Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung im Kleinbetrieb aus strategischen Gründen zur Neuausrichtung der Neuausrichtung der Geschäftstätigkeit. Unbegründete Kündigungsschutzklage bei unerheblichen Darlegungen des Arbeitnehmers zu weiteren Home-office-Beschäftigten im Ausland
Leitsatz (redaktionell)
1. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG gilt das Kündigungsschutzgesetz für nach dem 31.12.2003 eingestellte Beschäftigte nicht in Betrieben, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt werden; bei der Berechnung des Schwellenwertes zur Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes können Personengruppen, deren Arbeitsverhältnisse einer anderen Rechtsordnung unterstehen, mit den Beschäftigten in Deutschland, deren Arbeitsverhältnisse nach Art. 27 ff. EGBGB deutschem Recht unterfallen, nicht zusammengerechnet werden.
2. Zum Zeitpunkt der Kündigung mit jeweils außerhalb der Bundesrepublik Deutschland liegenden Home-Offices beschäftigte Mitarbeiter sind bei der Ermittlung der Zahl der regelmäßig Beschäftigten im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG nicht zu berücksichtigen.
3. Eine Kündigung im Kleinbetrieb aus strategischen Gründen zur Neuausrichtung der Geschäftsaktivitäten ist nicht zu beanstanden, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür, dass in Wirklichkeit die berechtigte Rechtsausübung des Arbeitnehmers tragender Grund für die Kündigung war, nicht festgestellt werden können.
Normenkette
BGB §§ 134, 612a; KSchG § 23 Abs. 1; BGB §§ 133, 157; KSchG § 23 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Entscheidung vom 19.02.2015; Aktenzeichen 7 Ca 4587/13) |
Tenor
I.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 19. Februar 2015 - 7 Ca 4587/13 - wird zurückgewiesen.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits 1. und 2. Instanz trägt der Kläger zu 87,5 %, die Beklagte zu 12,5 %.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.
Der 1965 geborene, verheiratete Kläger, Vater von drei Kindern, wurde nach einer Tätigkeit als freier Handelsvertreter ab März 2005 beginnend ab 01. November 2005 kraft schriftlichen Arbeitsvertrages vom 24. November 2005 (Bl. 19 ff. d. A.) von der in Austin, Texas, ansässigen amerikanischen Muttergesellschaft der Beklagten, der A P Inc., zu einer Jahresvergütung von 42.000,00 Euro zuzüglich Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen beschäftigt. Am 15. Januar 2007 unterzeichnete der Kläger einen schriftlichen Arbeitsvertrag mit der Beklagten (Bl. 15 ff. d. A., im Folgenden: AV 2007) über eine Tätigkeit als Regional Sales Representative - Eastern Europe zu einer Jahresvergütung von 43.470,00 Euro zuzüglich Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen. Der Kläger befand sich ab 15. Dezember 2010 für einen Zeitraum von zwei Jahren in Elternzeit. Zuletzt bezog er eine monatliche Bruttovergütung von 5.366,67 Euro zuzüglich Bonus.
Die Beklagte ist in O ansässig und beschäftigte dort zum Zeitpunkt des Zugangs der im vorliegenden Verfahren streitigen Kündigung die Mitarbeiter M S, P R, H T, D L, S L und eine befristet tätige Reinigungskraft auf Basis geringfügiger Beschäftigung. Der Kläger wurde von seinem Heimarbeitsplatz in L aus tätig. Weiter sind für die Beklagte tätig von ihrem jeweiligen Home-Office in den Niederlanden aus R E (zuständig für die Regionen Benelux und Frankreich) und R K (zuständig für Holland und England) und von seinem Home Office in Österreich aus S L (zuständig für die Regionen England, Holland, Tschechien, Italien und Österreich). Zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs arbeitete zudem von seinem Home Office in den Niederlanden aus der zwischenzeitlich ausgeschiedene R d J für die Beklagte und war - bis auf ca. zwei Tage pro Monat in Deutschland - überwiegend in den N bzw. in einem anderen EU-Land tätig. Bereits vor der Kündigung des Klägers ersatzlos entlassen wurden die Mitarbeiter C W, T L, E A B und O L.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger am gleichen Tag zugegangenem Schreiben vom 20. November 2013 zum 28. Februar 2014, hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt.
Der Kläger hat am 11. Dezember 2013 beim Arbeitsgericht Koblenz Kündigungsschutzklage nebst allgemeinem Feststellungsantrag erhoben, seine Weiterbeschäftigung verlangt und die Erteilung eines Zwischenzeugnisses, hilfsweise eines endgültigen Zeugnisses begehrt.
Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, das Kündigungsschutzgesetz sei anwendbar, da die Beklagte mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftige. Die bereits gekündigten Mitarbeiter seien im Rahmen der regelmäßigen Beschäftigtenzahl zu berücksichtigen. Zwischen ihm einerseits und der Beklagten und ihrer Muttergesellschaft andererseits bestehe ein einheitliches Arbeitsverhältnis, das nur gemeinschaftlich habe gekündigt werden können (§ 747 Satz 2 BGB analog). Der Arbeitsvertrag vom 15. Januar 2007 enthalte keine Regelung, dass der ursprüngliche Arbeitsvertrag aufgehoben worden sei. Zudem enthalte er unter Ziff. 11 eine Regelung, dass...