Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss beurlaubter Beamter von der Zahlung einer Sozialplanabfindung und Sonderprämie zur Vermeidung von Kündigungsschutzklagen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Herausnahme beurlaubter Beamter aus dem Geltungsbereich eines wegen Betriebsstilllegung geschlossenen Sozialplans verstößt im Hinblick auf deren Beamtenstellung nicht gegen § 75 Abs. 1 BetrVG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG.

2. Der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist nicht verletzt, wenn beurlaubte Beamte aus dem Geltungsbereich einer neben dem Sozialplan gesondert abgeschlossenen freiwilligen Betriebsvereinbarung ausgeschlossen werden, die eine Sonderprämie unter anderem für solche Arbeitnehmer vorsieht, die keine Klage gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erheben.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1, Art. 3; BetrVG §§ 88, 75 Abs. 1, §§ 75, 112

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Entscheidung vom 05.06.2014; Aktenzeichen 9 Ca 3226/13)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 08.12.2015; Aktenzeichen 1 AZR 78/15)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 5. Juni 2014, Az. 9 Ca 3226/13 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung einer Sozialplanabfindung und die Zahlung einer Sonderprämie.

Der am 3. Oktober 1956 geborene, verheiratete Kläger ist seit dem 23. September 1973 bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängern zu einem monatlichen Bruttofixgehalt von 2.887,50 € zuzüglich variablem Gehaltsbestandteil in Höhe von 320,83 €, Vergütung für Rufbereitschaft in Höhe von monatlich 309,00 € und der Gestellung eines Firmenfahrzeugs (vgl. Abrechnung 03/13, Anlage A 3, Bl. 15 d. A.) beschäftigt.

Die Fa. Z (im Folgenden: Z) war eine Tochtergesellschaft der Y (mittlerweile: C.), die ihre Geschäftstätigkeit zum 1. Januar 2008 aufgenommen hat. Sie hat den Geschäftsbetrieb der V ( V) zum 1. Januar 2008 von der U (U AG) gekauft, wodurch sämtliche, zu diesem Zeitpunkt bei der V bestehenden Arbeitsverhältnisse gemäß § 613a BGB auf die Z übergegangen sind. Sie beschäftigte zuletzt ca. 950 Mitarbeiter an 16 Standorten in Deutschland mit einer durchschnittlichen Betriebszugehörigkeit von circa 26 Jahren und einem durchschnittlichen Lebensalter von circa 50 Jahren. Sie erbrachte Dienstleistungen auf dem Umunikationssektor, insbesondere die Wartung und Installation von Netzwerkinfrastruktur.

Bei der Z bestand ein Betriebsrat. Sie ist nicht Mitglied in einem Arbeitgeberverband.

Teil der Belegschaft der Z waren beurlaubte Beamte der U, die für ihre Tätigkeit bei der V und später bei der Z gemäß § 13 Abs. 1 Sonderurlaubsverordnung (SUrlV) unter Anerkennung des dienstlichen Interesses beurlaubt worden sind. Außerdem gab es bei der Beklagten ehemalige Arbeitnehmer der U, deren Arbeitsverhältnisse mit der U nicht ordnungsgemäß beendet worden waren, bevor sie in die V wechselten (so genannte Arbeitnehmer mit "Rückkehrrecht" oder "Sonderrückkehrrecht").

Der Kläger ist ein solcher beurlaubter Beamter der Besoldungsgruppe A 8, Erfahrungsstufe 8. Er schloss unter dem 22. Juli 2005/24. August 2005 für die Zeit ab dem 1. Juli 2005 mit der V ein Arbeitsverhältnis als Experte Technik am Standort T (Anlage A1, Bl. 8 ff. d. A.). Zuletzt mit Schreiben vom 23. Oktober 2012 (Anlage A2, Bl. 14 d. A.) bewilligte die U AG dem Kläger Urlaub unter Wegfall der Bezüge aus dem Beamtenverhältnis für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2017 für eine Tätigkeit bei der Beklagten im dienstlichen Interesse gemäß § 13 Abs. 1 SUrlV.

Im Jahr 2009 wurden zwischen den Betriebsparteien ein Interessenausgleich und Sozialplan unter Berücksichtigung der beurlaubten Beamten geschlossen (Anlage A17, Bl. 106 ff. d. A.), jedoch mit gesonderter Abfindungsregelung.

Zum 30. Juni 2013 entschloss sich die Z, das operative Geschäft zu beenden, die Abrechnungen (als Teil des operativen Geschäfts) bis zum 31. Juli 2013 abzuschließen und nachlaufende Arbeiten von einem kleinen Rumpfteam bis circa 30. September 2013 erledigen zu lassen. Sie teilte ihren Mitarbeitern den Entschluss zur Betriebsschließung in einer Betriebsversammlung am 5. Dezember 2012 mit.

Unter dem 29. April 2013 schlossen die Z und der bei ihr gebildete Betriebsrat sowohl einen "Interessenausgleich zur Betriebsschließung" (Anlage A7, Bl. 18 ff. d. A.) als auch einen Sozialplan (Anlage A8, Bl. 23 ff. d. A.). Dieser lautet auszugsweise:

"Präambel

Infolge der Betriebsstilllegung, die im Interessenausgleich vom 29.04.2013 beschrieben ist, entsteht die Notwendigkeit, die wirtschaftlichen und sozialen Nachteile auszugleichen bzw. abzumildern, die den Mitarbeitern entstehen.

Die Betriebsparteien möchten durch diesen Sozialplan insbesondere die Bedingungen dafür schaffen, dass die von Arbeitslosigkeit bedrohten Mitarbeiter der Z bei ihrer notwendigen beruflichen Neuorientierung unterstützt werden. Zu diesem Zweck soll den Mitarbeitern nach Maßgabe dieses Sozialplans neben der Zahlung von Abfindungen auch der Abschlus...

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