Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung der Betriebsrente bei Gesamtversorgungszusage mit Höchstbegrenzungsklausel und vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 BetrAVG bleiben bei der Berechnung des Teilanspruchs nach § 2 Abs. 1 BetrAVG Veränderungen der Versorgungsregelung und der Bemessungsgrundlagen für die Leistung der betrieblichen Altersversorgung, soweit sie nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers eintreten, außer Betracht; das gilt auch für die Bemessungsgrundlagen anderer Versorgungsbezüge, die bei der Berechnung der Leistung der betrieblichen Altersversorgung zu berücksichtigen sind.

2. Eine Abweichung von der Veränderungssperre des § 2 Abs. 5 BetrVG zugunsten des Versorgungsberechtigten kann ohne deutliche Anhaltspunkte nicht unterstellt werden; den Vereinbarungen müssen positive Anhaltspunkte entnommen werden können, die auf einen entsprechenden Parteiwillen schließen lassen.

3. Für die Berechnung der Betriebsrente eines vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmers ist nach den Grundsätzen des § 2 Abs. 1 und 5 BetrAVG unter Berücksichtigung der dort vorgesehenen Veränderungssperre und des Festschreibeeffektes die fiktive Vollrente zu ermitteln; diese ist nicht die bei Eintritt des Versorgungsfalls tatsächlich erreichte oder erreichbare Altersversorgung sondern die fiktive auf die feste Altersgrenze hochgerechnete Versorgungsleistung.

4. Bei Gesamtversorgungsregelungen kann die Errechnung einer fiktiven Vollrente sachgemäß nur dadurch geschehen, dass auch die in die Berechnung der Betriebsrente einzubeziehende Sozialversicherungsrente auf den Zeitpunkt der festen Altersgrenze hochgerechnet wird; für diejenigen Beschäftigten, die vor Eintritt des Versorgungsfalles mit einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, soll die Höhe ihrer Anwartschaft nicht von einer ungewissen zukünftigen Entwicklung abhängig sein, so dass alle Bemessungsgrundlagen, auch die Höhe anderer Versorgungsbezüge, auf den Zeitpunkt des Ausscheidens festgeschrieben ("eingefroren") werden.

5. Im Hinblick darauf, dass die Ermittlung der tatsächlichen Grundlagen der gesetzlichen Altersrente im Einzelfall schwierig sein kann, sieht § 2 Abs. 5 Satz 2 BetrAVG für den Regelfall das Näherungsverfahren vor, das auch bei der Berechnung von Pensionsrückstellungen angewendet wird; zur Berücksichtigung einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung ist daher nach § 2 Abs. 5 Satz 2 Hs. 1 BetrAVG das bei Pensionsrückstellungen allgemein zulässige Verfahren zugrunde zu legen, wenn nicht der ausgeschiedene Arbeitnehmer die Anzahl der zum Zeitpunkt des Ausscheidens erreichten Entgeltpunkte nachweist.

6. Scheidet ein Arbeitnehmer vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis aus, ist die in der Versorgungsordnung festgelegte Gesamtversorgungsobergrenze bereits bei der Berechnung der nach § 2 Abs. 1 BetrAVG maßgeblichen fiktiven Vollrente zu berücksichtigen und nicht erst auf die durch zeitratierliche Kürzung ermittelte Teilrente anzuwenden.

7. Höchstbegrenzungsklauseln dienen nicht oder jedenfalls nicht vorwiegend dazu, eine Überversorgung zu verhindern, sondern können auch eine Aussage darüber treffen, welche Höchstrente bei Betriebstreue bis zur festen Altersgrenze angemessen sein soll; in diesem Fall sind sie Teil der Definition der Vollrente, wie sie bei einem Ausscheiden des Arbeitnehmers mit der festen Altersgrenze erreicht werden kann, so dass es sachgerecht erscheint, sie schon bei der Berücksichtigung des Ausgangspunktes für Kürzungen aufgrund vorzeitigen Ausscheidens heranzuziehen.

8. Mit dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls wird in das Gegenseitigkeitsverhältnis, das der Berechnung der Vollrente zugrunde liegt, dadurch eingegriffen, dass der Arbeitnehmer die Betriebszugehörigkeit bis zum Zeitpunkt der festen Altersgrenze nicht erbracht hat; dementsprechend ist die bei voller Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze unter Berücksichtigung der festgelegten Gesamtversorgungsobergrenze erreichbare (fiktive) Vollrente nach § 2 Abs. 1 und 5 BetrAVG zeitratierlich entsprechend dem Verhältnis der tatsächlichen zu der bis zum Erreichen der festen Altersgrenze möglichen Betriebszugehörigkeit zu kürzen.

 

Normenkette

BetrAVG § 2 Abs. 1, 5 Sätze 1, 2 Hs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Entscheidung vom 12.11.2013; Aktenzeichen 9 Ca 89/13)

 

Tenor

  • I.

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 12.11.2013 - 9 Ca 89/13 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

  • II.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der Betriebsrente des Klägers.

Der 1946 geborene Kläger war in der Zeit vom 01. April 1965 bis zum 31. März 1997 bei der Firma F. GmbH tätig. Wegen deren Stilllegung endete das Arbeitsverhältnis am 31. März 1997. Der Kläger wechselte ab 01. April 1997 zu einem anderen Arbeitgeber. Er erwarb eine unverfallbare betriebliche Altersversorgung nach de...

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