Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Form eines Arbeitnehmerdarlehens
Leitsatz (redaktionell)
1. Gewährt der Arbeitgeber einem Auszubildenden aus Anlass des bestehenden Ausbildungsverhältnisses ein Darlehen, so handelt es sich um einen Verbraucherdarlehensvertrag i.S. von § 491 Abs. 1 BGB, da der Arbeitgeber gewerblich handelt und die Vergabe des Darlehens ihm objektiven Erscheinungsbild nach dem Gewerbezweck zuzuordnen ist.
2. Ein solcher Darlehensvertrag bedarf gem. § 492 Abs. 1 S. 1 BGB der Schriftform mit der Folge, dass der Vertrag, wenn es hieran fehlt, gem. § 125 S. 1 BGB nichtig ist.
3. Gleichwohl ist der Arbeitnehmer gem. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet.
Normenkette
BGB § 488 Abs. 1, § 491 Abs. 1, § 492 Abs. 1 S. 1, § 125 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Entscheidung vom 11.02.2015; Aktenzeichen 11 Ca 2130/14) |
Tenor
I.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts KOBLENZ vom 11. Februar 2015 - 11 Ca 2130/14 - teilweise abgeändert und der Tenor zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.800,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an den Beklagten 330,00 EUR brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2013 zu zahlen.
- Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, dem Beklagten für die Monate September 2012 bis Mai 2013 Gehaltsabrechnungen auszustellen und auszuhändigen.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 11 % und der Beklagte zu 89 %.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Darlehensrückzahlungsanspruch des Klägers und Kosten der außergerichtlichen Tätigkeit seiner Prozessbevollmächtigten sowie im Rahmen der Widerklage über Ansprüche des Beklagten auf Ausbildungsvergütung und Gehaltsabrechnungen gegen den Kläger.
Vom 01.09.2012 an war der Beklagte als Auszubildender zum Friseur im Betrieb des Klägers tätig. Die Vergütung belief sich auf 330,00 EUR brutto. Der Beklagte kündigte das Ausbildungsverhältnis am 23.05.2014 zum 20.06.2013 und am 22.06.2013 nochmals fristlos.
Es existiert ein auf den 23.05.2013 datiertes Dokument mit der Überschrift "Bestätigung" mit folgendem Inhalt:
"Hiermit bestätige ich C. im [unkenntlich gemacht] 2013 von Herrn Z, K, dem Betrag
von 3.800,00 EUR
(in Worten: Dreitausendachthundert)
erhalten zu haben.
Die Rückzahlung erfolgt ab 01.07.2013 im monatlichen Raten von 100,00 EUR. Es ist eine Verzinsung von 6,99 % pro Jahr vereinbart.
C."
Sodann folgt eine Unterschrift unter dem Namen " C.".
Mit Schreiben vom 08.07.2013 erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Kündigung des Darlehens zum 31.10.2013.
Der Kläger zahlte an den Beklagten das monatliche Ausbildungsgehalt netto am 30.10.2012, 20.11.2012, 20.12.2012, 21.01.2013, 20.02.2013, 20.03.2013, 22.04.2013 und 21.05.2013. Die Zahlungen erfolgten durch Banküberweisungen mit dem Betreff "Lohn".
Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, dass das Darlehen bar an den Beklagten in Teilbeträgen ausgezahlt worden sei, nämlich 2.000,00 EUR im Januar/Februar 2013 und in den Folgemonaten bis Mai 700,00 EUR, 300,00 EUR, 400,00 EUR und 400,00 EUR. Das Geld sei in bar übergeben worden. Eine Rückzahlung des Darlehens sei nicht erfolgt. Die oben wiedergegebene Urkunde sei vom Beklagten unterschreiben worden.
Der Kläger hat beantragt,
- den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 3.800,00 EUR nebst Darlehenszinsen in Höhe von 6,99 % p. a. von dem 23.05.2013 an, sowie (weiterer) Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 01.11.2013 zu zahlen,
- dem Kläger die Kosten der außergerichtlichen Tätigkeit der Rechtsanwälte Z (Koblenz) in Höhe von 402,81 EUR brutto zu erstatten, dies nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, dass er vom Kläger kein Darlehen, auch nicht in Tranchen, erhalten habe. Die "Bestätigung" habe er nicht unterschrieben. Es sei entweder nicht seine Unterschrift auf dem Papier oder er habe einmal auf einem leeren Blatt Papier unterschrieben, das der Kläger dann mit dem Text vervollständigt haben könnte. Es sei auch lebensfremd, dass ein Arbeitgeber einem Auszubildenden mit einem Verdienst von 330,00 EUR brutto ein Darlehen in Höhe von 3.800,00 EUR gewähre.
Außerdem hat er die restliche Ausbildungsvergütung vom Kläger verlangt. Er habe nur die o. g. Zahlungen erhalten, sodass noch Ausbildungsvergütung für September 2012 und Juni 2013 ausstehe. Des Weiteren habe er keine Gehaltsabrechnungen bekommen.
Er hat widerklagend beantragt,
- den Kläger zu verurteilen, an den Beklagten 550,00 ER brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 330,00 EUR seit dem 01.10...