Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankheitsbedingte Kündigung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Rechtsgrundsätze zum wichtigen Grund nach § 626 Abs. 1 BGB gelten uneingeschränkt für eine Kündigung nach § 53 Abs. 1 BMT-G II.
2. Im Rahmen eines Kündigungsrechtsstreits wegen einer krankheitsbedingten Kündigung gilt eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast, so dass es ausreicht, wenn der Arbeitgeber, dem Tatsachen, die eine genaue Gesundheitsprognose zulassen, unbekannt sind, zunächst nur Art und Dauer der bisherigen Erkrankung angibt. Aus diesen kann eine Indizwirkung für die Zukunft folgen.
Normenkette
KSchG § 1; BGB § 626; BMT-G II § 53 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 06.11.2003; Aktenzeichen 7 Ca 1397/03) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 06.11.2003, Az.: 7 Ca 1397/03 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist.
Von der wiederholenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Abstand genommen und auf S. 3 bis 5 des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 06.11.2003 (= Bl. 54 bis 56 d.A.) Bezug genommen.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 22.07.2003 nicht aufgelöst wird.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat mit Urteil vom 06.11.2003 festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 22.07.2003 nicht aufgelöst worden ist. Zur Begründung dieser Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, es fehle an dem für eine außerordentliche Kündigung notwendigen wichtigen Grund. In Ausnahmefällen könne zwar auch eine krankheitsbedingte Minderung der Leistungsfähigkeit eines Arbeitnehmers einen derartigen Grund verkörpern, allerdings sei dann erforderlich, dass die drei rechtlichen Voraussetzungen, welche auch für eine ordentliche krankheitsbedingte Kündigung im Rahmen von § 1 KSchG geprüft würden, erfüllt seien. Vorliegend fehle es bereits an der ersten Voraussetzung, nämlich einer negativen Gesundheitsprognose im maßgeblichen Kündigungszeitpunkt. Zwar werde bei Vorliegen von erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten in der Vergangenheit auf eine ähnlich Fehlzeitentwicklung in der Zukunft geschlossen, im vorliegenden Fall sei diese Schlussfolgerung jedoch nicht möglich. Denn die Beklagte habe ein Gutachten des Gesundheitsamtes bei der Kreisverwaltung vom 10.06.2003 zur Gesundheitsprognose für den Kläger eingereicht, aus dem sich ergebe, dass der Kläger kerngesund und in keiner Weise in seiner Arbeitsfähigkeit eingeschränkt sei. Aus dem Gutachten ergebe sich des Weiteren, dass die durch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen belegten Fehlzeiten des Klägers aus der Vergangenheit keine negative Prognose hinsichtlich künftiger krankheitsbedingter Fehlzeiten rechtfertigen würden.
Ein wichtiger Grund könne auch nicht im Zusammenhang mit einem Fehlverhalten des Klägers angenommen werden. Nach den Ausführungen des Gutachters sei zwar das Vortäuschen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit und damit ein betrügerisches Verhalten des Klägers nicht ausgeschlossen, jedoch habe die Beklagte keine konkreten Zeiträume vorgetragen, während deren der Kläger sich krank gemeldet habe, obwohl er tatsächlich gesund gewesen sei. Hinzu komme, dass der zuständige Personalrat zu einer verhaltensbedingten außerordentlichen Kündigung des Klägers nicht angehört worden sei.
Die Beklagte hat gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern, das ihr am 21.11.2003 zugestellt worden ist, am 19.12.2003 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 21.01.2004 ihr Rechtsmittel begründet.
Die Beklagte macht geltend,
Grundlage für eine negative Gesundheitsprognose seien die objektiven Umstände im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs; hierzu würden auch die vorliegenden Fehlzeiten gehören. Der Kläger sei bereits am 07.02.2000 von dem Amtsarzt X untersucht worden, wobei der Arzt zu dem Ergebnis gelangt sei, dass zwar verschiedene gesundheitliche Beeinträchtigungen und Leistungseinschränkungen bestehen würden, hierdurch aber keine schwerwiegenden und dauerhaften Leistungsbeeinträchtigungen verursacht würden; in überschaubarer Zukunft würden krankheitsbedingte Fehlzeiten nicht mehr in dem Umfang auftreten wie in der Vergangenheit. Der Krankheitsverlauf beim Kläger während der folgenden Jahre zeige, dass diese Prognose falsch gewesen sei. Aufgrund der weiteren Untersuchung des Klägers durch Herrn X, sei der Amtsarzt am 10.06.2003 zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger auch in künftigen Jahren häufiger und länger andauernder krankheitsbedingt fehlen werde. Das Arbeitsgericht habe sich mit diesen Feststellungen des Gesundheitsamtes nicht hinreichend ausei...