E-Mail-Account habe er dienstlich bekannt gewordene Informationen privat genutzt. Hierin läge eine Verletzung des Arbeitsvertrages und des Vertrauensverhältnisses. In der Folge bestünden keine Ansprüche auf Annahmeverzugsvergütung oder Weiterbeschäftigung.
Wegen der Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 23.09.2005 (Bl. 121 – 124 d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger hat zweitinstanzlich beantragt,
- das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 09.06.2005 – 4 Ca 360/05 – aufzuheben,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch den Aufhebungsvertrag vom 22.11.2004 nicht beendet worden ist,
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 12.690,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Diskontsatz der EZB auf 4.230,00 EUR seit dem 02.02.2005 sowie auf 8.460,00 EUR seit dem 02.03.2005 und auf die Gesamtsumme ab dem 04.04.2005 zu zahlen;
- die Beklagte zu verurteilen, den Kläger vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreites zu den Bedingungen des Dienstvertrags vom 18.03.2004 als Produktmanager weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat
Zurückweisung der Berufung
beantragt und erwidert,
dem Kläger stünde kein Anfechtungsgrund zur Seite. Vor dem Hintergrund der privaten E-Mail vom 28.10.2004 habe sie – die Beklagte – von einem Recht zur außerordentlichen Kündigung ausgehen dürfen. Der Kläger habe – unabhängig von der Frage, ob die Ergebnisse der Studie erst in den USA öffentlich habe bekannt gemacht werden sollten – mit betriebsintern erlangen Informationen eine selbstständige Tätigkeit angedacht bzw. vorbereitet. Insoweit habe es sich um eine vertrauliche, interne Information gehandelt, die der Kläger privat weitergegeben habe. Diesbezüglich hätte kein Einverständnis der Beklagten vorgelegen. Im Übrigen seien sämtliche Informationen, die nach außen gingen, mit dem Informationsbeauftragten der Beklagten abzustimmen. Briefe und Faxe seien immer mit der Geschäftsleitung abzusprechen und mit zwei Unterschriften zu versehen.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten der Berufungsbeantwortung wird auf den Schriftsatz vom 27.10.2005 (Bl. 138 – 142 d. A.) Bezug genomm...