Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegungslast. Überstunden
Leitsatz (redaktionell)
Eine Vereinbarung über die Pauschalabgeltung von Überstunden ist grundsätzlich zulässig. Eine solche Abrede findet – soweit keine tarifvertraglichen Vorschriften eingreifen – lediglich in § 138 BGB ihre Grenze. Eine Pauschalabgeltung aller anfallenden Überstunden ist nichtig, wenn dadurch ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung entsteht, wofür der Arbeitnehmer im Prozess darlegungs- und beweispflichtig ist.
Normenkette
EWGV 3820/85 Art. 6 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Urteil vom 03.09.2003; Aktenzeichen 4 Ca 1266/03) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom03.09.2003, AZ: 4 Ca 1266/03, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im vorliegenden Berufungsverfahren noch über einen Anspruch des Klägers auf Vergütung von Überstunden.
Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 03.06.2002 als Kraftfahrer beschäftigt. Der zwischen den Parteien geschlossene schriftliche Arbeitsvertrag enthält u. a. folgende Bestimmungen:
§ 4 Vergütung
Die monatliche Bruttovergütung beträgt 2.050,– EUR zusätzlich den entsprechenden Spesen. Ein etwa über den tariflichen Lohn hinausgehender Betrag ist eine freiwillige, jederzeit widerrufbare Leistung.
Bei Monatslohn ist mit diesem die geleistete Arbeitszeit einschließlich Mehrarbeit und Mehrarbeitszuschläge abgegolten. Gleichermaßen abgegolten ist damit eventuelle betriebsübliche Sonn- und Feiertagsarbeit und deren Zuschläge.
…
§ 6 Arbeitszeit/Überstunden
Die Arbeitszeit richtet sich nach der betriebsüblichen Zeit und den gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten. Die Firma ist berechtigt, aus dringenden betrieblichen Erfordernissen eine Änderung der Arbeitszeiteinteilung vorzunehmen. Die Firma ist berechtigt, bei dringenden betrieblichen Erfordernissen Überstunden anzuordnen.
…
§ 13 Ausschlussklausel
Ansprüche aus dem Anstellungsverhältnis müssen innerhalb eines Monats nach Zugang der letzten Gehaltsabrechnung geltend gemacht werden; andernfalls sind sie verwirkt.
Mit Schreiben vom 18.03.2003 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30.04.2003. Hiergegen richtete sich die vom Kläger am 01.04.2003 beim Arbeitsgericht eingereichte Kündigungsschutzklage. Darüber hinaus hat der Kläger bereits in seiner Klageschrift die Zahlung von Überstundenvergütung in Höhe von 9.648,18 EUR brutto geltend gemacht.
Der Kläger hat zur Begründung seiner Zahlungsklage erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, nach § 4 des Arbeitsvertrages sei er quasi verpflichtet gewesen, für die Beklagte Tag und Nacht zu arbeiten. Soweit darüber hinaus nach dem Inhalt dieser Vertragsklausel mit dem vereinbarten Arbeitsentgelt auch jede Mehrarbeit abgegolten sei, so sei diese Vereinbarung unwirksam. Die Beklagte habe von ihm von Anfang an verlangt, dass er in der Woche eine bestimmte Anzahl von Touren fahre und zwar unabhängig davon, ob er dabei gegen Lenk- und Ruhezeiten verstoße. Immer wieder habe er den Geschäftsführer der Beklagten darum gebeten, die Touren so einzuteilen, dass den gesetzlichen Vorschriften genüge getan werden könne. Der Geschäftsführer der Beklagten habe dies stets mit dem Hinweis abgetan, dass gewisse Umsätze getätigt werden müssten, um dem Kostendruck standhalten zu können. Bei der Berechnung seiner Überstunden, zu deren näherer Substantiierung er auf das Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 03.03.2003 (Bl. 7 und 8 d. A.) verweise, sei er von der gesetzlich zulässigen Höchstarbeitszeit von 90 Stunden je Doppelwoche ausgegangen. Die darüber hinausgehenden Arbeitsstunden seien als Überstunden zu vergüten. Im Zeitraum von Juni 2002 bis einschl. Januar 2003 habe er demnach insgesamt 918 Überstunden abgeleistet, so dass sich bei einem Brutto – Stundenentgelt von 10,51 EUR ein Nachzahlungsanspruch in Höhe von 9.648,18 EUR ergebe.
Der Kläger hat (zuletzt) beantragt,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der Kündigung der Beklagten vom 18.03.2003 mit dem 30.04.2003 endet, sondern darüber hinaus fortbesteht,
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 9.648,18 EUR brutto nebst 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 09.03.2003 zu zahlen.
- die Beklagte zu verurteilen, an Herrn Rechtsanwalt K S, F Str., B-Stadt als Treuhänder, sämtliche Original – Tacho – Scheiben für die Zeit vom 01.06.2002 bis 31.12.2003 herauszugeben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich hinsichtlich der geltend gemachten Überstundenvergütung im Wesentlichen vorgetragen, im Hinblick auf die in § 13 des Arbeitsvertrages enthaltene Ausschlussklausel seien zumindest alle aus dem Jahr 2002 resultierenden Ansprüche verwirkt. Der mit dem Kläger vereinbarte Arbeitslohn übersteige die tarifliche Vergütung um fast 50 % und decke daher in zulässiger Weise auch eine etwaige Mehrarbeit ab. Hinsichtlich der erbrachten Arbeitsstunden seien die Behauptungen des Kläg...