Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung. Bereich Medizin. Hochschule. Höchstbefristungsdauer. Hochschulbereich. Medizin
Leitsatz (amtlich)
Die verlängerte Befristungsmöglichkeit nach § 57 b Abs. 1 Satz 2 HRG mit promoviertem wissenschaftlichem Personal im Bereich der Medizin setzt zwar voraus, dass es sich um wissenschaftliche Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter der medizinischen Fachrichtungen (Medizin, Zahnmedizin und Tiermedizin) handelt. Nicht erforderlich ist aber, dass die wissenschaftliche Mitarbeiterin/der wissenschaftliche Mitarbeiter der einer dieser Fachrichtungen angehört auch in diesem medizinischen Fachbereich eingesetzt wird. Ausreichend ist auch eine Beschäftigung in einem anderen medizinischen Bereich (hier: Einsatz einer promovierten Tierärztin im Bereich der Humanmedizin).
Normenkette
HRG § 57b Abs. 1; WissZeitVG § 6 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Urteil vom 14.04.2010; Aktenzeichen 1 Ca 2342/09) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 14.04.2010, Az.: 1 Ca 2342/09, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen begründete Arbeitsverhältnis aufgrund arbeitsvertraglich vereinbarter Befristung mit Ablauf des 29.09.2009 beendet worden ist.
Die Klägerin ist promovierte Tierärztin. Sie war zuletzt auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 09.05.2006 (Bl. 9 f. d. A.) bei der Beklagten als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Institut für Anatomie und Zellbiologie in den Bereichen Mikroskopie und Makroskopie tätig. § 1 des Arbeitsvertrages sieht vor, dass die Klägerin ab dem 01.07.2006 bis einschließlich 29.09.2006 als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Sinne der § 57 a ff. des Hochschulrahmengesetzes in der jeweils gültigen Fassung weiterbeschäftigt wird. Das auf der Grundlage des noch zwischen der Klägerin und dem Land geschlossenen Arbeitsvertrages begründete Arbeitsverhältnis wurde gemäß § 21 UMG auf die Beklagte übergeleitet.
Die Approbation der Klägerin als Tierärztin datiert vom 15.01.1992. Nach eigenen Angaben promovierte die Klägerin in der Zeit von Juli 1993 bis November 1996. Die Promotionsurkunde datiert vom 15.11.1996.
Seit 1995 war die Klägerin insgesamt wie folgt als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig:
Privatdienstverträge:
vom 01.06.1995 für sechs Monate bei Prof. Dr. N.
vom 01.09.1996 bis 31.08.1998 bei Dr. med. G.
vom 01.09.1998 bis 30.09.1998 bei Dr. med. G.
Hochschulverträge:
Universität B. von 01.07.1999 bis 30.06.2001
Universität B. von 01.07.2001 bis 30.06.2002
Universität M. von 01.02.2003 bis 28.02.2005
Universität M. Verlängerung bis 28.02.2006
Universität M. von 01.03.2006 bis 30.09.2006
Universität M. von 01.07.2006 bis 29.09.2009
Mit ihrer am 20.10.2009 beim Arbeitsgericht Mainz eingegangenen Klage begehrte die Klägerin die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung des Arbeitsvertrages bis zum 29.09.2009 nicht beendet worden ist, ferner die Verurteilung der Beklagten zu ihrer vorläufigen Weiterbeschäftigung.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des Vortrags der Parteien erster Instanz wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 14.04.2010, Az: 1 Ca 2342/09 (Bl. 57 ff. d. A.).
Durch das genannte Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung – zusammengefasst – ausgeführt:
Die Befristung sei gemäß §§ 6 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG, 57 b HRG in der ab dem 31.12.2004 geltenden Fassung rechtswirksam. Die für den Bereich der Medizin in § 57 b Abs. 1 HRG vorgesehene Befristungshöchstdauer von neun Jahren sei nicht überschritten. Die Klägerin sei auch im Bereich der Medizin im Sinne des § 57 b Abs. 1 Satz 2 HRG tätig. Nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 02.09.2009 – 7 AZR 291/08 – greife die neunjährige Befristungsmöglichkeit zwar nur für wissenschaftliche Mitarbeiter der medizinischen Fachrichtungen. Hierzu gehöre aber nach dem genannten Urteil neben der Human- bzw. Zahnmedizin auch der Bereich der Tiermedizin. Eine Befristung nach § 57 b Abs. 1 Satz 2 HRG setze darüber hinaus nicht weiter voraus, dass die wissenschaftliche Tätigkeit im Bereich der Medizin gerade auch dazu dienen müsse, dem Mitarbeiter eine Facharztausbildung zu ermöglichen. Gegen eine Auslegung in diesem Sinne spreche neben dem Gesetzeswortlaut auch die Tatsache, dass durch die ab dem 31.12.2004 geltende Fassung des § 57 b HRG von dem Erfordernis des Bestehens eines sachlichen Grundes gerade Abstand genommen worden sei und der gebotene Schutz nunmehr durch die Einführung einer Befristungshöchstdauer sichergestellt werde. Dies diene auch einer Sicherung der Funktions- und Innovationsfähigkeit der Hochschulen und der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses.
Das genannte Urteil ist der Klägerin am 31.08.2010 zugestellt worden. Sie hat hiergegen mit einem am 30.09.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese inne...