Entscheidungsstichwort (Thema)

Annahmeverzug des Arbeitgebers. Entbehrlichkeit des tatsächlichen Angebots der Arbeitsleistung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Arbeitgber kommt gem. § 293 BGB in Annahmeverzug, wenn er im erfüllbaren Arbeitsverhältnis die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Grundsätzlich muss der Arbeitnehmer gem. § 294 BGB die Arbeitsleistung tatsächlich anbieten.

2. Der Arbeitgeber kommt durch den Ausspruch einer rechtsunwirksamen ordentlichen Kündigung mit Ablauf der Kündigungsfrist in Annahmeverzug, ohne dass es eines - auch nur wörtlichen - Arbeitsangebots des Arbeitnehmers bedarf. Denn in der Kündigung liegt zugleich die Erklärung, die Arbeitsleistung nach Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr anzunehmen.

 

Normenkette

BGB §§ 296, 615, 293-295

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 10.11.2020; Aktenzeichen 1 Ca 815/20)

 

Tenor

  1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 10.11.2020 - 1 Ca 815/20 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Vergütungsansprüche des Klägers für den Zeitraum Januar bis April 2020, wobei der Kläger jeweils einen monatlichen Bruttobetrag von 1.126,67 EUR begehrt und in seinen Anträgen die durch das Jobcenter gezahlten Beträge in Abzug bringt.

Die Parteien schlossen am 18.10.2019 einen Arbeitsvertrag ab, laut dem der Kläger ab dem 22.10.2019 als Bauhilfsarbeiter zu einem Stundenlohn von 13,- EUR brutto bei einer Arbeitszeit von "maximal 20 Stunden/ Woche" beschäftigt war.

Die Beklagte erstellte am 16.12.2019 ein Kündigungsschreiben zum 01.01.2020, der Zugangszeitpunkt dieses Kündigungsschreibens ist zwischen den Parteien streitig. Gegen diese Kündigung wendete sich der Kläger mit einem Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht Ludwigshafen, Az. 1 Ca 139/20. Das Verfahren endete mit einem zwischenzeitlich rechtskräftigen Versäumnisurteil vom 10.03.2020, in dem festgestellt wurde, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die genannte Kündigung nicht beendet wurde.

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, die Kündigung vom 16.12.2019 sei nicht unterzeichnet gewesen und ihm erst am 22.01.2020 zugegangen. Im Dezember 2019 sei abgesprochen worden, dass der Kläger im Januar 2020 weiterarbeiten solle.

Der Vorarbeiter des Klägers habe am 20.12.2019 dem Kläger gegenüber bekundet, dass das Arbeitsverhältnis am 05. oder 06.01.2020 weitergeführt werden solle. Er habe im Januar abgewartet, wann er wieder arbeiten könne. Seine Lebensgefährtin habe bei der Beklagten deswegen am 06.01.2020 angerufen, um dies zu erfragen. Ihr sei mitgeteilt worden, der Kläger solle weiter abwarten.

Die Beklagte war im Gütetermin vom 05.08.2020 nicht erschienen. Es erging ein Versäumnisurteil, mit dem den Klageanträgen stattgegeben wurde. Gegen das der Beklagten am 17.08.2020 zugestellte Versäumnisurteil legte diese am 18.08.2020 Einspruch ein.

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

das Versäumnisurteil vom 05.08.2020 aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte hat beantragt,

das Versäumnisurteil vom 05.08.2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen, spätestens mit Ablauf des 31.12.2019 oder des 01.01.2020 sei das Arbeitsverhältnis beendet gewesen.

Zudem stünden dem Kläger auch deswegen keine Vergütungsansprüche zu, weil er weder auf der Baustelle erscheinen sei noch seine Arbeitskraft angeboten habe.

Das Arbeitsgericht hat das Versäumnisurteil durch Urteil vom 10.11.2020 aufrechterhalten. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt, der Beklagte sei verpflichtet, die Vergütung für die Monate Januar 2020 bis April 2020 zu zahlen. Das Arbeitsverhältnis habe während des streitgegenständlichen Zeitraums bestanden.

Für den 01.01.2020 schulde die Beklagte die Vergütung im Hinblick auf § 3 EFZG als Feiertagsvergütung. Die Beklagte habe sich ab dem 02.01.2020 in Annahmeverzug befunden. Grundsätzlich müsse zwar der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung tatsächlich anbieten, vorliegend sei jedoch ein Angebot der Arbeitsleistung entbehrlich gewesen. Die Aufhebung der Arbeitspflicht bedeute einen Verzicht auf das Angebot der Arbeitsleistung. Ab dem 20.12.2019 sei der Kläger von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt gewesen. An diesem Tag heb der Vorarbeiter dem Kläger mitgeteilt, dass das Arbeitsverhältnis erst am 05. oder 06.01.2020 fortgesetzt werde. Auch am 06.01.2020 sei der Kläger noch freigestellt gewesen, da die Beklagte der Lebensgefährtin des Klägers am 06.01.2020 erklärt habe, der Kläger solle zunächst abwarten.

Gegen das der Beklagten am 02.12.2020 zugestellte Urteil hat diese mit Schriftsatz vom 22.12.2020, bei dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangen am 28.12.2020, Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

Zur Begründung der Berufung hat die Beklagte vorgetragen, das Gericht hätte ihr Gelegenheit geben müssen, zum Schriftsatz der Klägerseite vom 10.11.2020 Stel...

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