Entscheidungsstichwort (Thema)
Verjährung von Annahmeverzugsansprüchen eines Chefarztes nach rechtskräftiger Stattgabe seiner Kündigungsschutzklage
Leitsatz (redaktionell)
1. Ansprüche des Arbeitnehmers aus Annahmeverzug entstehen während des Annahmeverzugs sukzessive entsprechend den dem Vergütungsanspruch zugrunde liegenden Regelungen; die Fälligkeit der Annahmeverzugsvergütung bestimmt sich nach dem Zeitpunkt, in dem die Vergütung bei tatsächlicher Beschäftigung in den einzelnen Abrechnungsperioden fällig geworden wäre.
2. Für den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist kommt es (neben dem Entstehen des Anspruchs) nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB darauf an, dass der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person der Schuldnerin Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste; die von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB geforderte Kenntnis des Gläubigers ist vorhanden, wenn er aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person eine Klage (auch auf Feststellung) erheben kann, die bei verständiger Würdigung so viel Erfolgsaussicht hat, dass sie dem Gläubiger zumutbar ist.
3. Der Arbeitnehmer hat vom Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs ausreichend Kenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, wenn er Kenntnis von den Tatsachen hat, die den Anspruch begründen; auf eine zutreffende rechtliche Würdigung kommt es nicht an, wenn und solange dem Arbeitnehmer nicht die Erhebung einer die Verjährung hemmenden Klage (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) unzumutbar ist.
4. Allein der Umstand, dass der Kündigungsschutzprozess noch nicht rechtskräftig abgeschlossen war, führt nicht zur Unzumutbarkeit der Klageerhebung um Verzugslohnansprüche.
5. Für die nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderliche Kenntnis der anspruchsbegründenden Voraussetzungen ist auch bei Schadensersatzansprüchen eine Kenntnis aller Einzelheiten nicht erforderlich; es genügt, dass der Gläubiger aufgrund der ihm bekannten Tatsachen eine hinreichende aussichtsreiche, wenn auch nicht risikolose Klage (zumindest eine Feststellungsklage) erheben kann.
6. Die Kündigungsschutzklage umfasst nach ihrem Streitgegenstand nicht die Zahlungsansprüche des Arbeitnehmers, so dass nicht über den "Anspruch" im Sinne des § 194 Abs. 1 BGB sondern nur über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses als eine für das Bestehen von Annahmeverzugsansprüchen bedeutsame Vorfrage gestritten wird; für die analoge Anwendung der §§ 203 ff. BGB ist mangels einer Regelungslücke kein Raum.
Normenkette
BGB §§ 195, 199 Abs. 1, § 204 Abs. 1 Nr. 1, § 280 Abs. 1, §§ 283, 615 S. 1, § 194 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Entscheidung vom 25.02.2014; Aktenzeichen 7 Ca 3855/13) |
Tenor
- Die Berufung des Klägers gegen das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 25.02.2014 - 7 Ca 3855/13 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im vorliegenden Berufungsverfahren über die vom Kläger geltend gemachten Zahlungsansprüche aus Annahmeverzug für den Zeitraum vom 27. September 2008 bis 10. September 2009.
Der Kläger war seit 01. Juli 2005 als Chefarzt der Abteilung für Allgemein- und Viszeralchirurgie des C. in A-Stadt aufgrund Arbeitsvertrages vom 18. April 2005 beschäftigt, der u.a. folgende Regelungen enthält:
"§ 8
Finanzielle Regelung im dienstlichen Aufgabenbereich
(1) Der Arzt erhält für seine Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich eine feste Jahresvergütung in Höhe von 110.000 Euro brutto, die in zwölf gleichen Teilen jeweils zum Ultimo für den laufenden Monat ausgezahlt wird. Nach Ablauf von 3 Jahren wird über eine Anpassung der festen Vergütung unter Berücksichtigung der allgemeinen Lohn- und Gehaltsentwicklung neu verhandelt. Als Orientierungsmaßstab dient dabei die Entwicklung der Vergütungen in den Arbeitsvertragsrichtlinien des Deutschen Caritasverbandes (AVR).
(2) Weiterhin erhält der Arzt das Liquidationsrecht für die gesondert berechenbaren wahlärztlichen Leistungen im stationären Bereich bei denjenigen Patienten, die diese Leistungen ausdrücklich gewählt und mit dem Krankenhausträger vereinbart haben. Das Liquidationsrecht steht dem Arzt auch für das Gutachtenhonorar bei stationären Fällen zu, sofern dies gesetzlich zulässig ist. Die Einnahmen aus der Ausübung des Liquidationsrechtes aus Abs. 2 sind kein zusatzversorgungspflichtiges Entgelt. Bei der Bemessung der Honorare hat der Arzt den gemeinnützigen Charakter des Krankenhauses zu berücksichtigen.
(...)
§ 10
Nutzungsentgelt
(1) Der Arzt ist verpflichtet, dem Krankenhausträger ein Nutzungsentgelt (Kostenerstattung und Vorteilsausgleich) nach Maßgabe der folgenden Absätze zu zahlen.
(2) Der Arzt ist verpflichtet, dem Krankenhausträger die Kosten zu erstatten, die diesem durch die Tätigkeit des Arztes im Sinne des § 8 Abs. 2 entstehen. Soweit und solange das Krankenhausfinanzierungsgesetz, das Krankenhausentgeltgesetz bzw. das Fallpauschalengesetz oder diese Bestimmungen ersetzende Vorschriften eine Kostenerstattung der Ärzte vorschreiben, gilt die in der jew...