Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung eines Produktionsmitarbeiters in der chemischen Industrie. Unbegründete Klage auf Beschäftigung in einem bestimmten Produktionsbereich bei unzureichenden Darlegungen zum Erfordernis einer Berufsausbildung für die ausgeübten Einzeltätigkeiten
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach dem Wortlaut des § 3 Nr. 2 Satz 3 des Bundesentgelttarifvertrages für die Chemische Industrie (BETV) richtet sich die Eingruppierung nach den Tätigkeitsmerkmalen der Oberbegriffe; die bei den Entgeltgruppen aufgeführten Richtbeispiele sind als Erläuterung heranzuziehen.
2. Aus dem Aufbau des BETV ergibt sich, dass der Aufstieg in eine höhere Entgeltgruppe neben der Berufsausbildung immer die Ausführung einer höherwertigen Tätigkeit nach den im BETV festgelegten Kriterien erfordert und damit nach dem Willen der Tarifvertragsparteien die Berufsausbildung für die Eingruppierung nur dann maßgeblich ist, wenn die ausgeübte Tätigkeit selbst die Fertigkeiten und Kenntnisse dieser Ausbildung oder vergleichbare durch berufliche Praxis gewonnene Kenntnisse und Fertigkeiten verlangt; die unterschiedliche Wertigkeit der Tätigkeiten kommt nicht schon in den aufgelisteten Richtbeispielen zum Ausdruck sondern erst durch die Bezugnahme auf die Oberbegriffe der jeweiligen Entgeltgruppe.
3. Nach den ausdrücklichen Vorgaben des Oberbegriffs der Entgeltgruppe 6 BETV “erfordern„ die ausgeübten Tätigkeiten eine abgeschlossene Berufsausbildung; zur Darlegung dieser Erforderlichkeit bedarf es einer Gegenüberstellung der übertragenen Tätigkeiten auf der einen und der durch die (einschlägige) Berufsausbildung vermittelten Kenntnisse auf der anderen Seite, um anhand dessen aufzuzeigen, dass es für die Ausübung der übertragenen Aufgaben einer entsprechenden Berufsausbildung bedarf.
4. Beschränkt sich der umfangreiche Vortrag des darlegungs- und beweispflichtigen Arbeitnehmers auf die Darstellung, welche Tätigkeiten er ausgeübt hat, sowie auf die Behauptung, dass diese insbesondere dem ersten und neunten Richtbeispiel der EG 6 BETV entsprechen, fehlt es an der notwendigen Darlegung der Kenntnisse und Fertigkeiten, die er für diese Tätigkeiten benötigt; das Erfordernis einer Berufsausbildung für jede denkbare Zusammenfassung der ausgeübten Einzeltätigkeiten ist damit nicht hinreichend dargelegt.
Normenkette
BGB § 315 Abs. 3, § 611 Abs. 1; TVG § 1; BETV § 3 Nr. 2 S. 3; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 28.10.2015; Aktenzeichen 7 Ca 549/15) |
Tenor
- Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 28. Oktober 2015, Az. 7 Ca 549/15, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung des Klägers und die Wirksamkeit einer Versetzung.
Der 1962 geborene Kläger ist seit 18.06.2012 bei der Beklagten als Produktionsmitarbeiter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme die Tarifverträge der Chemischen Industrie Anwendung. Der Kläger hat eine abgeschlossene Berufungsausbildung als Chemikant. Nach der im Bundesentgelttarifvertrag für die Chemische Industrie (im Folgenden: BETV) geregelten Vergütungsordnung wurde der Kläger bei seiner Einstellung in die Entgeltgruppe (EG) 4 eingruppiert und erhält seither die entsprechende Vergütung (ab 01.08.2016 brutto € 2.751,00 monatlich). Im schriftlichen Arbeitsvertrag heißt es ua:
"1. Einstellung Tätigkeit
Der Mitarbeiter wird ab 18.06.2012 als Produktionsmitarbeiter in der Produktion eingestellt.
Der Mitarbeiter verpflichtet sich, nach näherer Weisung des Arbeitgebers auch andere zumutbare Tätigkeiten zu übernehmen und dabei in sämtlichen Abteilungen sowie in jeder der betrieblich praktizierten Arbeitszeitformen (Normal- oder Wechselschicht) zu arbeiten, auch wenn damit ein Wechsel von Zeit- in Leistungsvergütung oder in ein anderes Leistungsvergütungssystem verbunden ist. Ein Anspruch auf einen bestimmten Arbeitsplatz besteht nicht. ..."
Der Kläger wurde ursprünglich in der Abteilung PR 4 (Produktionsbereich 4) im Gebäude/Tanklager 18a in versetzter Tagschicht beschäftigt; entweder von 06:00 bis 14:00 Uhr oder von 10:00 bis 18:00 Uhr.
Am 19.07.2013 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis wegen grober Beleidigung des vorgesetzten Produktionsleiters fristlos, hilfsweise ordentlich. Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat der Kündigungsschutzklage des Klägers mit Urteil vom 08.11.2013 (4 Ca 1427/13) stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten sowie ihren zweitinstanzlichen Auflösungsantrag mit Urteil vom 24.07.2014 (5 Sa 55/14) zurückgewiesen. Die Beklagte forderte den Kläger deshalb auf, am 29.07.2014 seine Arbeit wieder aufzunehmen. Der Kläger war noch bis 01.08.2014 arbeitsunfähig erkrankt. Ab 04.08. arbeitete er (bis auf einen Urlaubstag) bis zum 22.08.2014. Vom 25.08. bis 25.09.2014 nahm er Urlaub. Vom 26.09. bis 06.11.2014 erkrankte der Kläger erneut.
Mit Schreiben vom 07.11....