Entscheidungsstichwort (Thema)

Abmahnung wegen Täuschung einer Kontrolleinrichtung. Abmahnung. Kontrolleinrichtung. Stempeluhr. Täuschung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Rechtmäßigkeit einer Abmahnung verlangt keine Gleichbehandlung mit anderen Arbeitnehmern. Im Bereich der Abmahnung ist der Gleichbehandlungsgrundsatz unanwendbar.

2. Der Stempeluhrmissbrauch kann eine ordentliche Kündigung und je nach den Umständen eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen; auf die strafrechtliche Würdigung kommt es dabei nicht entscheidend an. Als entscheidend wird das Vortäuschen von Arbeitszeit angesehen. Es wird nicht darauf abgestellt, ob die Täuschung bzw der Versuch der Täuschung über die Arbeitszeit z.B. durch eine Manipulation der Kontrolleinrichtung oder durch sonstige handschriftliche oder mündliche Angaben erfolgt.

 

Normenkette

BGB § 626; KSchG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Urteil vom 24.07.2003; Aktenzeichen 9 Ca 3750/02 NR)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom24.07.2003 – Az.: 9 Ca 3750/02 – teilweise wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 30.11.2002 nicht aufgelöst worden ist, sondern bis 28.02.2003 fortbestanden hat.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu 70 %, die Beklagte zu 30 % zu tragen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in erster Linie über die Wirksamkeit einer seitens der Beklagten als außerordentliche, hilfsweise als ordentliche ausgesprochenen Kündigung.

Der verheiratete und drei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger war bei der Beklagten, einem Unternehmen für Industrieofenbau mit mehr als fünf Arbeitnehmern als Ofenbauer gegen eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von 2.650,00 EUR seit 6. Februar 1995 beschäftigt.

Bei der Beklagten ist etwa alle 14 Tage Arbeit am Sonntag angesetzt. An diesen Sonntagen ist der Ofen in einem Stahlwerk in D-Stadt entweder zu reparieren und zu reinigen oder neu zuzustellen. Für die erstgenannte Arbeit werden in der Regel nicht alle der bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer gebraucht und grundsätzlich die Arbeitnehmer eingesetzt, die freiwillig bereit sind. Für die so genannte Neuzustellung werden hingegen in der Regel alle Arbeitnehmer benötigt. Für die Sonntagsarbeit wird ein Zuschlag von 25 % gezahlt, für Feiertagsarbeit einer von 75 %.

Der Kläger wurde mit Schreiben vom 09.03.1999, 10.03.2000 und 01.06.2002 abgemahnt. Wegen des Inhalts dieser Abmahnungsschreiben wird auf die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 08.01.2003 zur Akte gereichten Kopien Bezug genommen.

In der Nacht von Freitag, den 29.11.2002 auf Samstag, den 30.11.2002 war der Kläger für die Schicht von 22.00 bis 6.00 Uhr mit den Zeugen VV und UU zur Arbeit eingesetzt. Er verließ den Betrieb vor Arbeitsende, ohne die Stempeluhr zu bedienen. Dies erledigte gegen 6.15 Uhr der Zeuge UU für den Kläger.

Mit Schreiben vom 30.11.2002 kündigte die Beklagte, weil der Kläger um 4.00 Uhr unerlaubt seinen Arbeitsplatz vorzeitig verlassen und einen Kollegen angestiftet habe, seine Stempelkarte nach Arbeitsende abzustempeln. Vor dem Versenden des Kündigungsschreibens mit der soeben erwähnten Kündigungsbegründung hatte der Zeuge TT dem Kläger an dem auf den 30.11.2002 folgenden ersten Arbeitstag, am 02.12.2002 das frühzeitige Verlassen des Arbeitsplatzes und die Angaben auf der Stempelkarte vorgehalten. Der Kläger erklärte dem Zeugen, bis 6.00 Uhr gearbeitet und um 6.15 Uhr die Stempelkarte bedient zu haben.

Der Kläger hat vorgetragen, für den 26.05.2002 habe er darum gebeten, dass ein anderer Kollege zum Dienst herangezogen werde, weil er in der vorhergehenden Zeit fast regelmäßig für die Sonntagsschicht eingeteilt worden sei und für den 27.05.2002 einen Arzttermin vereinbart habe. In der Nacht des 30.11.2002 habe er kurz vor Schichtende – nämlich um 5.15 Uhr – seinen Arbeitsplatz verlassen. Er habe unter Übelkeit und Magenproblemen gelitten, was er auch seinen Kollegen mitgeteilt habe.

Der Kläger hat beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, die ihm unter dem Datum vom 01.06.2002 erteilte Abmahnung zurückzunehmen und einen entsprechenden Eintrag aus seiner Personalakte zu entfernen,
  2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 30.11.2002 nicht aufgelöst worden ist, sondern unverändert fortbesteht,
  3. die Beklagte zu verurteilen, ihn über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Ofenbauer weiterzubeschäftigen bei Meidung eines in das Ermessen des Gerichts gesetzten Zwangsgeldes für den Fall der Zuwiderhandlung.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, der Kläger habe am 30.11.2002 seinen Arbeitsplatz bereits um 4.00 Uhr verlassen und den Zeugen VV aufgefordert, für ihn später die Stempeluhr zu betätigen. Er habe den Schichtführer aufgefordert, im Arbeitsbericht ac...

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