Entscheidungsstichwort (Thema)

Geschäft. Provision. Schadensersatz. Verkäufer. Provisionsanspruch eines Verkäufers für nicht ausgeführte Geschäfte sowie Schadensersatzanspruch

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 87 Abs. 1 S. 1 HGB knüpft den Anspruch auf Provision an den Abschluss von Geschäften.

2. Nach §§ 65, 87a Abs. 3 HGB hat der Handelsvertreter Anspruch auf Provision für Vermittlung oder Abschluss eines nicht ausgeführten Geschäfts. Voraussetzung ist, dass ein provisionspflichtiges Geschäft zu Stande gekommen ist, der Unternehmer dieses aber entgegen der von ihm übernommenen Vertragspflicht ganz oder teilweise nicht oder nicht gehörig ausgeführt hat.

3. Im Bereich des Vertriebs durch Handelsvertreter ist der Unternehmer zwar in seinen geschäftlichen Dispositionen frei und kann die in diesem Bereich anfallenden Entscheidungen in eigener Verantwortung treffen. Gleichwohl darf er dabei den Interessen des Handelsvertreters nicht willkürlich ohne vertretbaren Grund zuwiderhandeln, sondern hat den schutzwürdigen Belangen des Handelsvertreters angemessen Rechnung zu tragen.

 

Normenkette

BGB §§ 252, 280 Abs. 1; HGB §§ 59, 65, 87 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Urteil vom 08.09.2010; Aktenzeichen 3 Ca 741/10)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 8. September 2010, Az.: 3 Ca 741/10, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung von Provisionen bzw. Schadensersatz für Provisionseinbußen für die vom Kläger beigebrachte Bestellung von 118 Lkw.

Der 1964 geborene Kläger war seit dem 01.09.1988 in der Verkaufsniederlassung U.-Stadt der Beklagten als Lkw-Verkäufer beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch eine Kündigung der Beklagten vom 18.06.2007 zum 15.01.2008. Die Beklagte stellte den Kläger ab dem 16.07.2007 von seiner Arbeitsverpflichtung unter Fortzahlung eines Provisionsausgleichs von EUR 998,05 brutto/Tag frei und zahlte ihm am Austrittstag eine Abfindung von EUR 180.000,00. Im Kündigungsschreiben (Bl. 13, 14 d.A.) heißt es u.a.:

„Stückprovisionen aus Aufträgen, die Sie bis zum 15.07.2007 erbringen, erhalten Sie nach Maßgabe Ihres Arbeitsvertrages vergütet. Dies gilt auch für Aufträge, die von uns erst nach diesem Datum bestätigt werden. Verdiente, aber zum 15.01.2008 noch nicht zur Auszahlung fällige Stückprovisionen werden spätestens zu diesem Zeitpunkt in einer gemeinsam erstellten Auflistung festgehalten und auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses monatlich abgerechnet und ausbezahlt.”

Im Dienstvertrag vom 23.10.1989 (Bl. 15 ff. d.A.) hatten die Parteien folgende Provisionsregelungen getroffen:

„3.3.

Provision

3.3.1.

Provisionsarten

Provision wird entweder als Abschlussprovision oder als Beteiligungsprovision gewährt.

3.3.1.1.

Abschlussprovision erhalten Sie für jedes von uns ausgeführte Geschäft, für dessen Bearbeitung Sie gemäß Vertrag zuständig sind, und Sie uns beigebracht haben.

3.3.1.2.

Beteiligungsprovision erhalten Sie für jedes von uns ausgeführte Geschäft, für dessen Bearbeitung Sie gemäß diesem Vertrag zuständig sind und an dessen Zustandekommen Sie beteiligt waren.

3.3.1.3.

Ausschluß der Provision

Für Geschäfte mit Großkunden erhalten Sie ab der 51. Einheit keine Provision. Mehrere Kaufverträge mit demselben Kunden, die innerhalb eines Kalenderjahres abgeschlossen werden, gelten als ein Kaufvertrag.

3.4.

Entstehen, Fälligkeit und Entfall der Provision

3.4.1.

Die Provision ist verdient, wenn wir die Bestellung, d.h. das Vertragsangebot des Kunden/Käufers, angenommen haben.

Provision nach Beendigung des Dienstverhältnisses

Bei Ausscheiden aus unseren Diensten erhalten Sie Provision für Geschäfte gemäß Ziffer 3.3.1.1. oder 3.3.1.2., bei denen die Kaufgegenstände innerhalb von zwölf Monaten vom Ende des Dienstverhältnisses an gerechnet gegen Erhalt aller Zahlungsmittel ausgeliefert werden. Für später als zwölf Monate nach Ende des Dienstverhältnisses ausgelieferte Kaufgegenstände wird keine Provision bezahlt.

…”

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten für den Verkauf von fabrikneuen Kraftfahrzeugen (Bl. 38 d.A.) sehen unter Ziffer 1.1 Folgendes vor:

„Vertragsabschluss/Übertragung von Rechten und Pflichten des Käufers

Der Käufer ist an die Bestellung höchstens bis 6 Wochen, bei Kraftfahrzeugen, die beim Verkäufer vorhanden sind, bis 2 Wochen gebunden. Der Kaufvertrag ist abgeschlossen, wenn der Verkäufer die Annahme der Bestellung des näher bezeichneten Kaufgegenstandes innerhalb der jeweils genannten Fristen schriftlich bestätigt oder die Lieferung ausführt. Der Verkäufer ist jedoch verpflichtet, den Besteller unverzüglich zu unterrichten, wenn er die Bestellung nicht annimmt.”

Bestellungen mit einem Volumen von mehr als fünf Millionen Euro bedurften bei der Beklagten stets der Genehmigung des Vorstandes, was dem Kläger auch bekannt war.

Der Kläger legte der Beklagten im Juli 2007 insgesamt 237 Bestellungen vor, darunter 132 Bestellungen der Firma Z. Y. GmbH mit Haup...

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