Leitsatz (amtlich)
Rettungssanitäter, die sich auf Anordnung des Arbeitsgebers an der Arbeitsstelle aufhalten, um in Nachtschichten auf Alarmierung hin zu Einsatzfahrten aufzubrechen, leisten nicht nur Bereitschaftsdienst außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit. Diese Zeiten fallen vielmehr in die verlängerte regelmäßige Arbeitszeit nach § 14 Abs.2 c DRK-TV.
Nicht erheblich ist, ob diese Zeiten als Arbeitsvereitschaft zu bewerten sind.
Verfahrensgang
ArbG Trier (Urteil vom 17.11.1998; Aktenzeichen 2 Ca 1301/98) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 17.11.1998 – 2 Ca 1301/98 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die rechtliche Qualifizierung der vom Kläger geleisteten Arbeiten und ihrer vergütungsrechtlichen Folge. Der Kläger ist bei dem Beklagten, der Aufgaben des Rettungsdienstes gem. § 2 Abs. 1 des rheinland-pfälzischen Rettungsdienstgesetzes erfüllt, als Rettungsassistent im Schichtdienst beschäftigt. Vereinbarungsgemäß findet auf das Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes (DRK-TV) Anwendung. Die Arbeitszeit des Klägers ist gem. § 14 Abs. 2 c DRK-TV auf den höchst zulässigen Umfang von 54 Wochenstunden verlängert worden.
Außerhalb dieser regelmäßigen Arbeitszeit ordnete der Beklagte sogenannte Bereitschaftsdienste an. Zunächst lag der Bereitschaftsdienst immer am Wochenende und dauerte von 7.00 Uhr bis 7.00 Uhr des darauffolgenden Tages. Gemäß Betriebsvereinbarung 1/98 wurde festgelegt, dass die Mitarbeiter des Beklagten im mobilen Rettungsdienst insgesamt 498 Stunden außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit in Form des Bereitschaftsdienstes zu leisten haben. Dieser Bereitschaftsdienst ist ausschließlich in Nachtdienst zu leisten, wobei Sonn- und Feiertage ausgenommen sind. Alle Mitarbeiter werden im gleichen Umfang (durchschnittlich 498 Stunden jährlich) zu Bereitschaftsdiensten herangezogen.
Diese wurden zu 50 % als Arbeitszeit bewertet und entsprechend in einen Freizeitausgleich eingestellt. Innerhalb der tarifvertraglichen Frist ist ein weiterer Ausgleich von Freizeit nicht erfolgt. Der Kläger, der die Auffassung vertritt, dass die als Bereitschaftsdienst angeordneten Zeiten in Wirklichkeit Vollarbeitgewesen sind, verfolgt mit seiner Klage die in rechnerischer Höhe unstreitige Auszahlung von Arbeitsvergütung wegen nicht erfolgtem Freizeitausgleich aus dem Zeitraum Juli 1997 bis März 1998.
Die Anordnung des Bereitschaftsdienstes beinhaltete die Weisung, sich in der Rettungsdienststelle aufzuhalten. Dem Kläger war erlaubt während der Dienstzeiten zu schlafen, unstreitig zwischen den Parteien ist aber auch, dass diejenigen Mitarbeiter, deren Schicht nicht als Bereitschaftsdienst gewertet wurde ebenso berechtigt waren, während der Nachtschichten zu schlafen.
Die Mitarbeiter sind verpflichtet, auf telefonische Alarmierung hin Einsatzfahrten durchzuführen und anschließend die Einsatzbereitschaft des Rettungsmittels wieder herzustellen. Zu diesem Zwecke, die Alarmierung erfolgt von den Rettungsleitstellen fernmündlich, sind die Telefone in der Nähe der Betten angebracht. Die Rettungssanitäter werden nicht von sich aus tätig, da sie in der Regel nicht ohne telefonische Information über Notwendigkeiten eines Einsatzes informiert werden, sondern rücken regelmäßig nach Mitteilung durch die Rettungsleitstelle aus. In einem parallel liegenden Einigungsstellenverfahren des Kreisverbandes B hat die Arbeitgeberseite dargelegt, auch vertreten durch den jetzigen Prozessbevollmächtigten, ihrer Meinung nach brauchten Arbeitnehmer im Bereitschaftsdienst maximal in der Regel nichtlänger als 3 Minuten vom Eingang des Anrufes auf der Dienststelle bis zur Abfahrt des Rettungsdienstmittels. In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer erklärte der Geschäftsführer des Beklagten, er erwarte schon aus dem Berufsverständnis eines Rettungsassistenten, dass dieser auch im Bereitschaftsdienst sich so schnell als möglich zur Rettungsleistung herrichten würde und dass die 3 Minuten ein geschätzter Nährungswert seien.
Der Kläger hat vorgetragen, es handele sich nicht um Bereitschaftsdienstzeiten sondern um normale Arbeitszeit, die als solche auch zu vergüten bzw. durch Freizeit abzugelten sei. Die Bereitschaftsdienste unterschieden sich inhaltlich in keiner Weise von ihren sonstigen Einsätzen in den Nachtschichten. Es seien jeweils die gleichen Tätigkeiten zu verrichten. Er könne nicht jeder beliebigen Freizeitbeschäftigung nachgehen, es sei ihm nicht möglich Sport zu treiben oder sein Kraftfahrzeug zu reparieren. In diesem Falle müsste er sich nach einem eingehenden Hilferuf zunächst durch duschen und umkleiden in einen arbeitsfähigen Zustand versetzen. Ein zeitnahes Ausrücken wäre daher nicht mehr möglich und die Hilfeleistungsfrist des § 8 Abs. 2 des Rettungsdienstgesetzes könne ...